Dort wo die Vergangenheit eine intelligente Reflexion der Gegenwart ist, erreichen Regisseure und Produzenten bei mir oftmals einen Punkt, an dem ich mich vor Respekt verneige. Der Schmelztiegel an geballter Zelluloidpower, ausgehend von einer vergangenen Geschichte, die im Kontext der Gegenwart aktueller denn je erscheint - inszeniert im Moloch schwarz-weißer, edler Bilder, die auch optisch den Bezug zwischen Vergangenem und dem Hier und Jetzt manifestieren.
Wenn CBS-Reporter Ed Murrow (David Strathairn), “Good Night, And Good Luck.”, am Ende seiner Sendungen verkündet, befinden wir uns in einer Zeit, als Senator Joseph McCarthy eine Hexenjagd im Kampf gegen die vermeintliche Linke veranstaltete. Die USA der 50er Jahre – geprägt von geschürter Angst vor dem Kommunismus. Vermeintliche Anhänger werden suspendiert und öffentlich gebrandmarkt. McCarthy setzt alles auf Konfrontation und erntet dabei im Ausland nicht nur Lob und Anerkennung. In den CBS-Studios formiert sich seinerzeit Widerstand, der in Symbolik und Aktualität, nicht nur ausdrucksstark, zeitlos, sondern in erster Linie auch beeindruckend vorbildlich ist. Ed Murrow (David Strathairn), und Produzent Friendly (George Clooney), versuchen gegen die harte Gangart des Senators mit Aufklärungsjournalismus in der Sendung „See it now“ vorzugehen und bewegen sich dabei auf der berühmten Rasierklinge, mit all den Fallen und Tücken.
Das Hinterfragen eigener Werte, die im Kampf mit harten Bandagen mitunter verloren gehen, ist die Intention hinter den Unannehmlichkeiten. Die Fahne der Freiheit weht nur, wenn man nicht gleichzeitig dem eigenen Volk selbige nimmt und im Zuge der beabsichtigten Polarisation Menschen als Gegner brandmarkt. “Good Night, And Good Luck.” tangiert drei verschiedene Zeitepochen. Neben der filmischen Gegenwart erinnern McCarthys Methoden nicht nur an inquisitorische Hexenprozesse, sondern auch an historisch aktuelle, ratifizierte patriotische Akte im Kontext der Terrorangst seit dem 11. September. Der von Justizminister Ashcroft umgesetzte Patriot Act lässt grüßen. Menschenrechte werden beschnitten und Ängste geschürt. Dabei überschreitet man bewusst oder unbewusst die Linie der eigenen Normen, die man den Bürgern des Landes eigentlich zugesteht.
Ed Murrow und seiner CBS-Crew geht es genau darum, niemand möchte den Kommunismus verherrlichen oder verharmlosen. Im Prinzip sind jene Leute, die damals in den CBS-Studios für die Rechte der Bürger kämpften, vielmehr patriotisch als McCarthy und seine Anhänger.
“Good Night, And Good Luck.” ertönt am Ende jeder Sendung. Es ist der formelle Abschied, aber auch der Anfang für eine Flut von Reaktionen. Nahezu ausschließlich in den CBS-Studios fiebert der Betrachter mit Murrow und Co. mit. Es sind die Folgeerscheinungen, die Spannung aufbauen. Anrufe, Meinungen, Gegenattacken, Zeitungsberichte – der Aufklärungsjournalismus birgt Gefahren und Fallen in sich. Die Konter der Gegenseite werden härter, aber je tiefer Murrow und seine Leute in die Machenschaften McCarthys eintauchen, desto entschlossener werden sie, weiterzumachen.
Hier sieht man einen Film, der tiefe Einblicke in die Mechanismen der Presse gewährt. Das Studio als zentrales perspektivisches Element. Die Menschen darin haben Bedenken, Ängste und trotzdem eine Absicht, für die sie kämpfen. Sie werden denunziert, müssen aufpassen, was die Gegenseite macht und plant und trotz allem, ist die Effektivität ihrer Arbeit das Wichtigste. Spannung aus der Sache heraus. Clooney verzichtet nahezu auf die musikalische Untermalung der Geschehnisse. Stattdessen harmoniert Bild und Schauspiel im Hintergrund eines bedeutungsschwangeren Sujets.
Die Auftritte Strathairns in „See it now“ sind ein filmisches Spektakel. Angefangen bei der optisch ansprechenden Schwarz-Weiß-Fotografie, sieht man die Nervosität des Protagonisten vor der Sendung. Im Laufe der Sendung führt das inhaltlich Interessante im Verbund mit kamera- und schnitttechnischen Finessen zum titelgebenden “Good Night, And Good Luck.”. Man sieht den Rauch von Murrows Zigarette und die Anspannung in Strathairns grandios stoisch ausdrucksstarker Mimik – nebenbei nimmt man die Nervosität bei der restlichen Crew im Hintergrund wahr. Es bahnt sich etwas an – die Reaktion auf den eben gesendeten Beitrag liegt in der Luft. Das Telefon klingelt als unbehaglicher Weckruf, weil die breite Front aus positiven und negativen Feedback folgen wird. Was wird dominieren? Welche Folgen wird die Sendung implizieren? Das ist Spannungskino pur, nicht plump, sondern außergewöhnlich inszeniert.
Clooney verbeugt sich mit “Good Night, And Good Luck.” auch vor der positiven Wirkung der Film- und Fernsehindustrie. In seiner Oscarrede für den Preis des besten Nebendarstellers in „Syriana“ betonte Clooney seinerzeit wie stolz er sei, Mitglied der Akademie zu sein: „Wir haben von Aids gesprochen, als darüber nur geflüstert wurde und haben über Bürgerrechtsfragen gesprochen, als es nicht populär war.“
Genau diese Botschaft vermittelt Clooney als Regisseur und Schauspieler auch in seinem Film über den Mut von Fernsehleuten, die letztendlich für den Fall Joseph McCarthy verantwortlich waren. Im Kontext der Gegenwart erscheint der Film aktueller denn je, aber die Idee dahinter, sich beizeiten zu fragen, wie sehr man seine eigenen Werte lebt, ist schlichtweg zeitlos. Große Aussagen im harmonischen Einklang prägnanter Schwarz-Weiß-Fotografien. Sechs Nominierungen bei der Oscarverleihung führten zu nichts, aber ich sehe in “Good Night, And Good Luck.” einen grandiosen Beitrag jenseits von Homosexualität und Rassismusfragen. (9,5/10)