Review

Nun denn, es gab viele unterschiedliche Meinungen über "Syriana". Aber das passiert wohl jedem Film, der sich in ambitionierter Weise auf dokumentarische Fakten berufen will. Für mich ist "Syriana" keineswegs ein schlechter Film, allerdings hat er das Problem, dass er zu viel in zu kurzer Zeit unterbringen will, was die Folge hat, dass viele wichtige Fakten zwar genannt werden, aber nicht näher darauf eingegangen werden kann und so als gegeben vorausgesetzt werden. Woher die Informationen kommen und welche Hintergründe dazu geführt haben, muss man sich entweder selbst zusammenreimen oder man schaut geflissen darüber hinweg.

Gefährlich sind auch die Handlungssprünge, die einen von mal zu mal nur noch mehr verwirren. Man kann die Personen nicht mehr auseinander halten, was damit gepaart wird, dass es sehr viele Personen in dem Film gibt, die eher unbedeutend für das Kernthema sind, aber von Stephen Gaghan so aufgebauscht werden, dass man anfänglich meinen könnte, sie hätten Not für das zentrale Thema, man müsse sie beachten. Schnell merkt man dann, dass dies nicht der Fall ist und man sie bedenkenlos übergehen hätte können.

Unpassend find ich, dass in einen Film, wo es in erster Linie um Wirtschaftsangelegenheiten geht, auch noch die Indoktrination von fundamentalistischen Moslems eingebaut hat werden müssen. Aber scheinbar ist es mittlerweile unablässlich darauf zu verweisen, dass es viele fehlgelenkte Gesinnungen in der Welt gibt, die überradikal sind und so für das allgemeine Weltverständnis und Weltzusammenwachsens schädlich sind.

Oft sind viele Plots unnötig. Die Szene, wo Gaghan George Clooney ein menschliches Gesicht geben wollte, indem er ihn in ein Café mit seinem Jungen setzt, ist sowas von nichts-aussagend und überflüssig wie ein Kropf am Hals. Warum Clooney am Schluß wie ein Irrer durch die Wüste fährt, um dann Minuten lang vor dem Prinzen zu stehen, wird mir auch nicht ganz ersichtlich. Aber scheinbar wollte Gaghan kein Happy-End heraufbeschwören, sondern eine tragische Situation heraufbeschwören, um zu verstärken, wie sadistisch gemein die großen Wirtschaftsmächte sein können...

Man muss wohl "Syriana" öfters hintereinander anschauen, dabei "googeln" was das Zeug hält, oder ein Seminar in nahöstlicher Geschichte zwischen 1965 und 2000 belegen, damit man wirklich einen Eindruck darüber bekommt, was tatsächlich alles in dieser Region passierte und durch welche Zusammenläufe es dazu gekommen ist. Danach wird man den Film gewiss objektiver betrachten können und auch vermehrt zu der Meinung kommen, dass Gaghan mit seinen Handlungssträngen (immer unter der Voraussetzung, dass es ein Hollywood-Film ist) gar nicht mal so Unrecht hatte.

Aus diesem Grund möchte ich "Syriana" nicht gänzlich die Qualität eines gelungenen Films absprechen, denn die Aufgabe, die sich Gaghan gestellt hat, ist wirklich nicht einfach zu bewältigen. Vielleicht wäre er besser beraten gewesen, eine Trilogie oder ähnliches daraus zu machen, dann hätte er mehr auf die einzelnen Charaktere eingehen können und ihnen auch eine tiefere Beziehung zu den akuten Themen geben können, in die sie immer wieder verstrickt werden. Es hätte das Zuschauen sicherlich auch erleichtert, da man oft ,auf Grund der zu oberflächlichen Betrachtung der Personen, diese überhaupt nicht mehr auseinander halten kann und so jeglichen Bezug zu ihnen verliert...

Was ich allerdings wirklich gut finde ist, dass die arabischen Personen fast ausschließlich in ihrer Muttersprache reden, da es ihnen eine gewisse Aussagekraft verleiht (nebenbei weißt es auch auf die Einfachheit der Leute aus, die sich oft für solche Selbstmörderaktivitäten beeinflussen lassen).

Aufgepeppt wird der Film auch noch durch Matt Damon. Seine Beziehung zu seiner Frau und zu seinen Kindern wird schön dargestellt, steht aber gleichzeitig auch auf Messers Schneide durch das individuelle tragische Schicksaal mit seinem Sohn und durch die geschäftlichen Beziehungen, die er zum Prinzen aufbaut. Hier kann man wirklich von einer gelungenen Entwicklung der Handlung sprechen, die man absolut plausibel und nachvollziehbar verfolgen kann. Damon ist eigentlich die einzige Person bei der es Gaghan gelingt eine nötige Tiefe einzubauen. Dies hätte man sich bei vielen anderen tragenden Persönlichkeiten auch gewünscht...

6/10 Punkte

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