Ich muss zugeben, mir haben bisher die meisten Ittenbachfilme relativ gut gefallen; besonders Garden of Love war schon eine sehr ausgewogene Mischung aus Geschichte und Gekröse. Daher waren meine Erwartungen an Chain Reaction relativ hoch gesteckt, es konnte eigentlich ja nur besser werden, oder? Der Trailer Appetit auf mehr machend, die positive Kritik auf der Gruselseite die Hoffnungen untermauernd. Doch leider kam alles ein wenig anders als wie ich dachte. Ohne jetzt Erwartungen zerstören zu wollen – immerhin sind Meinungen subjektiv – muss ich behaupten, das dies leider ein Rückschritt in der filmischen Laufbahn des Regisseurs ist. Man merkt hier am deutlichsten, noch deutlicher als wie bei Garden of Love, das Olafs Manko immer noch die erzählte Geschichte und die Dialoge der nicht immer passenden Darsteller sind. Zwar hat er sich in diesen Belangen zwar merklich immer mehr steigern können, doch irgendwie schimmern diese Störfaktoren hier überdeutlich durch. Sicherlich hat er als Regisseur schon eine beachtliche Anzahl von Filmen vorweisen können, sich insbesondere durch seine Effektarbeiten in den Herzen der Fans einen festen Platz einräumen können, doch als Ernst zu nehmender Filmemacher braucht es wohl noch etwas.
Zwar scheint er einen direkten Mittelweg zwischen Geschichte und Gewalt gehen zu wollen, um sich in beiden Lagern der Filmfreunden etablieren zu können, doch seien wir mal ganz ehrlich: wir wollen Effekte, Effekte und nochmals Effekte. Zwar wies der teilweise barbarische Beyond the Limits immer noch genug Effektkunst auf, jedoch durch schnelle Schnitte und nicht immer gegebener expliziter Darstellung war der Film für eingefleischtere Blutsbrüder auf jeden Fall nicht DER Nachfolger von The Burning Moon. Auch störte sich manch einer an der teilweise schon zu experimentellen Kameraspielerei. Andere bemängelten das Bemühen bei Garden of Love eine (stellenweise doch arg) konstruierte Geschichte erzählen zu wollen, die zudem den Gewaltgehalt – zumindest für gewohnte Verhältnisse – arg zurück fuhr und somit manch eingesessenem Fan enttäuschte. Trotz dieser logistischen Mängel – die aber mir nicht wirklich aufstießen – schaffte Olaf es, eine packende Atmosphäre zu schaffen und viele spannende Momente, die für Gänsehaut sorgten, zu kreieren. Mit dieser Erwartungshaltung ging ich also nun an Chain Reaction ran.
Während der Fahrt zu seiner Arbeit wird ein Arzt durch eine schier unglaubliche Kettenreaktion in einen Unfall mit einem Gefangenentransport verwickelt, die Wagen überschlagen sich und nur wenige Personen überleben. Unglücklicherweise konnten sich darunter vier Häftlinge aus ihren Fesseln befreien und töten bestialisch das restliche Wachpersonal. Aufgrund eines Verletzten unter ihnen und auch als mögliche Geisel bei einer Konfrontation mit der Polizei zwingen sie den Doktor sie auf ihre Flucht über die kanadische Grenze zu begleiten. Bei ihrem Marsch durch die Wildnis stoßen sie auf ein uraltes Haus, welches von Eremiten in mittelalterlich anmutenden Kleidern, die einen altertümlichen Dialekt sprechen, bewohnt wird. Komischerweise zeigen sie keine Scheu vor den Schwerverbrechern, fordern sie hingegen das Haus zu verlassen, da ihnen sonst Böses droht. Doch noch ist das Schwert mächtiger als Zunge, die Gangster bleiben, wollen erst einmal ihrem Kameraden die notwendige medizinische Versorgung gewährleisten - ein Arm muss gerettet werden. Dem Doktor assistiert bei der Notoperation des verwundeten Gewalttäters eine sich von den restlichen Bewohnern in ihrem Wesen unterscheidende Frau. Als nach der Operation das amputierte Körperteil verschwindet, eskaliert die Situation. Die Eremiten geben sich als blutrünstige Dämonen zu erkennen, die alle außer dem Arzt niedermetzeln. Als einziger Überlebender kann er die Flucht antreten und wird von der Polizei aufgegriffen. Diese schenkt ihm jedoch keinen Glauben und als Untersuchungshäftling gerät er in einen Gefangenentransport, der ebenfalls in eine schier unglaubliche Kettenreaktion verwickelt wird...
