„Moon river, wider than a mile…“
Hollywood-Komödienregisseur Blake Edwards („Unternehmen Petticoat“) adaptierte für seine 1961 veröffentlichte Liebeskomödie „Breakfast at Tiffany’s“ den gleichnamigen Roman Truman Capotes, womit ihm ein umjubelter, ikonischer Klassiker und bis heute verehrtes Stück Filmgeschichte gelang.
Holly Golightly (Audrey Hepburn, „Ein süßer Fratz“) gibt nach außen hin gern die mondäne Lebedame, bestreitet ihren Lebensunterhalt jedoch als Hostess, die sich an reiche Männer heranschmeißt, sich von ihnen aushalten lässt und die Flucht antritt, wenn es ihr zu ernst wird. In entsprechend vermögenden Kreisen verkehrt sie und schreckt auch nicht davor zurück, sich für Gefängnisbesuche eines Mafioso bezahlen zu lassen. Sie bewohnt ein New Yorker Appartement in einem Wohnblock, in den ein neuer Nachbar einzieht: Der unter einer Schreibblockade leidende Schriftsteller Paul Varjak (George Peppard, „Die Kellerratten“), dessen „Dekorateurin“ ihm die Unterkunft bezahlt. Holly und Paul lernen sich kennen, unternehmen gemeinsam verrückte Dinge und freunden sich an. Doch Paul will mehr: Er verliebt sich in die lebenslustige Holly, die jedoch viel wert auf ihren Lebensentwurf als ungebundenes Partygirl legt und viel lieber einen reichen Mann heiraten möchte – am besten den brasilianischen Millionär José da Silva Pereira (José Luis de Villalonga, „Die Liebenden“), mit dem sie bereits verlobt ist. Dass plötzlich Hollys Ex-Mann Doc Golightly (Buddy Ebsen, „Feuertaufe“) auftaucht und ihr geliebter Bruder Fred stirbt, vereinfacht die Situation nicht gerade. Doch Paul gibt sich nicht geschlagen und kämpft um Hollys Liebe…
Audrey Hepburns Rolle als Femme fatale auf der Flucht vor sich selbst und dem Milieu, aus dem sie ursprünglich stammt, ist in „Frühstück bei Tiffany“ besonders hinreißend und bezaubernd. Als Holly Golightly mit dem unsteten Lebenswandel und der namenlosen Katze, vom Luxusleben träumend und eine beinahe undurchdringliche Fassade aus stilvollen Oberflächlichkeiten vor sich hertragend, verkörpert sie so etwas wie den Archetyp der um sozialen Aufstieg bemühten jungen Frau, die die Spielregeln erkannt hat und sich bis zu einer gewissen Grenze selbst verkauft, um ihr Stück vom Kuchen abzukommen. Ehrliche Liebe und eine Beziehung zu einem „einfachen“ Partner auf Augenhöhe ist da natürlich nicht vorgesehen und würfelt alles durcheinander.
Nicht wenige dürften bereits die Erfahrung gemacht haben, dass zwei sich eigentlich Liebende nicht zueinander finden, weil „Sachgründe“ oder als unlösbar erachtete persönliche Probleme dagegensprechen – oder schlicht einer von beiden es nicht schafft, über seinen eigenen Schatten zu springen. Meist endet so etwas tragisch, so auch in Capotes Romanvorlage. Edwards‘ bzw. Drehbuchautor George Axelrods Adaption jedoch machten aus der Prostituierten einen unverfänglicheren Begleitservice und ergänzten die Handlung um ein Happy End, das verhindert, dass aus dem Film eine Tragikomödie wird – und natürlich für großes Schmachten im Kinosaal sorgte.
So wurde aus dem Stoff ein Abgesang auf die oberen Zehntausend, die glauben, sich alles kaufen zu können, auch die Zuneigung einer Frau wie Holly Golightly. Edwards inszenierte seinen Film zwar etwas arg langsam, kann jedoch von der Abwechslung von fröhlichen, lustigen Szenen und melancholischen Momenten profitieren. Letztere werden verstärkt von Henry Mancinis Komposition „Moon River“, die einen Oscar gewann und auch unabhängig vom Film ein weltbekannter Jahrhundertsong wurde. Für etwas Ärger sorgte Mickey Rooneys („Manuel“) Nebenrolle als chinesischer Nachbar Mr. Yunioshi mit Überbiss, dem Holly schwer auf die Nerven geht und der sich daher ständig über sie beschwert. Rooneys Rolle entspricht einer extrem klischeehaften Darstellung ostasiatischstämmiger US-Amerikaner und wurde teilweise als negativ konnotiert aufgefasst, sollte aber lediglich witzig gemeint sein. Da die Rolle offenbar tatsächlich nie feindlich oder gar rassistisch gemeint war, lässt sich darüber hinwegsehen.
So ist „Frühstück bei Tiffany“ zwar ein über weite Strecken nicht sonderlich aufregender Film, der aber auf schöne Weise ein bestimmtes Lebensgefühl einfängt und Audrey Hepburn ein Denkmal setzte – bestens geeignet, entschleunigt und ins Bett gekuschelt oder an den/die Partner(in) geschmiegt genossen zu werden.