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Nun ist es also soweit. Das aus der B-Movie-Schmiede Nu Image gewachsene Studio Millennium Films hat seinen ersten, ausgereiften Film produziert, der eigentlich auf den Prüfstand Kino gehört hätte, um sich, wenn auch nur mit limitierter Kopienzahl, endlich die Bestätigung zur Tauglichkeit abzuholen, was gerade angesichts anstehender Projekte wie „Rambo IV“ im nächsten Jahr wichtig gewesen wäre.
Doch es sollte nicht sein. Man verblieb wieder bei einem direct to dvd – Release. Warum? Keine Ahnung. Denn „Edison“ ist der wohl erste Streifen von Millennium Pictures, der die Qualitäten für eine Kinoauswertung mitbringt. Nach Jahren kostengünstig gedrehter Filme scheint die Kapitalanhäufung nun endlich Früchte zu tragen. Avi Lerner, Randall Emmett, George Furla und ihre Mannen sind aus dem B-Segment ausgebrochen und können hierauf stolz sein.
Ohne Fehl und Tadel ist „Edison“ mit Sicherheit nicht, doch er bringt alle Voraussetzungen eines potentiellen Kinofilms mit sich.

Der hierfür auch das Drehbuch verantwortende Regisseur David J. Burke, bisher vorrangig fürs Fernsehen tätig, liefert jedenfalls einen spannenden Großstadt-Thriller in der fiktiven Stadt Edison (by the way: in Vancouver gedreht), eine wirtschaftlich florierende, aufstrebende U.S. – Metropole, ab. Seine Geschichte um Korruption, die, politisch organisiert und gelenkt, sich strukturiert von den regierenden Stadtvätern bis zu den Cops der Straße zieht und von einem idealistischen Nachwuchsreporter enthüllt zu werden droht, gehört fraglos nicht zu den innovativsten Prämissen der letzten Jahre, bietet jedoch einen spannenden Hintergrund für einen Thriller, den auch der beeindruckend große Namen mit sich führende Cast mitträgt.

Den Stein ins Rollen bringt das einfache Wort „Danke“. Genau dies flüstert der Angeklagte Charles dem den Zeugenstand verlassenden Polizisten Deed (LL Cool J, „Deep Blue Sea“, „Mindhunters“) zu. Für den die Verhandlung besuchenden, jungen Reporter Joshua Pollack (Justin Timberlake, „Alpha Dog“) klingt dies nach einer vielversprechenden Geschichte und er beginnt entgegen des Ratschlags seines Chefs Ashford (Morgan Freeman, „Unforgiven“, „Se7en“) nachzuforschen, um wenig später ungeheuerliche Vorgänge innerhalb der Polizeibehörde auf die Spur zu kommen. Noch ahnt er nicht, dass er nur einen kleinen Teil kennt...

In Folge entwickelt sich „Edison“ zu einem weitestgehend handelsüblichen Thriller, wie man in ihm Subgenre Cop-Thriller in den letzten Jahren öfter ähnlich sah. Pollack beginnt sich in seine Recherchen zu stürzen und holt sich Ratschläge beim kauzigen, nicht arrogant, doch wohl altklugen Ashford, für ihn eine Art Mentor, ab. Der Pulitzer-Preis-Träger und Inhaber einer kleinen Lokalzeitung folgt nur ungern den unbequemen Gedankengängen des forschen jungen Mannes, sorgt dann letztlich jedoch für den Kontakt zu Ermittler Wallace (Kevin Spacey, „Se7en“, „L.A. Confidential“) und gibt seine passive Haltung damit auch auf.

Der anfangs gemächlich erscheinende Plot zieht, sobald die Prämisse aufgebaut worden ist und Deed genug Zeit zur Profilierung gegeben worden ist, das Tempo an und wird auch wesentlich spannender. Die fehlende Kooperationsbereitschaft der F.R.AT. (Fast Response Assault and Tactical) gebärt Misstrauen, Ashford scheint mehr zu wissen, als er gegenüber Pollack preisgeben will, was dessen persönlichen Ansporn nur noch quadriert und nebenher fügt sich noch Deed selbst homogen in die Geschichte mit ein, nachdem er Pollack und seiner Freundin (Piper Perabo, „Coyote Ugly“, „The I Inside“) zur Hilfe eilt, als diese nach einem Discobesuch krankenhausreif geprügelt werden und er ungewollt ein wichtiger Faktor für die wenig später als Trio fungierenden Ashford, Wallace und Pollack wird.

