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Und der Splatter ward geboren


Muss man die Reputation und Bedeutung eines Filmes in seine Wertung mit einbeziehen oder ihn losgelöst von all seinem filmhistorischem Kontext bewerten? "Blood Feast" stellt einen vor diese Frage wie kaum ein zweiter Film. Als erster Splatterfilm und heftigster damaliger Seriekillerschocker mit zweifellos bleibendem Eindruck. Ohne ihn, wären Horror und Splatter nicht das, was sie heutzutage sind. Für sich genommen aber natürlich mäßig gealtert, wenig schockierend und recht amateurhaft. Für mich ist die Antwort auf die Frage schnell gefunden: "Blood Feast" ist eine Legende, die ihre Schwächen zu Tugenden macht und die jeder Horrorfan zumindest einmal in seinem Leben gesehen haben sollte. Ein Vorbild, ein Vorausgänger, ein Film mit dicksten Eiern, Kreativität und vollen Blutbeuteln. Kurz, knackig, saftig. Vorher gab es sowas nichtmal ansatzweise. Danach dutzendfach, es war nichts mehr wie zuvor. Ein in grell-rote Farbe getränkter Alptraum, der sich damals überraschend ernst nahm und der gerade daraus heute seinen Charme zieht. Von "Blood Diner" bis "Hollywood Chainsaw Hookers" zogen alle ihre Hüte vor dem berühmtesten Werk des Godfather of Gore.

55 Jahre alt und immer noch fest zum Kanon der harten Horrorkunst gehörend. Ein Grundpfeiler gar. Das macht Herschell Gordon Lewis keiner nach. Er ging ein bis zwölf Schritte weiter als Hitchcock oder Powell in "Psycho" respektive "Peeping Tom". Seinem Serienkiller Fuad Ramses auf der Jagd nach frischen Menschenteilen sollte eigentlich ein noch viel einschlägigerer Ruf vorauseilen. Graue Haare, buschige Augenbrauen, eine unbändige Liebe für ägyptische Gottheiten, sein "mülliger" Abgang - alles eigentlich das Zeug aus dem Legenden gemacht sind. Ein wenig Trash, ein wenig Schock - das Verhältnis dieser beiden Größen variiert wohl je nachdem in welchem Jahrzehnt man geboren ist. Damals war das Publikum jedenfalls in Angststarre. Mit großen Augen. Lauten Schreien. Von dem morbiden Charakter angezogen. Mittlerweile genießt man diese Splattergeburtsstunde aus anderen Gründen. Spaß macht er noch immer. Lewis hatte nicht viel, doch hier zeigt sich sein Genie. Von den (selbst eingespielten!) spartanischen Trommelklängen bis zu den noch in den Kinderschuhen steckenden aber enorm einfallsreichen Frauenzerfledderungen - aus Wenig wird Legende. Er überwand Grenzen, zeigte bis dato Undenkbares, dehnte alles bisher Dagewesene. Danke für den Matsch. Einer musste beginnen. Es konnte nur einen geben.

Fazit: das erste Gorefest in der Geschichte der bewegten Bilder. Dilettantisch, mutig, monumental!

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