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Weder ist „The Color of Money“ Tom Cruise („Days of Thunder”, „Collateral”), noch Paul Newmans („Butch Cassidy and the Sundance Kid”, „The Towering Inferno”) und erst recht nicht Martin Scorseses („Taxi Driver”, „Bringing Out the Dead”) bester Film. Trotzdem bleibt er ein Drama mit Klasse, guten Schauspielern und was heute leider selten geworden ist, eine logische Fortführung des Originals.

Paul Newman verkörperte bereits in „The Hustler“ den Billard-Meister Eddie Felson, einen Heißsporn, der an die Spitze wollte, aber nie mit seinen Lastern zurecht kam. Der Film erhielt seinerzeit neun Oscar-Nominierungen und wurde schließlich zweimal ausgezeichnet. Newman ging leer aus, erhielt aber 25 Jahre später für die gleiche Rolle seine verdiente Auszeichnung.

Kenner des Originals werden mit „The Color of Money“ mehr anfangen können, denn Eddie Felson hat sich so entwickelt, wie man es erwartet hat. Vom Kö lässt er die Finger, er altert relativ einsam, weiß aber mit Geld umzugehen. Als er im jungen Vincent (Cruise im „Top Gun“ - Jahr) nicht nur einen Rohdiamanten, sondern sich auch selbst in jungen Jahren entdeckt, beschließt er den schwierigen Dickkopf unter seine Fittiche zu nehmen und alle Kniffe beizubringen – natürlich stets auf seine eigenen finanziellen Vorteile bedacht.

Von Interesse ist hier vor allem, was so alles an Informationen aus der Billard-Szene im Film untergebracht wird. Von der sich dahinter verbergenden Philosophie, vor allem aber wie man das richtige Auge dafür entwickelt sich die lukrativsten Wettpartner zu angeln, zu bluffen und damit zu verlieren zu lernen, um dann, wenn der Einsatz hoch genug ist, richtig abzusahnen. Felson ist ein Spezialist auf diesem Gebiet. Auch wenn er seit Jahren nicht mehr spielt, kennt er sämtliche Tricks und versucht sie Vincent auf einer sechswöchigen Tour in Richtung Las Vegas beizubringen.

Ganz so einfach, wie er diesen Lehrgang geplant hat, geht die Reise aber nicht vonstatten. Vincent, zunächst nur zögerlich Eddies Angebot annehmend, kann sein Temperament nicht zügeln, will nicht freiwillig verlieren, äußert sich zwar stets lernwillig, hat jedoch nie seine Emotionen unter Kontrolle. Seine Freundin Carmen (Mary Elizabeth Mastrantonio, „The Abyss”, „ Robin Hood: Prince of Thieves”) ist dabei keine wirkliche Hilfe, weil sie ständig zwischen Liebe und Mammon hin- und hergerissen ist. Schließlich gibt es Felson auf, hat dafür aber die Liebe zum Spiel wiedergefunden, um gleich von Amos (ein junger Forest Whitaker, „Species“, „Ghost Dog: The Way of the Samurai“) nach genau der Masche abgezogen zu werden, die er Vincent lehrte.

Wirklich klasse sind hierbei natürlich die Billard-Spiele, die, in Nebenrollen von professionellen Spielern ausgeführt, so einige beeindruckende Stöße zu bieten haben. Bis auf eine Ausnahme (die springende Billardkugel) haben diese Wahnsinnsstöße übrigens Newman und Cruise auch selbst performt. Zu seinem Höhepunkt findet das Spektakel dann in einem prestigeträchtigen Turnier in Las Vegas. Kameramann Michael Ballhaus („Dracula“, „Outbreak“), der inzwischen auf sechs Zusammenarbeiten mit Scorsese zurückblicken kann, überzeugt dabei mit genialen Aufnahmen (sich in den Kugeln spiegelnde Spieler, episch anmutende Blicke auf leere Billard-Tische, etc.)

Bis dahin haben sich die Vorzeichen der Charaktere aber völlig vertauscht. Eddie will es noch einmal wissen und spielt um den Erfolg, während Vincent plötzlich nur noch des Geldes wegen spielt. Natürlich treffen beide im Verlauf des Turniers aufeinander: Lehrmeister gegen Schüler.

„The Color of Money“ mag etwas zu lang sein, wird mit jeder Menge toller Songs am Leben gehalten und gönnt seinen Charakteren jede Menge Platz. Insbesondere Eddie, der feststellen muss, dass ehemals geliebte Billard-Saloons in Wäschereien umgewandelt worden sind, sich nach einer Partnerin sehnt und schließlich wieder ein Ziel im Leben hat, wird dabei von Paul Newman absolut Oscar-würdig verkörpert. Da kommen die jungen Hüpfer Cruise und Mastrantonio hinten und vorn nicht mit.


Fazit:
Hin und wieder schweift Martin Scorsese zwar etwas aus, doch die verlorene Zeit holt er in den verrauchten Billard-Schuppen wieder rein. „The Color of Money“ ist vielleicht nicht der definitive Film zur beliebten Sportart, atmet aber seine Philosophie und bringt viel davon rüber. Die in ihren Motivationen sich später austauschenden Figuren bekommen hier genug Zeit, um ihre Charaktere offen zulegen. Damit ist „The Color of Money“ ein toll gespieltes und schick photographiertes Drama, das Scorseses Qualitäten (starke Charaktere, eine interessante Geschichte, tolle Optik) in sich vereint.

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