Review

Eins steht fest, Evolution ist keine Weiterentwicklung für den phantastischen Film oder die Komödie und auch die Darsteller wird dieser Streifen in der Bio auf keine höhere Stufe bringen.
Denn Evolution ist eine einzige Enttäuschung, filmisch, darstellerisch und erzählerisch. Das ist besonders schlimm, denn allein von den beteiligten Personen hätte hier mehr daraus werden müssen.
Ich stelle es mir so vor: ein Drehbuchautor hatte die Idee mit dem Meteoriteneinschlag und der evolutionären Substanz in ihm, die sich rasend schnell entwickelt, bis sie zur nationalen Bedrohung wird. Er durfte ein Script erstellen, doch da die Idee an sich dürftig war, kam ein Drehbuch heraus, daß stark an "Ghostbusters" erinnerte. (Wir erinnern uns, Wissenschaftler entdecken Übernatürliches, bekämpfen es, werden von der Obrigkeit behindert und müssen am Ende doch die Welt retten.)
Das ist ja in Hollywood an sich nicht schlimm, aber als Regie stand Ivan Reitman auf dem Plan und von dem stammt ja schon Ghostbusters. Also gab man die Parole aus: wir machen es möglichst nicht so wie im Vorgänger! Und dann ging erst richtig alles in die Hose.
Trotzdem hätte man zuversichtlich sein können, denn die Besetzung konnte sich sehen lassen. Doch gerade hier wurden die entscheidenden Fehler gemacht.
Da wäre zunächst David Duchovny, der wohl nur eins im Sinne hatte: weg von Akte X und vielleicht eine leichte Selbstparodie seines Mulder-Image.
Vielleicht hätte er sich fragen sollen, ob er für groteske Effektkomödien, wo man sich gegen die F/X behaupten muß, auch der Richtige ist.
Ist er nicht.
Duchovny paßt vielleicht in eine Romantikkomödie mit seinem treuherzigen Schlafzimmerblick, doch hier ist er verloren. Mimisch eh noch nie ein Talent, taumelt er hölzern durch eine kaum ausgearbeitete Handlung, die ihn zum Hauptdarsteller erkoren hat, weil sonst kaum ein normaler Mensch mitspielt. Pinocchio hatte eine breitere Palette ans Gesichtsausdrücken, was unangenehm auffällt, denn Duchovny soll Dreh- und Angelpunkt der Handlung sein und ist offenbar bemüht, Lustiges zu verbreiten.
Damit scheitert er jedoch kläglich, vor allem weil sein milder Mulder-Humor, der so hervorragend ist, hier nicht eingesetzt wird.
Und als ob die Macher das im Vorfeld schon geahnt hätten, setzen sie ihm den totalen Kontrapunkt vor die Nase. Orlando Jones, gefeierter Fernsehkomiker, brennt hier ein wahres Feuerwerk an schwarzem Klischeehumor, Toiletten- und Sexualwitzen ab, die nur einen Fehler haben: sie passen wie er selbst nicht zu diesem Film.
Jones ist zwar als Zappelphilip bemüht, einen Ausgleich zu dem steifen Duchovny zu bieten, doch er tut des guten zuviel, als würde er an einer Überdosis Eddie Murphy leiden. Nach dem Prinzip: wenn ich hundert mal schieße, lande ich auch ein, zwei Treffer, sabbelt er ohne Unterlaß. Dazu gibt er sein Letztes in punkto Grimassieren, wirkt aber immer nur so als würde er einen Transvestiten imitieren. Damit schafft er es, noch weniger als Wissenschaftler zu wirken, als dies sein Kollege schon tut.
Während Duchovny wenigstens einmal einen Computer einschaltet und vor einem Mikroskop sitzt, scheint Jones nicht mal die Qualifikation für einen simplen Lehrerposten zu haben. Die Ghostbusters waren auch schon schräge Vögel, aber die verstanden wenigstens ihr Geschäft.
Wenn dann im Film die Proben und Unterlagen der beiden gestohlen werden, wundert man sich auch nur, was die beiden wohl damit angefangen haben. Von Ergebnissen hört man nie etwas.
Derlei Löcher gibt es viele im Buch, aber wer schaut schon nach Logik, wenn wir noch weitere Stars verpflichtet haben.
Julianne Moore bietet hier ihren zweiten Schuß in den Ofen in Reihe nach "Hannibal". Sowohl optisch als auch mimisch nie im Leben eine brauchbare Komödiantin, bietet sie den passenden Gegenpart zu unserem Akte-X-Pinocchio und ist wohl auch nur als möglicher Love Interest gecastet worden. Von ihren Fähigkeiten als Wissenschaftlerin hören wir ebenfalls nichts.
