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Das Halloween und Weihnachten eigentlich zwei grundverschiedene Feste sind, dürfte so ziemlich jedem klar sein. Während man bei Halloween von Haus zu Haus rennt, Sätze wie "Süßes oder es gibt Saures" ruft und sich an Schrecken und Grauen nur so erfreut, macht man es sich zu Weihnachten lieber vor dem warmen Kamin gemütlich und denkt an all die Menschen, die man am liebsten hat. Das die beiden Feste aber gar nicht mal so weit auseinander liegen und eigentlich perfekt kombiniert werden können, dass hat uns Tim Burton, bereits 1992, mit "Nightmare before Christmas" bewiesen, einem Knetgummispaß der Extraklasse. Nun, 12 Jahre später, soll es endlich wieder so ein schräges Fest im Kino geben. Dieses mal werden wir aber nicht nach Halloween-Town eingeladen, sondern zu einer Hochzeit der ganz morbiden Art. Nämlich zu einer Hochzeit mit einer Leiche. Herausgekommen ist dabei ein skurriler Animationsspaß, der "Nightmare..." in keinster Weise nachsteht.

"Corpse Bride" ist eigentlich einer der ganz wenigen Filme des Jahres 2005, die, bis auf eine Kleinigkeit, eigentlich von vorne bis hinten gelungen sind. Alles an "Corpse Bride" macht unglaublichen Spaß! Das fängt schon bei der Story an, die schräger, ideenreicher und ausgefallener kaum sein kann. Es geht um den Jüngling Viktor, der eigentlich in Kürze mit der lieblichen Viktoria verheiratet werden soll. Da er allerdings jedes Mal die Proben zur Hochzeit versaut, übt er heimlich, an einem abgelegenen Waldrand, seine Hochzeitsrede inkl. der Ringübergabe. Leider rutscht dieser Ring aber dabei aus versehen auf den Finger einer Leiche, die daraufhin in Viktor ihren Ehemann sieht und ihn mit in das Reich der Toten nimmt. Nun heißt es für Viktor sich schnellstmöglich aus dieser misslichen Lage zu befreien... Eine Heirat mit einer Leiche, dass nenne ich mal eine absolut schräge Idee, die eigentlich nur aus der Ideenschmiede eines Tim Burton kommen kann. Egal welches Detail man hier auch nimmt, an dieser Geschichte ist absolut nichts normal, hier regiert schrägste Fantasie durch und durch, die von Anfang bis Ende überzeugt.

Da sind z. Bsp. die Figuren, die man nicht besser hätte gestalten können. Wie schon bei "Nightmare..." so regieren auch hier die abstraktesten Kreationen und Figuren. Es gibt lange, spindeldürre Figuren, z. Bsp. Viktor oder den Pfarrer, genauso wie kleine Dicke, wie Vikorias Vater, und alle möglichen Kreationen, die so dazwischen liegen. Dann natürlich alle möglichen Arten von Leichen. Von Skeletten, über Kopf bzw. Körperlose, bis hin zu Leichen mit gespaltenen Persönlichkeiten, eher gesagt gespaltenen Körpern. Das Sammelsurium an Figuren ist wirklich absolut irre und so mit Ideen gespickt, dass man es kaum glauben kann, dass es wirklich Menschen gibt, die sich so etwas genauso Abgefahrenes wie Abstraktes und dennoch in jeder Hinsicht Interessantes ausdenken können.

Aber nicht nur die Figuren kennen keine Grenzen, auch was Handlung und Jokes angeht, wird beste Unterhaltung geboten. Wie der Titel und Tim Burton schon versprechen, geht es in "Corpse Bride" natürlich wieder mächtig morbide zu. Hier rollen Köpfe, hier verlieren Figuren alle Nase lang ihre Körperteile, hier haben Köche das Küchenmesser gleich mal in ihren Kopf verwahrt, Maden bequatschen ihre vermoderten Leichen aus deren Augenhöhle heraus an und so weiter und so fort. Wer keinen Sinn für absolut tiefschwarzen Humor, der sitzt hier definitiv im falschen Film. Tim Burton begeht hier eine Leichenschändung der besonderen Art, die man in keinster Weise als abstoßend bezeichnen kann, sondern nur als absolut fantastisch.

