Review

*** Ein Absatz enthält Spoiler und ist entsprechend markiert ***


Der britische Diplomat Robert Conway und einige andere Fremde flüchten mit einem Flugzeug vor Revolten in China. Doch statt der Rettung erleben die Flüchtenden einen Absturz im Himalaya-Gebirge und haben dabei Glück im Unglück. Von einer Gruppe werden sie zu einem versteckt in den Bergen gelegenen Ort namens Shangri-La gebracht. In diesem Tal herrscht Frieden und Genügsamkeit, geradezu paradiesische Zustände. Während sich Robert schnell mit dem dort herrschenden Zustand arrangiert, hegen seine Mitreisenden mehr oder weniger Zweifel an der Vollkommenheit des Ortes.

Und so gibt es in diesem von Frank Capra nach dem Roman von James Hilton inszenierten Abenteuer natürlich bald diverse Spannungen zwischen den Überlebenden des Absturzes. Unterschiedliche Charaktere, die unterschiedlich auf die neue Situation reagieren, Fragen stellen und Antworten suchen. Allerdings hält man für diese Situation das Konfliktpotential relativ flach.
Dabei ist die offene und pazifistische Haltung von Robert Conway von Beginn an bemerkenswert, transportiert der Film über ihn doch gleich eine friedliche Grundhaltung, die angenehm vernünftig anmutet. Und dem Film im Laufe seiner Existenz diverse Kürzungen einbrachte, da er sich so schlechter für Propagandazwecke eignete.
Aus seiner Haltung, auch in Gegenüberstellung zu der Gesellschaft in Shangri-La, ergibt sich manche Kritik am westlichen Lebensstil, der Zivilisation mit ihrer stressigen und feindseligen Art. Dies sickert immer wieder durch, verstärkt durch den sich damals anbahnenden Zweiten Weltkrieg. Doch zerstört Misstrauen nicht jedes Paradies? Denn so, wie sich manche Figuren wandeln, eskalieren andere.

Und das wirkt wie eine unpassende Eruption in diesem ansonsten gemächlich inszenierten Film, dessen Tempo aber durchaus als Stärke zu werten ist. So strahlt nicht nur dieser mystische Ort eine Ruhe aus, Capra transportiert diese auch durch die Inszenierung weiter. Dennoch trüben ein paar Elemente das Vergnügen etwas, wenn auch nicht entscheidend. Neben Roberts anstrengendem Bruder George erwarten die Leute auch immer wieder, dass Robert alle Antworten parat hat. Das Einbringen von modernen Ideen in diese funktionierende Gemeinschaft hätte gerne auch kritischer beleuchtet werden dürfen und dass alle Englisch reden, ist ja klar. Ebenso das Verhältnis zwischen Einheimischen und den westlichen Gästen oder das „Wer-bekommt-die-Frau“-Gespräch. Irritierende Kleinigkeiten, zu betrachten in der Entstehungszeit, das Seherlebnis aber nicht zerstörend.

Allerdings passiert kurz vor Ende etwas, was dem Film leider einen herben Schlag versetzt. Daher enthält der folgende Absatz einen

!!! SPOILER !!!
Denn Robert, gedrängt von seinem sich nie mit diesem Ort abfindenen Bruder, macht sich tatsächlich auf und verlässt mit George und dessen Flamme Shangri-La. Es mutet wie eine Kurzschlussreaktion an und ergibt wenig Sinn. Man mag meinen, dass es die Sorge um seinen Bruder ist oder dass er Reste von Zweifeln (z. B. In Bezug auf das Altern außerhalb) ausräumen will. Und dennoch – nach den letzten fast zwei Stunden und nach allem, was man über Roberts Charakter und seine Ansichten gelernt hat, passt dieses Verhalten einfach nicht zu ihm. Zwar kommt er am Ende wieder zurück, dennoch ist diese Wendung unnötig und rein auf eine dramatische Zuspitzung zurückzuführen, die man hineingezwängt hat. Kommt im Buch ähnlich vor, macht die Sache aber auch nicht besser.
!!! SPOILER ENDE !!!

Das hinterlässt einen ärgerlichen Beigeschmack, dabei hat "Lost Horizon" insgesamt viel Gutes zu bieten. Angefangen von dem Ensemble, aus welchem Ronald Colman als Robert Conway heraussticht. Der Rest legt eine für seine Zeit typische Art an den Tag und dass John Howard als George Conway schnell auf die Nerven geht ist wohl beabsichtigt.
Visuell ist "Lost Horizon" hübsch inszeniert, sollte sogar farbig werden. Doch da die verwendeten Archivaufnahmen der gezeigten Bergmassive in Schwarzweiß vorlagen, wurde es der Rest des Films auch. Ebenso war das angedachte Verfahren des "three-strip Technicolor" damals noch ziemlich teuer und so bleib Capra aufgrund des Budgets nur die farblose Variante. Doch auch in dieser kommt das Produktionsdesign gut zur Geltung, die Bauten sind allesamt sehenswert gestaltet.

Robert Conway ist eine beneidenswerte Figur. Mit Idealen ausgestattet findet er tatsächlich einen Platz, zu dem er sich zugehörig fühlt. Das kann nicht jede/r für sich behaupten. Am Ende bleibt ein teils bildgewaltiger Film, der mit einer ansprechenden Utopie spielt. Nicht frei von kleinen Längen, insgesamt aber unterhaltsam. Leider gegen Ende mit einer unverständlichen Wendung versehen, die sauer aufstößt und deplatziert wirkt. Dennoch ein sehenswertes Abenteuer, alleine schon aufgrund seiner Botschaft.
Und diese bleibt hoffentlich im Gedächtnis. "Be kind."

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