Geräusche und Pornographie
Wenn die Titelheldin in "Lilja 4-ever" zum wiederholten Mal mit ihrem Jesus-Christus-Ersatz als Engel sich ins Jenseits träumt, dann - mag Oksana Akinshina sonst noch so authentisch wirken - ist das einfach lächerlich. Zu lachen wird man in diesem Nachfolgefilm Moodyssons nichts haben, obwohl es auch hier um sexuelle Ausbeutung geht: man beobachtet das Treiben zweier verkommener Subjekte - nach außen hin homophob durch und durch, jedoch in deren Inneren enorm scharf aufeinander. Ihr Opfer ist ein nach allen Regeln des Realismus tumb gezeichnetes, bedauernswertes Mädchen, dem am Ende als angenommener pornographischer Höhepunkt nach all den gefilmten Doppelpenetrationen sich in den Hals übergeben wird. Wenn Sie das hier gelesen haben sehen Sie schon: "A Hole in my Heart" ist ein SEHR Drastischer Film und in der Tat der wahrscheinlich stärkste Tobak seit Pasolini tot ist.
Leider zeigt sich Moodyssons Film in seiner gesamten Perzeption von Pornographie als völlig ahnungslos bis Ressentiment-beladen: das Pornographie (heutzutage) "extrem" ist oder "extremer" wird ist schlicht und einfach ein konservativer Mythos - fantasiert vom Boulevard und hochnäsigen Feuilleton. Selbst ein grundsätzlich sexistischer Charakter sollte gegenwärtig wirklich nicht mehr angenommen werden.
Sicher ist Moodysson weit von den perfiden Unterstellungen eines Michael Haneke entfernt - die Richtung ist jedoch auch hier schon vorgegeben: der einzige der zu Erkenntnissen fähig ist, ist der sämtlichen Umwelteinflüssen erlegene Sohn eines der beiden Männer, welcher sich andauernd Noise-Musik reinzieht und schwere Kommunikationsdefizite aufweist.
Rating 7.5