Wie man lesen kann, geht Ittenbach wieder mehr Richtung des Phantastischen, will dabei noch mehr als wie in seinen vorherigen Filmen das Element der erzählten Geschichte großschreiben und ein „Drumherum“ um die Effekte aufbauen. Dies ist ihm leider nur bedingt gelungen; kritisieren tue ich nicht die Machart – die ist klasse, aber man hätte INHALTLICH weitaus mehr draus holen können! Zwar wirkt die Geschichte auf Grund der teilweise etwas verschachtelten Erzählweise mit Zeitsprüngen manchmal etwas konfus, ist ihrem Konzept - quasi die Horrorvariation von Und täglich grüßt das Murmeltier - aber eine willkommene Abwechselung zu seinen sonstigen Filmen. Letztendlich ist sie aber unschlüssig aufgelöst und verheddert sich in leichten Ungereimtheiten. Aber das ist man ja gewohnt. Der bittere Beigeschmack liegt darin, das sich der Film eigentlich in seinem Inhalt kopiert und trotz der facettenreichen Inszenierung dadurch die dynamische Entwicklung der Story darunter leidet - man weiß eigentlich die gesamte zweite Hälfte über was gleich passieren wird. Denn nahezu 1:1 wiederholt sich das Geschehen um das Eintreffen in dem Haus, Operation und Dämonenmetzeln. Das so die Spannung auf der Strecke bleibt größtes Manko, da bot Garden of Love mehr Stimmung, ja selbst der umstrittene Beyond the Limits konnte mich in den Belangen Spannung und Atmosphäre mehr überzeugen - denn diese waren unter anderem einfach weitaus unvorhersehbarer.
Obwohl ganz in Tradition von BtL wieder mehr auf Bombast und Blut gesetzt wird - vor allem die Kettenreaktion mit den verunglückenden Wagen wurde relativ spektakulär inszeniert – entfaltet sich durch die z.B. zerrissenen Bildabfolgen wenig Tempo und Abwechselung. Über den restlichen bescheidenen Ablauf habe ich ja schon einige Worte verloren. Der Film wird trotzdem seine Fans haben, ganz sicher. Auch nicht nur in Deutschland - beim besagten Unfall wird schon deutlich, das der Film auch klar an eine Vermarktung gen „Übersee“, sprich Amerika, gerichtet ist. Der Gefängnisbus original amerikanische Bauweise, die Sträflingskostüme im passenden farblichen Orange - auch andere Details, wie z.B. die Polizeiwache, sollen den Eindruck „made in Germany“ verwischen. Und ehrlich gesagt fällt dies kaum auf, da der Rest keinen wirklich Länder zuordnenden Look hat. Sind die Personen erst einmal im Anwesen zählen andere Attribute.
Dieses wurde schon recht stimmig eingerichtet und macht sich atmosphärisch schon recht cool, da viele antik wirkende Requisiten das Gefühl aufkommen lassen die Zeit sei stehen geblieben. Doch die Story gibt einfach nichts her: Leider bleiben die Eremiten außer „Alice“ relativ gesichtslos, warum sie zu Dämonen wurden, allgemein ihre Hintergrundgeschichte wird nicht einmal angerissen; auch was es mit der mysteriösen schwarzen Heilsalbe auf sich hat bleibt im Unklaren. So dient die Kulisse eigentlich nur für die unzähligen Gewaltszenen die wieder einmal sehr lecker inszeniert wurden. Visuell sind die Kämpfe der Verbrecher gegen die Dämonen auch schön dargestellt, manch Attacke stimmig choreographiert, eine Szene erinnert gar an den „Schwertflug“ aus BtL. Doch auch wenn die sonstige Bildsprache, wie der Gang durch den Wald oder die vorherige Schießerei zwischen Bullen und Buletten schmackhaft ist, nicht wirklich abgeschmeckt schmeckt die Mischung nur bedingt.
