Samuel Foley, einer der Senatoren von Montana, verstirbt überraschend, ein Ersatz muss her. Das Dumme daran: Foley war verwickelt in schmutzige Geschäfte, an denen auch sein Kollege Joseph Paine sowie Hubert Hopper, der Gouverneur, beteiligt sind und hinter denen der stinkreiche und mächtige Geschäftsmann Jim Taylor steckt. (Konkret geht es um den unnötigen Bau eines Staudammes, der Unsummen von Steuergeldern verschlingen würde.)
Der neue Senator soll da auf keinen Fall dazwischenfunken und deswegen ernennt Hopper, durch seine Kinder auf die Idee gebracht, den Pfandfinderführer Jefferson Smith, der zum einen als lokale Berühmtheit mit sauberem Image die Sympathien der Bevölkerung auf seiner Seite hat, zum anderen aber politisch völlig unbeleckt und so naiv wie leichtgläubig und damit mutmasslich die perfekte Marionette ist. (Kommt hinzu, dass er Paine, ein Jugendfreund seines inzwischen toten Vaters, über alles bewundert.)
Smith geht also mit nach Washington, wo sich seine anfängliche Begeisterung schnell legt, als er von der Presse als bedeutungsloser Hanswurst hingestellt wird. Um das Gegenteil zu beweisen, strengt er die Einrichtung eines nationalen Jugendcamps an, das von der amerikanischen Jugend auf freiwilliger Basis finanziert werden soll. Allerdings sucht er sich als Lageplatz ausgerechnet das Tal aus, in welchem Taylors Damm entstehen soll. Als er diesem Projekt in der Folge auf die Schliche kommt, will er den Senat darauf aufmerksam machen.
Bevor er aber so weit kommt, beschuldigen ihn seine korrupten Gegner, sich bei dem Geld der Jugendlichen bedient zu haben, und streben ein Amtsenthebungsverfahren an. Um dieses zumindest vorläufig zu blockieren, bleibt Smith nur die Möglichkeit des Filibusters, einer Endlosrede. Inzwischen setzt seine Sekretärin Clarissa Saunders alles daran, Smiths Unschuld zu beweisen und die wahren Verbrecher zu entlarven, kommt aber selbst mit der Hilfe von Montanas Pfandfindern kaum gegen den Machtapparat Taylors an…
Dieser Film von Frank Capra (IT HAPPENED ONE NIGHT, MR. DEEDS GOES TO TOWN, IT’S A WONDERFUL LIFE) ist eine bemerkenswerte Mixtur von zynischer Gesellschaftskritik einerseits (die korrupten Kräfte im Weissen Haus werden als praktisch übermächtig dargestellt und nicht nur die Politiker und ihre Angestellten, sondern auch die Presse stehen dem mehr oder weniger gleichgültig gegenüber) und einem fast schon penetrant naiven Hochhalten demokratischer Ideale andererseits, das beispielsweise in einer minutenlangen Montagesequenz mit Washingtons Monumenten und wehender amerikanischer Flagge zelebriert wird (in der Szene schaut Smith sich das erste Mal in der Hauptstadt um). Und da sind natürlich der Filibuster und das Happy End, bei dem Smith nicht nur die anfangs zynische Saunders, sondern auch alle anderen mit seinem Idealismus angesteckt hat und Paine schlussendlich so weit ins Gewissen redet, dass dieser alles gesteht.
Aber so naiv der Streifen auch ist, er ist trotzdem sehr lustig (natürlich vor allem da, wo Smiths entwaffnende Nettigkeit mit der Abgebrühtheit der anderen kollidiert) und wird im furiosen Finale sogar verdammt spannend, wenn Smith in einer wahren Tour de Force seine Rede hält, während seine Freunde den hoffnungslosen Kampf gegen Taylor aufnehmen (und der Kerl hat nicht nur alle Medien hinter sich, sondern schreckt selbst davor nicht zurück, seine Männer Pfadfindern auf den Hals zu hetzen – heftig beispielsweise die Szene, in welcher seine Schergen mit dem Auto einen Wagen der Kinder von der Strasse drängen).
Bemerkenswert ist die hervorragende schauspielerische Leistung von James Stewart (IT’S A WONDERFUL LIVE, REAR WINDOW, THE MAN WHO SHOT LIBERTY VALANCE), für die er zu Recht für den Oscar nominiert war (gewonnen hat er den Goldjungen aber erst für THE PHILADELPHIA STORY ein Jahr später). Er überzeugt sowohl als freundlicher, idealistischer Naivling (der heftig desillusioniert wird) als auch in seiner finalen Rede, in welcher er seine zunehmende Erschöpfung (inklusive fortschreitender Heiserkeit) fast schon erschreckend realistisch rüberbringt. Wie gesagt: Eine hervorragende Leistung.
In der weiblichen Hauptrolle haben wir Jean Arthur (THE MYSTERIOUS DR. FU MANCHU, SHANE), berühmt durch ihre Quäkstimme, hier zu sehen als Clarissa Saunders, eine anfängliche Zynikerin, die sich nicht nur in Smith verguckt, sondern durch ihn auch geläutert wird. Den Senator Paine gibt Claude Rains (CASABLANCA), als Erz-Bösewicht tritt Edward Arnold (THE DEVIL AND DANIEL WEBSTER) auf.
MR. SMITH GOES TO WASHINGTON ist vielleicht einen Tick zu naiv (vielleicht mit Absicht, um einen satirischen Effekt zu erreichen?), aber trotzdem sehr lustig, sehr spannend und wird getragen von einem ausgezeichneten Hauptdarsteller. Sollte man mal gesehen haben…