„Ist doch nur 'n Spiel, paar Kugeln und 'n Stock...“
Der von Walter Tevis geschriebene Roman „The Hustler“ wurde im Jahre 1961 von Robert Rossen als das Billard-Drama „Haie der Großstadt“ verfilmt. Als Tevis 1984 eine Fortsetzung seines Romans nachreichte, verfilmte sie der US-amerikanische Ausnahmeregisseur Martin Scorsese („Taxi Driver“) nach Richard Prices Drehbuchadaption. Als besonderer Clou dieser späten Fortsetzung konnte Paul Newman („The Verdict“) gewonnen werden, seine in „Haie der Großstadt“ gespielte Rolle erneut zu bekleiden. An seiner Seite: ein junger Tom Cruise kurz vor seinem Durchbruch mit dem fragwürdigen Militärpropaganda-Vehikel „Top Gun“.
„Das war kein Pool, das war Zirkus!“
Einst war Fast Eddie Felson (Paul Newman) ein mit allen Wassern gewaschener Billard-Profi, mittlerweile verdingt er sich jedoch als Spirituosenhändler und managt nebenbei den Poolbillardier Julian (John Turturro, „Leben und Sterben in L.A.“) in der Bar seiner Freundin Janelle (Helen Shaver, „Amityville Horror“). Dort stößt er eines Tages auf den talentierten Jüngling Vincent Lauria (Tom Cruise, „Die Outsider“), der sich seiner Qualitäten noch gar nicht recht bewusst ist und vor allem keine Ahnung davon hat, wie er sein Talent in bare Münze verwandeln kann. Eddie glaubt, in Vincent sein eigenes jüngeren Ego zu erkennen, und möchte ihn fördern sowie zur Teilnahme an der Billardmeisterschaft in Atlantic City überreden. Gemeinsam mit Vincents Freundin Carmen (Mary Elizabeth Mastrantonio, „Scarface“) tingelt man von Stadt zu Stadt durch die verschiedensten Billardsalons, wo Eddie seinem Zögling beibringt, zunächst Untalent zu bluffen, um seine Gegner schließlich abzuziehen und so hohe Wetteinsätze zu gewinnen. Damit hadert Vincent jedoch, während zugleich Eddie wieder zur Freude am Spiel findet. Nachdem sich die Wege der beiden getrennt haben, steht man sich bei der Meisterschaft in Atlantic City als Gegner wieder gegenüber…
„Die Farbe des Geldes“ ist eine wunderbare Liebeserklärung an den Billard-Kneipensport, die mit vielen verdammt coolen, größtenteils tatsächlich von Newman und Cruise vollzogenen Spielszenen einhergeht, die von Scorseses deutschem Kamera-Chef Michael Ballhaus stilsicher hochästhetisch und faszinierend verewigt werden. Zugleich ist Scorseses Film eine Milieustudie, was den Stoff für ihn interessant gemacht haben dürfte. Durch die Bluffs beim Wetten befindet man sich in einer auch für Gangster interessanten Halbwelt mit ihren eigenen Regeln und Dynamiken. Und mehr noch ist „Die Farbe des Geldes“ eine klassische Geschichte über einen Schüler, der sich gegen seinen Mentor erhebt, um sich schließlich mit ihm auf Augenhöhe zu duellieren. Auf einer andere Ebene wiederum fungiert der ehrfurchterbietend schauspielernde Paul Newman als eine Art Lehrer für den noch jungen Tom Cruise, bevor dieser selbst zum Superstar avancierte.
Scorsese gelingt es, diese Geschichte knapp zwei Stunden lang derart routiniert und unterhaltsam zu erzählen und einem dabei die Figuren mit ihren ganz unterschiedlichen Charakteren nahezubringen, dass selbst Billard-Muffel eine gute Zeit haben dürften. Wer möchte, darf sich über Iggy Pops Gastauftritt freuen oder auch anhand Newmans Rolle über lebenslange Passion, das Älterwerden und das Verhältnis zwischen Alter und Jugend philosophieren. Oder man lehnt sich schlicht zurück und genießt einen für Scorsese-Verhältnisse relativ gefälligen Film, der die Durchschlagskraft seiner Meisterwerke vermissen lässt, vielleicht gerade dadurch aber einfach angenehme Zerstreuung bietet. Die dritte Option, durch diesen Film selbst der Billard-Faszination zu erliegen, dürfte jedoch auch auf nicht unbeträchtliche Teile des Publikums zutreffen…