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Nachdem Stanley Donen in "Königliche Hochzeit" noch mit Fred Astaire zusammengearbeitet hatte, griff er für "Singing in the Rain" wieder auf Gene Kelly zurück, mit dem er seinen ersten Film "On the Town" in Hollywood gedreht hatte. Betrachtet man die erfolgreichsten Tanzfilme Hollywoods ,so stehen sie immer im Zusammenhang mit einem dieser beiden herausragenden männlichen Tänzer. Während es eine Vielzahl sehr guter Tänzerinnen gab, wodurch deren Bekanntheitsgrad heutzutage wegen einer gewissen Austauschbarkeit gelitten hat, sind diese beiden Genre-Vertreter auch heute noch selbst einem Publikum vertraut, die Musicals normalerweise nicht bevorzugen.

Gerade "Singing in the Rain " kann bis heute auch Menschen begeistern, die äußerst selten ein Musical sehen und im Vergleich zu dem konventionelleren Genrewerk "Königliche Hochzeit", daß Stanley Donen zuvor inszenierte ,kann man die Gründe dafür erkennen.

Die sprichwörtliche gute Laune, die fast alle Musicals verbreiten sollten, ist natürlich auch in "Singing in the Rain" zu erkennen, genauso wie sich die Handlung an einer typischen Liebesgeschichte mit den gewohnten amourösen Verstrickungen entwickelt. Der bekannte Stummfilmstar Don Lockwood (Gene Kelly) begegnet zufällig der jungen Tänzerin Kathy Selden (Debbie Reynolds), die ihn mit kritischen Bemerkungen über das meist triviale Geschehen in den Stummfilmen konfrontiert. Lockwood dreht seine Filme immer mit der selben Partnerin Lina Lamont (Jean Hagen), die sich ausschließlich mit tragischen Liebesgeschichten kitschigster Machart beschäftigen. Als Lockwood kurz danach aber Kathy aus einer Torte herausspringen sieht, empfindet er deren leicht hochnäsige Kritik als ziemlich anmaßend und es kommt zu einer witzigen Auseinandersetzung, die die beiden persönlich näher bringt.

Leider hat auch Lisa Lamont ein Auge auf Don geworfen, dabei wohl Fiktion und Realität ihrer Filmstoffe verwechselnd. Denen geht aber auch langsam die Puste aus, da Ende der 20er Jahre in Hollywood der Tonfilm rasante Erfolge erzielt und die alten Stummfilmdramen an Zugkraft verlieren. Kurzfristig entschließen sich deshalb die Produzenten einen Tonfilm herzustellen, was aber ungeahnte Probleme aufwirft, denn die schöne Lamont hat eine Stimme wie ein quietschendes Gartentor und das will so gar nicht zu elegischen Liebesschwüren passen.

"Singing in the Rain" erzählt diese Story in einer schnellen Abfolge witzigster Szenen. Pointierte Dialoge und hervorragende komödiantische Schauspielerleistungen bis in die Nebenrollen hinein, lassen allein schon dadurch den Film zu einem großen Vergnügen werden, der sich einige ironische Seitenhiebe auf hollywoodsche Eigenarten leistet. Keine Sekunde täuschen die Macher darüber hinweg, daß der gesamte Film im Studio entstanden ist - selbst die Straßenszene mit dauerhaftem Regenguss, in der Gene Kelly "I'm singing in the Rain" singt und dazu tanzt ,ist von theaterartiger Kulissenkünstlichkeit.

Dadurch entsteht eine optische Symbiose aller drei Ebenen - die "reale" Geschichte mit den Problemen am Filmset und der beginnenden Beziehung zwischen Kathy und Don, die gedrehten Filmszenen zwischen Don und Lina und den Traumsequenzen, in denen Don eine große Musicalinszenierung vor Augen hat. In sämtlichen Ebenen sind immer wieder Gesangs- und Tanzeinlagen integriert, die nie künstlich hinzugefügt wirken, sondern immer fester Bestandteil der Story sind. So gibt es Tanzszenen wie das überragende Solo von Dons Freund Cosmo (Donald O'Connor), die direkt inhaltlich weiterführen und selbst die lange Musicaleinlage - Bestandteil fast jeden Films dieses Genres - wirkt durch seine zentrale Anordnung hier nicht wie ein theatralischer abschließender Höhepunkt.

Doch alle diese inszenatorischen Qualitäten , die mit "Singing in the Rain" ein neues Zeitalter einläuteten und für später entstandene Musicals den Maßstab vorgaben, wären nichts ohne die überragenden künstlerischen Leistungen. Deren Qualität erkennt man auch daran, daß hier neben Gene Kelly mit O'Connor ein weiterer überragender männlicher Tänzer auftritt, der hier den witzigen Sidekick gibt. Auch bei den Tänzerinnen gibt man sich nicht mit der quirligen Reynolds zufrieden, sondern verpflichtete für die Traumsequenz noch die mondäne Cyd Charisse, die später selber mehrere Hauptrollen spielte. Und während in Donens Vorgängerwerk "Königliche Hochzeit" die tänzerischen Szenen ebenfalls sehr gut sind, können hier auch die Songs überzeugen, die größtenteils der schmissigen, fröhlichen Stimmung untergeordnet sind, wie Cosmos "Make 'em Love".

Fazit : herausragendes Genrewerk, daß mit seiner Verschmelzung von Story, Gesang und Tanz einen neuen modernen Stil entwickelte, der bis heute den Maßstab vorgibt. Zusätzlich kamen hier eine Vielzahl glücklicher Faktoren zusammen - ein junger, elegant inszenierender Regisseur, überragende Tänzer und Tänzerinnen, schmissige, eingängige Musik, die gut ausgewählt wurde ( so stammt der titelgebende Song aus dem Jahr 1929) und nicht zuletzt eine amüsante Story, die schon für sich in ihrer ironisch gefärbten Ausgestaltung überzeugen kann.

Gene Kelly, der den Film gemeinsam mit Donen inszenierte und für die Chorografie zuständig war, verkörpert diesen Umbruch zur Modernität im Vergleich zu seinem filigraneren, eleganten Vorgänger Fred Astaire. Er ist sportlich kräftiger und legt in seinen Choreografien weniger Wert auf klassiche Elemente, sondern auf Dynamik und Geschwindigkeit. Dazu sind sie stärker von Elementen des "Modern Dance" durchzogen. Welchen Tänzer man als Zuschauer bevorzugt, spielt keine Rolle, da beide in ihrer Art einmalig sind, aber für das Musical "Singing in the Rain" war Kelly sicherlich der kongeniale Tänzer (10/10).

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