ACHTUNG! LEICHTE STORY-SPOILER!!
Was für eine Überraschung!
Das eher unbekannte Psychodrama "Images" von Robert Altman aus dem Jahr 1972 entpuppt sich als fantastisches, ungemein intensives Meisterwerk.
Bereits während der - mit befremdlichen, unheilvollen Klängen unterlegten - Anfangscredits wird der Zuschauer sofort in den Bann der faszinierenden Geschichte um die Schriftstellerin Cathryn (Susannah York) gezogen. Sie ist allein zu Hause, und während sie auf ihren Mann Hugh (Rene Auberjonois, der "Odo" aus "Deep Space Nine") wartet, der gerade auf einer Tagung ist, telephoniert sie mit einer Freundin. Doch plötzlich spricht eine unbekannte Frau mit ihr und sagt ihr, dass Hugh sie betrügt.
Sofort beginnt man sich zu fragen, um was es in "Images" wohl geht. Ist Cathryn dem Wahnsinn verfallen? Will ihr bloss jemand einen Streich spielen? Entwickelt sich womöglich ein Ehedrama? Oder ist vielleicht gar die Freundin am Telephon schizophren?
Als Cathryn nach diesem mysteriösen Abend mit Hugh in ein Landhaus fährt, gehen die rätselhaften Geschehnisse weiter. Ihr Ex - Liebhaber, der seit 3 Jahren tot ist, steht auf einmal vor ihr und sagt ihr, er sei ein Geist...
Zunächst scheint es so, als würde Cathryn eigentlich mit Hugh sprechen, und sich ihren toten Lover bloss einbilden, doch als dann auch noch ein dritter Mann auftaucht, anscheinend ebenfalls ein Liebhaber von Cathryn, werden die Geschehnisse immer eigenartiger; Cathryn wird unaufhaltsam in einen Strudel des Wahns gezogen - und der Zuschauer gleich mit...
Eine einsame Frau, die scheinbar immer mehr dem Wahnsinn verfällt; dieses Grundmotiv, das schon Ingmar Bergman und Roman Polanski zu den Meisterwerken "Persona" bzw. "Ekel" inspiriert hat, verfolgt hier auch Autor und Regisseur Robert Altman ("Short Cuts", "The Player") und schafft mit "Images" ein großartiges Psychodrama, das in vielerlei Hinsicht auch dem 6 Jahre älteren "Persona" von Bergman ähnelt, aber dabei wesentlich spannender, leichter zu konsumieren und somit auch eher für den durchschnittlichen Filmfan uneingeschränkt zu empfehlen ist. Trotzdem ist "Spiegelbilder", so der leicht abgewandelte deutsche Titel, so intelligent konstruiert, vielschichtig und undurchsichtig, dass ich nicht darum herumkomme, es ein Meisterwerk zu nennen.
Das liegt ferner auch daran, dass Altman von der ersten Szene an eine genial intensive Atmosphäre kreiert. Man spürt sofort, dass hier irgendetwas nicht stimmt, und da es quasi keine einzige Szene im Film gibt, in der Cathryn nicht im Mittelpunkt steht, fiebert und leidet man förmlich mit der Hauptdarstellerin mit; meiner Meinung nach eines der wichtigsten Kriterien für einen besonders spannenden Film.
"Images" ist also von Beginn weg fesselnd, keine Sekunde langweilig (was mich ehrlich gesagt bei der Kombination Altman und 1972 durchaus überrascht hat), Susannah York spielt überragend (sie hat dafür auch den Darstellerpreis in Cannes erhalten), der Score ist sehr bedrohlich geraten und Altman komplettiert das Filmereignis mit faszinierenden Bildern, unkonventionellen Kameraeinstellungen und aufregenden Regie - Ideen.
Ein absolutes Highlight des Films ist die Szene, in der Cathryn mit ihrem Mann Hugh, aber gleichzeitig anscheinend auch mit den beiden anderen schläft. Dies hat Altman in einer Collage von verfremdeten, traumähnlichen Bildern eingefangen - superb.
Die Story entwickelt sich zu einem komplexen Verwirrspiel um Identitäten - immer mehr vermischen sich (in Cathryns Gedanken?) die verschiedenen Personen, ständig liefert Altman dem Zuschauer einen weiteren Puzzlestein und man kann den nächsten schon kaum erwarten. Tolle Kleinigkeiten - so wurden etwa die realen Vornamen der Darsteller im Film verwendet, allerdings durcheinandergewürfelt - geben dem Meisterwerk einen letzten Schliff.
"Images" ist eines der fesselndsten Psychodramen überhaupt, und auch wenn Altman einige Ideen von Kollege Bergman aus "Persona" übernommen hat, hat er einen Film gedreht, der einfach deutlich weniger sperrig ist als jener.
Zudem ist "Spiegelbilder" durchwegs so faszinierend, spannend und clever konstruiert, dass ich hier gerne die Höchstwertung vergebe.
Altman hat tatsächlich eine perfekte Symbiose aus Anspruch und Unterhaltung geschaffen, wie sie selten gelingt und damit für einen überraschend gelungenen TV - Abend gesorgt.
Watch out for this shit!
(10/10)