Wohl auch weil Burke seitens der Produktionsleitung vermutlich die Vorgabe erhielt, eine Nettolaufzeit von 90 Minuten nicht zu überschreiten, um sich nicht in Details zu verstricken, bleibt „Edison“ im weiteren Verlauf einiges an politischen Hintergründen schuldig und konzentriert sich lieber auf die Figuren, wobei ständig der unentschlossene Deed die Interessanteste bleibt. Als Fremdkörper in der renommierten F.R.A.T., die den guten Ruf genießt die Stadt vom Verbrechen gesäubert zu haben, sehnt er sich nicht nach einer verordneten Inspektion (Puff-Besuch für Cops) sondern einer Existenz, geht notfalls im Gegensatz zu seinen Kollegen nicht über Leichen, sucht stattdessen Auswege und zeigt sich bei Razzien immer wieder erstaunt, wie wenig sich seine Kollegen, immerhin das Gesetz vertretend, um das Leben ihrer Ziele scheren und Geldbündel in die eigene Tasche wandern lassen.
LL Cool J selbst, den ich als einen der wenigen Musiker stets gern in Filmen sehe und auch das Zeug zum Schauspieler bescheinige, darf natürlich auch obligatorisch seinen muskelbepackten Körper stehlen, hinterlässt gleichzeitig in seiner Rolle als mit Gewissensbissen und Moral konfrontierter Cop jedoch einen überraschend souveränen Eindruck.

Seine Hausaufgaben hat neben ihm auch Burke gemacht, der seinen Großstadt-Cop-Thriller zeitgemäß mit vielen, düsteren Farbfiltern die Atmosphäre eintrimmt, gerne nächtliche Skylines oder Neonlichtermeere zeigt und selten mit aufdringlichen Stilmitteln fungiert. Ein wenig Splitscreen sind schon das Äußerste, ansonsten verlässt er sich gern auf nächtliche Szenarios und seinen Plot.

Der beginnt kurz vor Filmmitte dann auch endlich richtig Tempo zu entwickeln. Pollack, der schon längst zuviel weiß und nicht aufgeben will, schwebt in Lebensgefahr, F.R.A.T. – Cop Lazerov (Dylan McDermott, „Hamburger Hill“, „Hardware“) erwächst aufgrund seiner folgeträchtigen Panikreaktionen zu einem seine Nerven verlierenden, unkontrollierbaren Risiko für die Abteilung und schließlich muss auch Deed für sich eine Entscheidung treffen, welchen Weg er denn nun einschlagen will. Dies alles hätte insgesamt mehr Zeit verdient, wirkt zu wenig dramatisch und zu kurz abgehandelt. Das Tempo des Films stimmt, nur die Details nicht immer. Das alsbald auf den Fall aufmerksam werdende FBI bleibt komplett ungenutzt und Pollacks Regeneration im Landhaus mit anschließender Flucht will sich beispielsweise nicht vollends in den Film einfügen. Es sind jedoch wirklich Kleinigkeiten die nicht stimmen. Ein „Training Day“ beispielsweise kreierte neben einer unvergesslichen, egozentrischen Figur auch einen unvorhersehbaren Verlauf und eine irre, urbane Atmosphäre mit Gänsehaut-Style. David J. Burke backt da kleinere Brötchen. Muss er wohl auch.

Jedenfalls bis zum Ende, denn dort treten nach einer Autoverfolgungsjagd Deed und Pollack mit einem Kofferraum voll diverser Kaliber (MP, Shotgun, Flammenwerfer !!) in einem toll gefilmten Showdown gegen die ganze Armada einer Polizeieinheit an. Diese letzten Minuten führen den vorrangegangenen Plot eigentlich ad absurdum, sind allerdings ein rassiges Actionspektakel mit viel Mündungsfeuer, schrottreifen Autos, fast schon inflationär spritzendem Blut, zerquetschten Körpern und einem Journalisten, der plötzlich beidhändig feuern kann.