Eine wichtige Hauptrolle besetzte Olaf mit seiner Frau Martina, die hier die undurchsichtige „Alice“ spielt. Obwohl eher unbekannt, kann Martina durchaus darstellerische Erfahrung vorweisen, ihre Internetseite gibt jedenfalls einen interessanten Querschnitt wieder und es wäre ihr nett sie auch mal wieder in einem Film außerhalb derer ihres Mannes zu sehen. Die Rolle die sie spielen soll, füllt sie jedenfalls mehr als gerecht und gibt ihr gar etwas charakterliche Tiefe. Dies tritt umso mehr in Erscheinung, ist sie doch neben dem Arzt, gespielt von Christopher Kriesa, mit die einzige Person mit Identifikationspotential und für die man Sympathien entwickelt. Denn der Großteil der auftretenden Personen sind eben die raubeinigen Schwerverbrecher, die ob ihres gnadenloses Sadismus keinerlei Sympathien wecken können, aber auch recht schablonenhaft und oberflächlich gezeichnet sind. Storybedingt verschwinden sie ja auch nach geraumer Zeit, um ihren Nachfolgern Platz zu machen die recht ähnlich agieren. Zwar werden die Kriminellen von aus früheren Filmen von Olaf bekannten Darstellern wie Daryl Jackson gespielt, doch eines ist Chain Reaction sicherlich nicht: Ein Film der von seiner Geschichte & Charakteren lebt! Insofern sollte es auch klar sein, das der Part des Jürgen Prochnow - den man zuletzt in dem Gemüter spaltenden Bollwerk House of the Dead sah - hier nicht wirklich zum Zuge kommt, ist seine Rolle als Kommissar, der den Doktor zu den Geschehnissen befragt, auftrittstechnisch doch beschränkt. Allgemein gefasst waren die Dialoge manchmal echt schon übel. Zwischen philosophischen Gedankengängen und cholerischen Ausbrüchen der Verbrecher kommen besserwisserische Kommentare, wirre Sprachfetzen und all dies wirkt teilweise mehr konstruierter als die eigentliche Geschichte. Längen entstehen, hier und da hätte man gerne die handlungstechnische Schere ansetzen dürfen. Alles Mankos die andere schon vor Jahren kritisiert haben. Doch hier fallen sie leider eben ziemlich auf; selbst mir, der sonst immer mit den Filmen einen Riesenspaß hatte. Schade.
Um zu den Effekten zu kommen, ein Punkt den ich bewusst für den Schluss aufgehoben habe: Ja sie sind zahlreicher als wie in der vorherigen Produktion. Weitaus zahlreicher sogar, beschränken sich auch nicht wieder auf einzelne Szenen, sondern tränken die gesamte Lauflänge. Man darf ruhigen Gewissens wieder einmal von einer „Blutbombe“ sprechen, die zumindest diese erhofften Erwartungen erfüllt! Auch wenn es leider nur marginal mehr Vielfalt gibt, beim Liebesgarten wurden ja mehr Köpfe zerrissen als wie man Kohlköpfe hätte pflanzen können. Hier gibt es schon ein wenig mehr an gewohnter F/X-Kunst zu sehen, man darf gespannt sein wie viel in der deutschen Fassung – die definitiv geschnitten sein wird – fehlt. Auch wenn hier keine unschuldigen Sektenmitglieder abgeschlachtet werden ist die Intensität des Gewaltgehaltes gottlob nicht gering, allein die Morde an den Wärtern schon starker Tobak genug (Kiefer rausreißen, Feuerlöscher zertrümmert Kopf, etc.). Trotz der massenhaft vorkommenden Szenen behält Olaf seinen Stil bei, alles nicht mehr minutiös auszuschlachten, sondern die einzelnen Effekte in einem „Schnitt-Gewitter“ auf den Zuschauer niederprasseln zu lassen. Ein kaschieren billiger Machart hat dies nicht zum Zweck, nur als Ernst zu nehmend gewollter Filmemacher kann man eben nicht nur auf minutenlange Sudeleien setzen. Da dieses aber im Film den Hauptsehwert darstellt, könnte der Streifen in der geschnittenen Fassung weniger gut funktionieren. Doch man wird sehen. Unter diesem Gesichtspunkt möchte ich noch die Dämonenmasken bemängeln, die teilweise etwas „billig“ aussehen. Hier wäre schon mehr drin gewesen, trotzdem kann man nicht sagen das sie die bedrohliche Atmosphäre, die über die Protagonisten hereinbricht, abschwächen würde. Doch leider reicht das nicht aus um mich (mehr) zu überzeugen!
Fazit: Ich war schon ein wenig enttäuscht; die Story sich reproduzierend ohne dann mit Innovationen aufzuwarten, die Darsteller schablonenhaft und auch effekttechnisch leider Stagnation. Das geht besser! Ob guter Idee, technisch sauberer Inszenierung mit gewohnt klassen, aber erwähnt eher eintönigen Blut-Effekten und überzeugenden Hauptdarstellern mit viel Liebe noch einmal solide 4/10.