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“Silent Night, Deadly Night” oder “Stille Nacht, Horror Nacht”, wie die deutschen Titelgeber dieses Werk genannt und dabei doch glatt vergessen haben, den zwingend notwendigen Bindestrich einzukaufen, ist dem Vernehmen nach damals Mitte der 80er in den USA sehr kontrovers aufgenommen worden, weil sich der Weihnachtsmann durch die Gegend killt, was natürlich nicht sein darf, weil es am Fest der Liebe gefälligst besinnlich zuzugehen hat. Den Kritikern, die am lautesten schrieen, ist dabei offensichtlich entgangen, daß es nicht Santa Claus höchstpersönlich ist, der hier die Morde begeht, sondern ein Typ im Weihnachtsmannkostüm (bzw. streng genommen sogar zwei), was doch schon mal was anderes ist. Ansonsten könnte man auch Jason Vorhees verteufeln, weil der einen so beliebten Volkssport wie Eishockey in Verruf bringt.

Wie so oft, wenn man sich dort drüben beschwert, juckt das hierzulande niemanden, es sei denn, man ist humorloser Zensor und indiziert grundsätzlich erst mal alles, was nach Horrorfilm aussieht, wie sich die Situation zur Entstehungszeit des Films darstellte und natürlich auch bei diesem Exemplar geschah. Aus heutiger Sicht lockt die Thematik jedenfalls keinen Genrekenner mehr hinter dem Ofen hervor, und was die Gewalt angeht, so hat man auch schon 1985 Abscheulicheres gesehen. Bei „Silent Night, Deadly Night“ handelt es sich lediglich um einen von vielen Slashern, der Wiedererkennungswert aus dem etwas anderen Kostüm des Killers zu ziehen versucht, sich allerdings letztendlich von den anderen Vertretern um keinen Deut unterscheidet.

Immerhin: In der ersten Hälfte bemüht man sich darum, den kommenden Amokläufer etwas näher unter die Lupe zu nehmen und ihn somit als Sympathiefigur zu etablieren, bis er sich irgendwann einfach nicht mehr zu helfen weiß und an Ort und Stelle durchdreht. Das ist bei der Kindheit auch gar kein Wunder. In drei Etappen durchleben wir sie: Der erste einprägsame Einschnitt im Leben des kleinen Billy stellt der Weihnachtsabend dar, an dem er hilflos mitansehen muß, wie seine Eltern von einem gewalttätigen Dieb mit weißem Bart und rotem Mantel umgebracht werden. Danach geht es ab ins Kinderheim, das von einer Nonne geleitet wird, für die Gehorsam an oberster Stelle steht, und jede Verfehlung wird mit Prügel bestraft. Ein paar Jahre später bekommt er Arbeit in einem Spirituosengeschäft zugewiesen.

In der Tat ist die erste Hälfte die wesentlich bessere. Zwar leidet die Eröffnung, in der der im Altersheim besuchte und geistig derangierte Opa erste Warnungen ausstößt, daran, daß der Darsteller gewaltig auf die Overacting-Tube drückt, wodurch alles unfreiwillig lächerlich wirkt, doch spätestens mit dem verstörenden Doppelmord an den Eltern auf einer einsamen Landstraße ist das Ziel, uns gefangen zu nehmen, erreicht. Das setzt sich auch noch in dem Kinderheim fort, auch wenn die Obernonne in ihrem fanatischen Ordnungswahn fast zur Karikatur wird. Billy ist Opfer einer völlig ignoranten Welt, niemand interessiert sich nach dem Tod von Mama und Papa für das ihm widerfahrene Seelenleid: die Obernonne eine Tyrannin ohne Einfühlungsvermögen, der Chef im Spirituosenladen ein ulkiger, aber unsensibler Vogel, Billys Schwarm Pamela vordergründig nett, aber für seine Probleme blind, Pamelas Freund ein zudringlicher Vollidiot. Daß das Faß irgendwann überläuft, wäre rechtzeitig zu verhindern gewesen, ist aber nicht mehr abzuwenden, als sein Chef auf die Idee kommt, den zarten Billy zu den Festtagen den Weihnachtsmann mimen zu lassen. Und ab geht die Lutzi.

Sicherlich verläuft die Gesellschaftskritik bis zum Amoklauf eher oberflächlich und plump, es ist aber anzuerkennen, daß Paul Caimi, der die Geschichte lieferte, und Michael Hickey sich überhaupt um etwas Hintergrund für einen designierten Amokläufer bemühen. Was allerdings danach folgt, macht alle bis dahin zutage getretenen guten Absichten zunichte, denn ab der Halbzeitmarke stürzt der Film in die Gefilde der typischen Slasher-Schlachtplatte ab, der Härtegrad multipliziert sich logischerweise. Ja, natürlich sind die Todesarten vielseitig und beinhalten Lichterketten, Hammer, Pfeil und Bogen, Axt und sogar Hirschgeweih. Ja, natürlich kann man sich dadurch unterhalten lassen. Man kann diesen plötzlichen Umschwung aber auch als negativ betrachten. Nach den Morden an Pamela, ihrem Freund und seinem Chef, die wenigstens auf sehr grobe Weise eine Charakterisierung erlebt haben, werden beliebig Stadtbewohner umgebracht, ohne Sinn, ohne Verstand. Keine der Nasen hat man vorher in der Handlung jemals gesehen, sie sind nur dazu da, dran zu glauben, und die einzige Frage ist, wie sie um die Ecke gebracht werden. Symptomatisch der Auftritt von Erotik-Starlet Linnea Quigley, das in ihren fünf Minuten 100% textilfrei herumlaufen darf, um dann gewaltsam-geschmacklos aufgespießt zu werden. Selten ist eine Mordszene selbstzweckhafter gewesen. Eigentliches Ziel unseres Michael-Myers-Verschnittes ist ja aber sowieso die Obernonne, Mother Superior, und bis es zur finalen Konfrontation kommt, muß die Laufzeit mit irgendwas gefüllt werden. Was Kreatives ist aus den Köpfen der Autoren nicht mehr herausgekommen, halt nur das Übliche, auf daß die Splatter-Freunde jauchzend aufschreien.

Robert Brian Wilson als erwachsener Billy trägt dann auch nicht dazu bei, daß man dieses Mördergesicht länger in Erinnerung behält. Er bleibt ziemlich blaß und hat schauspielerisches Talent bestimmt nicht in die Wiege gelegt bekommen, weshalb er manchmal auch kurz davor ist, den schmalen Grat der Lächerlichkeit zu überschreiten, wenn er zur Tat schreitet, weil alles irgendwie angestrengt wirkt. So ist er nur „der anonyme Typ im Weihnachtskostüm“. Dies ist jedoch ein zu vernachlässigender Kritikpunkt. Viel ärgerlicher ist die vertane Chance, hier zur Abwechslung mal einen Killer zu entwickeln, bei dem man etwas mehr in die Tiefe geht, und das innerhalb eines Teils und nicht einer ganzen Reihe (Freddy Krueger und Michael Myers wurden auch erst im Laufe der „Nightmare“- bzw. „Friday“-Serie schrittweise etwas dechiffriert und den Zuschauern ein paar Brocken zu ihrer Vergangenheit hingeworfen). Stattdessen wird das Konzept zugunsten der üblichen Genre-Mechanismen in der Mitte völlig aufgegeben. Wie bedauerlich.

Der drei Jahre später gedrehte zweite Teil sollte eine ähnlich auffällige Handlungszweiteilung besitzen, allerdings nach einem anderen Motto. 4/10.

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