"Uncertain Guest" ist zumindest handlungstechnisch als eher unkonventionell und somit in gewissem Maße als originell zu bezeichnen. Als Genremischung sind die einzelnen Komponenten zwar mitunter nicht völlig überzeugend (etwa die Beziehungsgeschichte zwischen dem Protagonisten und seiner Verflossenen) und auch die Charakterdarstellungen sind alles andere als erschöpfend oder tiefgründig. Dennoch funktioniert die Mischung aus Drama und Thriller eigentlich recht gut. Wer psychologisch deutbare Motive mag, wird durchaus fündig. Erotik ist auch vorhanden, wird jedoch eher spärlich eingesetzt, prickelt dafür aber umso mehr.
Insbesondere nach dem ersten Drittel der Laufzeit hätte dem Film vielleicht etwas mehr Spannung durchaus gutgetan. So erachte ich es in diesem Zusammenhang als sehr wichtig, keine Elemente der Handlung im Review vorwegzunehmen. Das mag inhaltstechnisch unbefriedigend für den Leser sein, wird sich spannungstechnisch für den Zuschauer aber durchaus auszahlen. Das Cover der DVD wirbt mit den Schlagworten "Einsamkeit", "Angst", "Paranoia", "Wahnsinn", "Ohnmacht" und "Tod". Tatsächlich spielen alle diese Begriffe inhaltlich eine gewisse Rolle in "Uncertain Guest", jedoch fehlt ein weiteres, m.E. sehr wichtiges Bezugswort in diesem Kontext, nämlich "Voyeurismus". Und was ist ein Fernsehbildschirm letztendlich anderes, als ein Loch in der Wand...
Die Story wirkt doch recht konstruiert, was dem Genuss des Films jedoch keinen Abbruch tut. Hervorzuheben sind die optisch oft sehr schön photographierten Einstellungen und Perspektiven, die von einem gewissen handwerklichen Können zeugen. Auch die finale Wendung passt stilistisch sehr gut zu der Erzählstruktur des Films. "Uncertain Guest" ist ein ungewöhnlicher Film mit ungewöhnlicher Story, den man sich jedoch optimalerweise bei entsprechend passender Gelegenheit anschauen sollte. Es empfiehlt sich hierfür eine sehr relaxte Stimmung abzuwarten und den Film vielleicht bevorzugt zu später Stunde anzusehen, um die ausgeprägte nächtliche Atmosphäre von "Uncertain Guest" zu unterstreichen. Die Wirkung von "Uncertain Guest" hängt sehr von der Einstellung des Zuschauers ab.
Die unverbrauchten Schauspieler machen ihre Arbeit sehr gut und kommen glaubwürdig und realistisch rüber. Die Dialoge sind funktional und beschränken sich meist auf das Nötigste. Das schadet dem Film nicht, allerdings wäre ansonsten von allem anderen ein wenig mehr wünschenswert gewesen: einfach noch etwas mehr Spannung, Erotik, Tempo, Tiefgang...
Fazit: ein sehenswerter Film mit nur wenigen erkennbaren Mängeln, der in seiner Wirkung und Intensität jedoch noch steigerungsfähig gewesen wäre. Unterm Strich stehen bei mir sehr solide 6 / 10 Punkten und eine klare Empfehlung.