Tom Yum Goong
Regisseure wie Pen-ek Ratanaruang, Nonzee Nimibutr und Wisit Sasanatieng haben mit großartigen Filmen wie „6ixty9“, „Nang Nak“ und „Tears of the Black Tiger“ gleichsam bei Fans, Festivalkuratoren und Feuilleton die Türen für ein neues thailändisches Kino eingelaufen: relativ hohe production values, eine sinneschmeichelnde – bei Wisits Meisterwerk gar atemberaubende – Ästhetik aus perfekter Harmonie von Kinematografie und Score, wurden ein Wegweiser, den man über massiv heruntergekurbeltem Horrorschund aus dem Königreich noch deutlich wahrnehmen konnte. Und dennoch traf der im wahrsten Sinne des Wortes durchschlagende Erfolg des Muay Thai Actionspektakels „Ong Bak“ diese Geschmackssensoren recht unvermittelt, und pflügte – von Luc Besson gar für eine internationale Leinwandauswertung überarbeitet – die Perspektive auf das Thaikino ganz nachhaltig um ... und in bisher unvermutete Dimensionen.
Nicht mit einer erlesenen Ästhetik, und ganz sicher nicht mit einer ausgeklügelten und grandiosen Geschichte, wussten Regisseur Prachya Pinkaew und sein sympathischer Hauptdarsteller Tony Jaa zu punkten, sondern mit der schieren, Martial Arts im Kino neu definierenden Intensität. Ohne auch nur ansatzweise das Budget eines Hollywood Actionfilms zu verbraten, glänzte „Ong Bak“ mit den geilsten Car Chases und den adrenalinpumpendsten Zerstörungsorgien (mindestens) jenes Kinojahres (2003), und ohne sie herauszufordern, disqualifizierte Tony Jaa sämtliche Ikonen des kontemporären chinesischen Kampfkunst-Kinos für den Ruhestand. Und dieses ausstehende „Duell der Giganten“, eine gegenwärtige Entsprechung des über Genre-Klassiker wie „One-Armed Boxer vs. Flying Guillotine“ bis „Bloodsport“ etablierten Turnier-Schemas im Martial Arts Film, scheint der Punkt, von dem aus das „Ong Bak“-Team nun mit TOM YUM GOONG weiter an der eigenen Legende wirken will.
Die Kulisse der Metropole Sydney, wohin der Landbengel Kham seinen gestohlenen Elefanten nachreist, ist genau so Konzession an eine noch effektivere internationale Vermarktung wie selbstverständlich, in diesem Schmelztiegel der Kulturen, Gelegenheit, dem Protagonisten Gegner in den Weg zu stellen, die ihre Passion für Martial Arts in sehr diversen Stilen zur Meisterschaft gepflegt haben: gigantische Wrestler, ein eurasischer Swordplay-Wizard, ein fast ebenbürtig geschmeidiger Capoiera-Athlet, Aussie Cops (genau so trigger happy wie korrupt), BMX-Bandits und Skatepunks und unzählige Black Suits, von denen Tony Jaa – in einem grandios schmerzhaft nachvertonten Spektakel – gut drei Dutzend zeitgleich die Knochen bricht. Der Showdown dann gegen eine Peitsche schwingende Transe, die sich nach hemmungslosen Morden an ihren minderjährigen männlichen Anverwandten an die Spitze der mächtigen chinesischen Triade geputscht hat. (Hier komme ich jetzt einfach nicht um die Trivia herum, dass die Darstellerin, der volkschinesische Ballettstar Jin Xing, bis zu ihrer Geschlechtsumwandlung als hochrangiger Offizier in der Volksbefreiungsarmee gedient hat).
Durchwebt mit als zwangsläufig hinnehmbarer Fisch-aus-dem-Wasser-Comedy und pointierten interkulturellen Missverständnissen – hier liegt der wesentliche Part für Co-Star Petchtai Wongkamlao, der als asiatischer Kiezbulle (genau wie die Nachrichtensprecher) alles kauderwelscht, nur kein Englisch – dient sich die albern löchrige Story erneut nur den sensationellen Action- und Martial Arts Sequenzen an, die keinen Fan, den „Ong Bak“ gewonnen hat, verprellen werden – wenn man es nur durch die ersten 20 Minuten schafft, die wie eine dröge animierte Touristenbroschüre für das Königreich anmuten (Thai Airways war einer der wichtigsten Investoren in TOM YUM GOONG).