Eingetaucht wird diese fantastisch schräge Handlung dann in eine Umgebung, die nicht besser hätte aussehen können. Während die Szenen auf der Erde allesamt in absolut tristen Farben, ja fast schon schwarz/weiss, gehalten sind, erstrahlen die Szenen im Reich der Toten in absoluter Farbpracht. Die Kulissen sind fantastisch und passen (eigentlich nicht) wie die Faust aufs Auge. Und auch hier kennt der Detailreichtum absolut keine Grenzen. So ist das Haus von Viktoria im wunderbar altenglischen Stil gehalten, mit einer riesigen, verstaubten Eingangshalle. Im Reich der Toten gibt es hingegen hauptsächlich eine stimmungsvolle Bar, in der natürlich Gift den Supertrunk abgibt. Kurzum, Tim Burton verleiht seinen zwei Hauptkulissen immer jeweils die gegenteilige Ausstattung (Erde - trist, Totenreich - stimmungsvoll) und beschert dem Zuschauer allein schon durch diese Tatsache, ein absolut unterhaltsames Film-Feeling.

Zur aufwändigen Technik sei dann gesagt, dass auch diese absolut wunderbar funktioniert. Die Figuren bewegen sich, ähnlich wie schon bei "Nightmare...", nicht nur absolut flüssig, sondern in aller Regel auch glaubwürdig. Wenn man bedenkt, dass es sich hierbei um Knetgummi-Figuren handelt, die bei jedem einzelnen Bild (24/Sekunde) bewegt und abfotografiert werden müssen, dann kann man sich über diese flüssigen Abläufe wirklich nur zu jeder Sekunde wundern. Kein Zeichentrickfilm der Welt hätte diese Bewegungsabläufe besser und flüssiger hinbekommen, als Tim Burton mit seinen Figuren hier. Absolut grandios!

Und auch die restliche Inszenierung überzeugt zu jeder Sekunde. Die Sounduntermahlung z. Bsp. ist in jeder Hinsicht perfekt ausgefallen und untermahlt das Treiben aufs vorzüglichste. Dazu ein grandioser Score, inkl. einiger unglaublich stimmungsvoller Musical-Sequenzen, der von Tim Burtons Hofkomponist Danny Elfmann wieder einmal so perfekt komponiert wurde, dass man sich die Soundtrack-CD schnellstmöglich in den CD-Player legen möchte, nur um sie sich wieder und immer wieder anzuhören. Für mich persönlich hat es Elfmann nun entgültig geschafft, sich, auf der Rangliste der besten Film-Komponisten aller Zeiten, ein Treppchen ganz weit vorne zu sichern.

Als krönenden Abschluss kommt dann noch die Synchronisation daher, die ebenfalls absolut traumhaft ist. Zum Original kann ich derzeit, mangels Kenntnis, leider nicht viel sagen, außer das Burtons Lieblingsschauspieler Johnny Depp den schüchternen Viktor spricht und Helena Bonham Carter die resolute Corpse Bride. Und das auch noch einige weitere große Namen wie z. Bsp. Christopher Lee oder auch Emily Watson unter den Synchron-Sprechern sind. Aber was die deutsche Synchro angeht, kann man nur Lob zollen. Depps Synchronsprecher David Nathan beweist mit seiner Sprechrolle des Viktor einmal mehr, dass er ein absolutes As unter den Synchron-Sprechern ist, die sowohl realen als auch animierten Figuren wunderbar ihre Stimme leihen können. Dazu dann noch die einige andere bekannte Stimmen, wie z. Bsp. auch Wolfgang Völz als Leichen-Greis. Super!

Einziger kleiner Störfaktor ist allerdings die sehr kurze Laufzeit von gerade einmal 76 Minuten, die zudem mit einem etwas abgehackt wirkenden Schluss aufwartet. Zwar geht hier natürlich alles gut aus, so wie es sich für einen Familien-Grusel-Comedy auch gehört, trotzdem hätte man dem Ende ruhig noch ein paar Minuten mehr gönnen- und den Ausgang etwas weicher gestalten können. Aber nun gut. Wirklich stören kann einem das unterm Strich nun auch nicht mehr!

Fazit: Auch Tim Burtons zweiter Animationsstreich gelingt aufs Vorzüglichste. Eine unglaublich fantasiereiche Story, ausgestattet mit herrlich skurrilen Figuren, grandios morbiden Gags, einer wunderbaren Handlung, sowie stimmungsvollen Musical-Songs, ergeben ein absolutes Freudenfest für alle Tim Burton-Freaks und die die es werden wollen. Umgesetzt mit perfektester Technik und einer Sounduntermahlung die wirklich alle Wünsche zufrieden stellt, darf man sich dieses Animationsmeisterwerk in keinster Weise entgehen lassen. Wären da nicht die etwas zu kurze Laufzeit und das leicht abgehackte Ende gewesen, dann hätten wir es wohl mit einem weiteren Meilenstein aus der Ideenschmiede des Tim Burton zu tun gehabt. So reicht es aber immerhin zur Auszeichnung "Einer der besten drei Filme 2005, wenn nicht sogar der beste Streifen des Jahres überhaupt!"

Wertung: 9,5/10 Punkte

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