Review

 Der Text bezieht sich auf die englische Version mit 91 Minuten. Wobei andere verfügbare Fassungen durch die Bank alle noch kürzer sind. Die französische Wikipedia gibt immerhin 103 Minuten an, und wer weiß, vielleicht machen diese 12 Minuten den Unterschied aus. In dieser 91 Minuten-Version jedenfalls ist DER SEX TRINKT CHAMPAGNER ein eher abgestandenes Sodawasser mit dem Duktus eines Aufklärungsfilms: Die junge Carole, die vom Leben enttäuscht ist (langweilige Eltern, langweiliger Freund, langweiliger Job), entdeckt nach einem Unfall ihre Libido. Fortan wird ihr von ihrer Umgebung eingeredet, dass sie eine Nymphomanin sei, und sie glaubt dies bereitwillig und geht an dieser „Schuld“ fast zugrunde. Sie treibt es mit einer Gruppe Hippies am Strand, mit ihrer Chefin Myriel, mit Myriel und deren Lover Bruno, und im Zweifelsfall auch mal mit einem wildfremden Mann auf der Straße. Nach einem Selbstmordversuch landet sie allerdings wieder genau dort, wo sie angefangen hat: In der kleinbürgerlichen Muffigkeit eines sexfeindlichen Ehemannes und Arztes, der gemeinsam mit einem Priester versucht Carole zu „heilen“.

Klar, dass diese „Heilung“ mit dem Zeigen jeder Menge nackter Haut verbunden ist, und damit kommen wir zum verwendeten Begriff des Aufklärungsfilms. Der 50er-Jahre wohlgemerkt, denn die hier propagierte Moral, verbunden mit der ausgesprochen zeigefreudigen Sandra Julien, ist genau diejenige Moral, gegen die sich die vielgescholtenen „68er“ gewendet haben. Selbst eine ironische oder sarkastische Überhöhung vermag ich in DER SEX TRINKT CHAMPAGNER nicht zu entdecken, es bleibt beim ausgiebigen Zeigen Sandra Juliens unter dem Aspekt, dass dies ja alles ganz furchtbar verkommen und schmutzig ist. Die Narration, vorangetrieben durch ein Voiceover von Carole, welches ihre Gemütslage und die inneren Nöte auswalzt bis zum gehtnichtmehr, ist einfach bieder und unglaublich langweilig, und daran können auch die wunderschöne Kameraführung und die edlen Bilder nichts mehr ändern (Sandra Julien schaut aus wie Jennifer Jones in DAS LIED VON BERNADETTE und hat zumindest in den Kirchenszenen auch den gleichen Nimbus), genausowenig wie die teilweise überraschend sinnlich gedrehten Softsexszenen. Denn was zwischen diesen Szenen passiert steht Filmen wie zum Beispiel Alfred Brauns FRAUENARZT DR. BERTRAM in nichts nach: Spießig, langweilig, bieder, und auf eine bestimmte Art verlogen. Von dem Max Pécas, den ich bisher kennengelernt habe, hätte ich mehr erwartet als eine reine Fleischbeschau auf den Spuren von Helga und Oswald …


Details
Ähnliche Filme