Dumm nur, daß ihr einziger erkennbarer Charakterzug (der wohl auch noch lustig sein soll), das ständige ungeschickte Fallenlassen von Gegenständen und Rennen gegen Türen ist, eine Aufgabe, die sie nicht einmal besonders geschickt erledigt. Ansonsten wehen ihre Haare, sie zeigt ihr Riesengebiß und sieht wie immer wie eine blasse Sommersprossenpalette aus.
Am Ende hüpft sie mit Foxy in die Kiste und man fragt sich unwillkürlich, wann es zwischen den beiden denn gefunkt haben soll. Schon die beiderseitige Erkenntnis von Gefühlen vor dem Showdown kommt völlig aus dem Boden gestampft und ist außerdem noch grottig schlecht gemacht.
Seann William Scott kommt noch am besten weg vom Viererteam, hat er doch den Volltrottel schon in Road Trip und American Pie soweit perfektioniert, daß er ihn aus der Hüfte spielt.
Auch hier muß man einen Vergleich zu Ghostbusters ziehen, wo Aykroyd und Ramis stets problemlos als Wissenschaftler und Chaoten durchgingen und Murray soviel Charme mitbrachte, um alle an die Wand zu spielen. Doch gute Komödianten kann man nicht kaufen.
Wobei wir schon bei Aykroyd wären, der hier einen kleinen Auftritt als Senator hat. Und nebenbei noch mehr Comedy im kleinen Finger besitzt als der Rest der Crew im ganzen Körper. Sein Auftritt ist sehr schön, wenn auch nicht besonders gut geschrieben. Ergänzend dazu gibt Ted Levine den Klischeebimbo-General vom Militär aus dem Böse-Buben-Handbuch.
Womit wir schon beim zweiten Hauptproblem wären: Evolution hatte fast alles scheinbar, aber eins nie: eine witzige Geschichte. Anscheinend wurde das Humorniveau jeweils den Hauptdarstellern angepaßt, die damit auch prompt scheiterten. Jones braucht dringend einen Beruhigungsschuß, die übrigen Aufputschmittel. Aus dem reinen Script sind fast überhaupt keine Witze zu herauszuziehen. Und Duchovnys nackter Arsch ist auch nicht zum Lachen. Zwangsläufig wurden dann doch einige Ghostbustersparallelen eingebaut, wie das Posing nach der Drachenjagd in der Mall oder die "Play that funky music"-Nummer im Jeep, doch es bleibt, was es war, blasse Kopie. Also floh man auch noch in die analfixierte Komik, um dem Modestandard gerecht zu werden. Ergo muß Jones erst ein Insekt (das ihn mit dem Stachel hätte umbringen müssen) rektal entfernt werden (wie das funktionieren soll, da das Tierchen unter der Haut saß, muß mir noch mal jemand erklären), anschließend wird er in den sinnbildlichen Arsch einer Monsterzelle gesaugt. Das wirkt wieder sehr bemüht, als könne man damit der Langeweile ein Schnippchen schlagen, was aber nicht klappen will.
Mit Humor ist es also Essig, aber am übrigen fehlt es ebenso. Das Drehbuch enthält keine echte Charakterzeichnung und es mangelt auch an Charme, der schon durch die nicht vorhandene Chemie zwischen den Figuren nicht aufkommen will.
Erzählerisch baumelt alles an einem dünnen Plattwurm von Story, die lediglich den Prozeß der Evolution schildert, was dem Zuschauer einen ständigen Wissensvorsprung vor den Figuren gibt und nicht für Überraschungen taugt.
Es wimmelt von halbgarer Wissenschaftsunlogik wie der absolute Kracher, als Duchovny die schwache Stelle der Aliens durch einen Rösselsprung im Periodensystem findet und das Ganze auch noch funktioniert. Die Musik ist meistens unpassend und geht nie ins Ohr.
Passend dazu das größte und ungeschickteste Product-Placement seit langem für ein bekanntes Haarshampoo.
Da sonst nichts bleibt, hangelt und holpert sich das Geschehen von Monster zu Monster, die als einziges einen wirklichen Blick wert sind. Zum Glück gibt es genug von ihnen, auch wenn manche ihre Computerherkunft nicht verhehlen können. Action bringen sie zwar auf, doch es bleibt nichts wirklich Erinnerungswertes, das man freudestrahlend weitererzählen könnte.
Ich will noch sagen, daß ich mich wirklich bemüht habe: ich bin Duchovny und Akte-X-Fan, ich liebe Ghostbusters, SF und Komödien, ich hatte gute Laune und wollte mich amüsieren.
Doch was dann folgte, war nur eine unausgegorenen Mischung, deren Zutaten einfach nicht zueinander passen wollen und bei der ich das Filmende schon nach der Hälfte herbeigesehnt habe.
Ein seltener Fall von fast völlig mißlungen bei sehr viel Talent - das ist schon beinahe Evolution im Rückwärtsgang.
(3/10 - hauptsächlich für die Tricks)

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