"Jabberwocky" - wohl mit einer der besten filmischen Beiträge zum Thema Mittelalter. Denn die Mischung aus dem dreckig - harten "Fleisch und Blut" und dem
witzig - grotesken "Die Ritter der Kokosnuss" kann in so gut wie allen Belangen überzeugen.
Das Mittelalter wird so dargestellt, wie es war: dreckig, laut und trostlos - für die meisten Menschen jedenfalls. Unter verschiedenen Zünften geht der ehrbare Bürger seinem Handwerk nach; eine Berufsausbildung gab es damals noch nicht - wie der Vater, so der Sohne. Doch Dennis Cooper, Sohn eines angesehenen
Böttchers (Faßmachers) strebt nach höherem. Der etwas naive junge Mann will Buchhalter werden, weg "von der Strasse" - der Liebe wegen. Denn Meister Fischfinger - seines Standes Fischer - nimmt nicht jeden Trampel in die Familie auf. Tochter Grieselda soll besseres bekommen! Als Dennis von seinem auf dem Sterbebett liegenden Vater des Standes entstösst, sieht Dennis nur eine Chance: sein Glück in der Stadt versuchen. Ihm treuer Wegbegleiter ist eine von Grieselda weggeworfene Kartoffel - für einen Menschen zur damaligen Zeit eine Woche was zu knabbern, für Dennis ein Liebesbeweis, für den Jabberwocky eine vegetarische Alternative. Dieses Monster terrorisiert schon lange das Königreich Brunos des Fragwürdigens, doch Leute wie Dennis Cooper - für die 3 km schon eine Weltreise sind - haben andere Sorgen: was esse ich, wo schlafe ich und warum ist es beim aufwachen so warm in meinem Gesicht...
Gilliams Darstellung des Mittelalters ist genauso überzogen und grotesk wie seine Zukunftsvision "Brazil", jedoch fällt alles eine Klasse kleiner und "weltlicher" aus. Dies tut dem Sehvergnügen keinen Abbruch, von erster Minute an fühlt man sich zwischen dreckigem Witz und dreckiger Atmosphäre...sau-geil!
Die darstellerischen Leistungen sind als gelungen zu bezeichnen. Besonders Michael Palin als Dennis der Böttcher gefällt. Die Naivität des Charakters sind Palin mitten ins Gesicht geschnitten und wird nur noch von seiner darstellerischen Leistung in "Ein Fisch namens Wanda" getoppt. Seine Liebe zur fetten Grieselda ist Running Gag des Filmes und man fragt sich allen ernstes: warum gerade diese Frau? Denn die Prinzessin ist überaus lecker anzusehen (Nacktszene); weniger attraktiv, aber darstellerisch besser ist ihr Vater: König Bruno der Fragwürdige, der diesen Titel zu Recht trägt. Aber auch die vielen anderen Personen sind äußerst spielfreudig.
Da es im Mittelalter nicht gerade zimperlich (Ritterturniere, menschenfressende Drachen) zuging, wurde auch dieser Aspekt mittels F/X gut integriert. Zwar gibt es hier kein blutiges Abschlagen von X Gliedmaßen wie z.B. in "Ritter der Kokusnuss", aber die Opfer des Jabberwocky sind ebenso schön anzusehen wie die nach und nach mit immer mehr Blut besudelte Königs-Tribüne beim Turnier. Dabei fallen die F/X eher "trashig" aus, passen aber gut in die siffige Atmosphäre.
Und ja: überall Staub, Scheiße, Pisse, Dreck - das rohe Mittelalter (l) eben. Die Kulissen sind trotzdem toll und sehen sehr gut aus - so und nicht anders würde ich mir auch das Mittelalter vorstellen. Neben kleineren Matte-Paintings gibt es viele liebevoll verunstalte Räume und auch die Kostüme der Darsteller sehen gut aus.
Der Humor ist eine Mischung aus den Motiven der Phytons und böser Persiflage. Zwar ist der Film durch und durch mit englischem, schwarzem Humor durchtränkt, es gibt aber weniger Wortwitz und Absurdität als wie bei den "original" Monty Phyton Filmen. Meistens wird eben das Mittelalter und wie die Menschen dort angeblich lebten aufs krasseste überzeichnet.
Allein die Darstellung des Jabberwocky (ohnehin nur in den letzten paar Minuten zu sehen) und der anfangs etwas zähe Erzählfluss mindern das Sehvergnügen etwas. Denn bis Dennis in der Stadt ist, verstreicht gut eine halbe Stunde. Dann geht es aber los und der Film kann seine Stärken voll ausspielen. ..
Fazit: Wer sich nur annähernd für das Mittelalter interessiert und (englischen) Humor mag - hier ist Euer Film!