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CAPOTE ist nicht so sehr ein Biopic im klassischen Sinne, sondern eher ein Film über die sechsjährige Entstehungsgeschichte von IN COLD BLOOD und vor allem ist es natürlich der Versuch, das Wesen und den komplexen Charakter des Truman Capote zu porträtieren. Am Anfang steht ein Zeitungsartikel, der Capotes Interesse weckt: eine vierköpfige Familie in einem kleinen Kaff in Kansas wurde ermordet. Capote reist nach Kansas, um eine Reportage zu schreiben, aber er ist so fasziniert von dem Fall und den Tätern, dass er beschließt, anstatt dessen ein Buch darüber zu schreiben. Es werde ein Meilenstein der modernen Literatur sein, verkündet er selbstsicher, bevor er überhaupt eine einzige Seite geschrieben hat. Dieser Capote ist eine zwiespältige Figur: auf Parties und bei öffentlichen Auftritten gibt er sich selbstsicher und fällt durch seinen Drang auf, sich zu profilieren, und mit seinen rhetorischen Fähigkeiten bildet er den Mittelpunkt jeder Abendgesellschaft. Im Privaten ist er ein anderer Mensch, er ist verunsichert und labil, manchmal bigott und link, aber vor allem fühlt er sich hin und her gerissen zwischen seinem Menschlichkeitssinn und seinem Bedürfnis, ein bedeutendes Buch zwecks Stillung seines exorbitanten Geltungsbedürfnisses zu verfassen. Das Geltungsbedürfnis des komischen Mannes obsiegt letztendlich: er wird das Buch verfassen, auch wenn er seelisch daran zu Grunde geht.
Philip Seymour Hoffman brilliert in dieser Rolle. Er porträtiert das Wesen und den komplexen Charakter des Truman Capote perfekt und stellt alle Facetten dieses Mannes glaubhaft dar. Aber auch Catherine Keener geht in ihrer Rolle auf und bildet einen ruhigen, besonnenen Gegenpol zu Hoffmans Capote.
Während seiner Recherchen zieht es Capote immer wieder in die Gefängniszellen der beiden Mörder. Besonders Perry Smith hat es ihm angetan. Er ist fasziniert von diesem zum Tode verurteilten Mann und fühlt sich zu ihm hingezogen. ``It's like Perry and I grew up in the same house, and one day he went out the back door and I went out the front``, erklärt er später. Capote entwickelt einen immer stärkeren inneren Konflikt, denn einerseits mag er Perry sehr, aber andererseits muss er diesen Mann benutzen und missbrauchen, um das Buch zu schreiben, welches ihm ewigen Ruhm bescheren wird. Capote erzählt Perry deshalb, er werde ihn vor der Todesstrafe bewahren, er werde ihm einen Anwalt besorgen, er sei für ihn da. In Wahrheit aber will Capote, dass Perry hingerichtet wird, denn er braucht ein gutes Ende für sein Buch. Also belügt und hintergeht er Perry, obwohl er diesen Mann außerordentlich mag. Sein Gewissenskonflikt lässt Capote in ein tiefes seelisches Loch stürzen, aus dem er nie wieder herauskommen wird.
``There wasn't anything I could have done to save them``, versucht er sich später einzureden. "Maybe, but the fact is you didn't want to“, entgegnet seine Jugendfreundin Harper Lee.

Was in diesem Film positiv auffällt, ist die phantastische Ökonomie seiner Erzählung. In knapp 100 Minuten drückt CAPOTE mehr aus, als andere Filme es in zweieinhalb Stunden tun. Dennoch wirkt das Ganze zu keiner Zeit überhastet oder platt. Im Gegenteil: es ist ein tiefsinniger und intelligenter und atmosphärisch dichter Film, der eine solche Intensität besitzt, dass man von ihm regelrecht gefesselt wird. Die Inszenierung ist ebenso hervorragend wie das Drehbuch oder das Spiel der Darsteller. Sehr beeindruckend ist auch die Bilddramaturgie von Adam Kimmel. Er baut eine unglaubliche Nähe zwischen Zuschauer und Filmgeschehen auf: Capotes Partyszenen sind teilweise aus gewisser Distanz mit Handkamera über die Schultern der umherstehenden Partygäste hinweggefilmt - ganz so, als stünde man selbst in der Gruppe, die sich um Capote gebildet hat. Mir gefiel, dass der Film einem immer wieder das Gefühl gibt, selbst dabei zu sein. Die Bilder sind dabei oft bedrückend, es dominieren ungesättigte Farben; Aufnahmen weiter, leerer Landschaften wechseln sich mit Bildern, die nahe ans Geschehen herangehen ab. Das Gesamtbild ist sehr stimmig. CAPOTE überzeugt sowohl auf darstellerischer als auch auf erzählerischer und filmischer Ebene. Was mich nur störte, war der unnötige Wechsel der Perspektive während der Exekutionsszene. Sie wird aus Perrys Sicht gezeigt , während der restliche Film gänzlich aus Truman Capotes Blickwinkel erzählt wird. Dieser unsaubere Wechsel der Perspektive war m.E. unnötig, da er so wirkt, als wollten die Filmemacher um jeden Preis noch schnell einen verurteilten Mörder viktimisieren, bevor der Film zu ende ist - vor allem wirkt diese Hinrichtungsszene übertrieben sentimental inszeniert. Ansonsten kann CAPOTE aber auf ganzer Linie überzeugen.

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