Über die Qualitäten von Morgan Freeman, wie immer unantastbar und mit schauspielerischer Klasse, die ihm wohl nie wieder abgeht und Kevin Spacey, der souverän agiert, aber so schrecklich viel nicht zu tun hat, braucht man eigentlich kein weiteres Wort verlieren, denn sie veredeln den Film unendlich und ziehen Justin Timberlake in seiner, ich würde behaupten ersten, wichtigen Rolle ein wenig mit. Soweit her ist es bei dem Sänger mit der Schauspielerei nicht, doch er meistert seinen Part nicht gänzlich untalentiert, ohne zu glänzen. Mit ein wenig Unterricht dürfte aus ihm ein passabler Darsteller zu machen sein. Ihm fehlen die Emotionen, die forsche Neugier und die Aufdringlichkeit, die sein Ego Pollack mitbringen sollte, ein Totalausfall ist er aber wirklich nicht.
In weiteren Nebenrollen sind übrigens noch „Saw“ – Star Cary Elwes („Robin Hood: Men in Tights“) als Schmierlappen und, für den B-Action-Fan nicht ganz uninteressant, ebenso Bryan Genesse („Human Timebomb“, „Sometimes a Hero“) zu sehen.

Fehlende Originalität muss sich „Edison“ sicherlich vorwerfen lassen. Auch der Bezug zu einer realen Großstadt wie beispielsweise New York hätte zusätzlich noch einmal etwas Brisanz in die Geschichte bringen können. Mehr Tiefe, besonders in Bezug auf die Hauptcharaktere hätte die Klasse, da bin ich mir sicher, des Films noch mal gesteigert, doch auch so bleibt immer noch ein unterhaltsamer Thriller übrig, dem der Eintritt in die Königsklasse verwehrt bleibt, weil es letztlich an der Portion Unverkennbarkeit mangelt. Denn Akzente setzt der Film innerhalb seines Genres nicht. Diese Ambitionen werden allerdings auch nie gehegt.

David J. Burke versteht es sein kreative Mängel aufweisendes Skript ansprechend zu verpacken. Er liefert von Prügeleien bis Schießereien regelmäßige Actioneinlagen und hat auch ganz klar ein Händchen für eine sehr ansprechende Optik.
Sein immens prominenter Cast spielt ihm dabei auch zu, was wiederum zur Folge hat, dass der zu wenig Preis gebende Einstieg sich etwas hinzieht. Dramaturgisch kann „Edison“ letztlich auch soviel nicht reißen, weil vieles von dem was geschieht innerhalb des Genres mindestens zweimal pro Jahr so abläuft. Seit „Training Day“ scheint diese Art von Filmen wieder zu florieren, nur leider bleiben die Inhalte meist gleich.


Fazit:
Wer sich nun völlig unvoreingenommen einen unterhaltsamen Cop-Thriller ohne echten Tiefgang anschauen will, der ist bei „Edison“ genau richtig. Freilich ist es auch möglich den Film anhand des zu oberflächlichen Drehbuch zu zerlegen, doch eine genreinterne Revolution wollte der Film ohnehin nicht für sich in Anspruch nehmen.
Damit sei er als Geheimtipp aus der Videothek empfohlen, denn so schrecklich viel hört man von dem Film hierzulande ja leider nicht. Der Cast spielt, was angesichts der Namen auch kaum verwundert, wirklich gut. Nur bei Justin Timberlake müssen leicht Abstriche vorgenommen werden. Ansonsten handelt es sich hier jedoch um einen knackigen, schick inszenierten Neunzigminüter, der in einem expandierenden Schusswechsel gipfelt, der nicht so ganz zum vorrangegangenen Film passt, jedoch toll umgesetzt wurde. David J. Burke inszeniert atmosphärisch und dazu so, dass der Zuschauer sich in ansprechenden Schauplätzen satt sehen kann, kontrolliert sein wenige Überraschungen bietendes, dafür aber längenloses Drehbuch souverän und empfiehlt sich für weitere Filme. Mit einem komplexeren und tiefgründigeren Drehbuch wäre hier mehr drin gewesen, da bin ich mir sicher.
Nichtsdestotrotz ab jetzt DAS Aushängeschild für Millennium Films und hoffentlich der Grundstein für weitere Film mit diesen Qualitätsprinzipien. „The Black Dahlia“ und vor allem „16 Blocks“ (Bruce Willis unter Richard Donner) dürfen kommen.

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