Review

Zweiteiliger TV-Film nach Homers Heldendichtung.

Am Tag der Geburt seines Sohnes Telemach muß Odysseus (Armand Assante), der König von Ithaka, in den Trojanischen Krieg ziehen. Und dort bleibt er dann ersteinmal eine ganze Weile:
Erst nach 10jähriger Belagerung gelingt es den Griechen, mit Hilfe des von Odysseus ersonnenen "Trojanischen Pferdes", die uneinnehmbare Stadt zu erobern.
Nach seinem Erfolg wird der Gute hochmütig, und deshalb wird er vom Gott Poseidon zu langen Irrfahrten verdammt, in deren Verlauf er vom Zyklopen bis zur exotischen Nymphe Kalypso alle möglichen mythologischen Personen und Ungeheuer trifft und darüberhinaus das Dilemma des aufgeklärten Menschen bewältigen muß, der, indem er den Glauben an die Götter verliert oder meint, diese nicht mehr zu brauchen bzw. ihnen und somit auch der Natur überlegen zu sein, sich von sich selbst und seinen Wurzeln entfremdet. In diesem Sinne ist die Odysse gewissermaßen ein Selbstfindungsprozeß des Helden, der seine Geschichte ja auch selbst erzählt.
Unterdessen muß sich seine Gattin Penelope (Greta Scacchi) einer Horde von lästigen Freiern erwehren, die ihr die Vorräte wegfressen und die Mägde besteigen.
Als der Held dann endlich irgendwann eingesehen hat, daß "der Mensch nichts ist ohne die Götter", darf er heimkehren und in einem infernalischen Gemetzel die schurkischen Freier abmurksen, die ihm "seine Welt" (Heim und Familie) stehlen wollen, also genau den Herrschaftsbereich, der ihm von den Göttern zugedacht ist.
(und nebenbei auch die "klassischen" amerikanischen Werte...)

Mit einer Gesamtlänge von fast 3 Stunden ist Konchalovskys Film selbst schon beinahe eine Odyssee, die jedoch durchaus sehenswert ist.
Die Geschichte wird linear und chronologisch erzählt, wobei trotzdem die Werktreue weitgehend gewahrt bleibt.
Kostüme und Ausstattung sind möglichst authentisch und geschichtlich korrekt (irgendwo zwischen Bronze- und Eisenzeit); kein Wunder, daß THE ODYSSEY zur bis dato teuersten Fernsehproduktion wurde.
Wunderschöne Landschaftsaufnahmen und gelungene Spezialeffekte (Skylla und die an den Sandwurm in DUNE erinnernde Charybdis) sowie eine erstaunliche Anzahl erstklassiger Schauspieler, z. T. in winzigen Nebenrollen(Christopher Lee, Jeroen Krabbe, Vanessa Williams, Isabella Rosselini, u.v.m) garantieren erstklassiges Fernsehvergnügen.
Doch der Film hat auch eindeutige Schwachpunkte zu beklagen:
Zunächst ist und bleibt THE ODYSSEY eben ein TV-Film, weshalb er mit den Schwächen, die das Medium so mit sich bringt, fertigwerden muß. In Scope sehen Digitaleffekte eben besser aus, und alle Viertelstunde eine Werbeunterbrechung ist auch nicht gerade der wahre Jakob.
(auf Video/DVD wird nur regelmäßig ausgeblendet, was aber auch mitunter den Erzählfluß stört).
Der leidliche Stereoton und die minimalistische Musik, die man ohnehin beinahe nicht wahrnimmt, machen ebenfalls klar, daß man nicht im Kino sitzt; ein etwas wuchtigerer Soundtrack hätte es schon sein dürfen.
Darüberhinaus neigen einige Schauspieler, besonders die Gefährten Odysseus, zu gnadenlosem Overacting, was mitunter ziemlich lächerlich wirkt.

Doch massig Action, mitunter ziemlich drastisch (der Freiermord!), eine Prise Humor sowie ein Schuß Erotik (Kalypso, Circe) sorgen für leider etwas zu Oberflächliche, aber nichtsdestotrotz gelungene Unterhaltung, die nicht umsonst mit dem EMMY ausgezeichnet wurde.

Anmerkung: Wäre THE ODYSSEY ein Kinofilm, müsste man natürlich wesentlich härter mit ihm ins Gericht gehen.

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