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Nach „Vincent" und „Nightmare before Christmas" (der ohne Burton auf dem Regiestuhl auskommen musste) kam mit „Corpse Bride" der dritte Puppenfilm im eigensinnigen Stil von Hollywoods bekanntesten Aufarbeiter des deutschen expressionistischen Stummfilms auf die Zuschauer zu. Dieses Mal jedoch fehlen die eindeutigen Bezüge auf den Expressionismus, den Burton sich mittlerweile einverleibt hat und hier auf seine ganz persönliche Weise und nicht mehr als bloßes Zitat einfließen lässt.

Hier huldigt er eher den Horrorstars späterer Tage und schreibt den Sprechern Michael Gough und Christopher Lee Paraderollen auf den Leib. Und Peter Lorre wird als Raupe auch eingearbeitet... (Ein Versprecher des übel gelaunten Schwiegervaters von Victor (Johnny Depp) mag auch auf Vincent Price hindeuten...) Und natürlich schwebte Burton - wie jedesmal wenn er einen Puppenfilm dreht - Ray Harryhausen als Vorbild vor Augen, aber von dieser Beeinflussung findet man natürlich nicht allzuviel wieder - schließlich bietet der eindeutig der schwarzen Romantik verschriebene Stoff keinen Platz für Harryhausensche Monsterkreationen.

Inhaltlich gibt sich der Film als hoffmanneske, schwarzromatische Variation von Merimees („Carmen") „La Vénus d'Ille" - zumindest die Ausgangssituation wird entlehnt und dann um das kindergerecht inszenierte Liebesdrama angereichert: Hier wird nicht der übermütige Jüngling erdrückt im Bett aufgefunden nachdem er scherzhaft einer Statue den Verlobungsring ansteckte, sondern hier wird der jugendliche Tölpel Victor van Dort von einer knöchernen Leichenbraut entführt, nachdem er ihr bei der Probe seiner bevorstehenden Trauung - im Glauben ihr Finger sei ein verdorrter Ast - den Ring ansteckte. Fortan schwankt er zwischen seiner toten Bekanntschaft und der lebenden Versprochenen sowie zwischen der Welt der Lebenden und der Welt der Verstorbenen hin und her, ehe sich diese Geschichte über den - leider recht vorhersehbaren - Plot eines mörderischen Heiratsschwindlers ihrem - natürlich glücklichen - Ende nähert.

Die nette Geschichte wird liebevoll in Szene gesetzt, leider sind einige Bilder - speziell bei Großaufnahmen - weniger schörkelig-extravagant geworden, als man es von Burton erwarten könnte und enttäuschen durch allzu glatte Hintergrund-Kulissen; herausragend sind allerdings die Einstellungen im düsteren Wald, durch den der gehetzte Victor auf der Flucht vor der lebenden Toten stolpert. Gelungen ist auch - wenn auch nicht über Gebühr originell - die formale Unterscheidung zwischen dem düster-morbiden Reich der Lebenden und dem grellbunt-lebendigen Reich der Toten. Letztlich kommt dieser etwas unbeholfen-naive Seitenhieb auf verknöchert-eingefahrene Konventionen einer spießbürgerlichen Gesellschaft nicht über die moralischen Zwischentöne früher Amicus-Episodenhorrorfilme hinaus - damit aber steht er natürlich auch wieder ganz in der Tradition der Burton verhaftet ist... und für einen nicht zuletzt auch für jüngere Zuschauer gedrehten Film wären ernsthaft gesellschaftskritische Untertöne auch alles andere als angebracht.
Danny Elfman hat sich diesmal als Komponist ganz besonders Mühe gegeben und einen seiner schönsten Soundtracks geschaffen.
Insgesamt kann das Werk als bester „Kinderfilm" seit langem - der natürlich auch für den erwachsenen Zuschauer geeignet ist - vollkommen überzeugen und hat sich seine 9/10 verdient.

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