Review

Es ist auch mal schön, einen Film jenseits des Glamours von Hollywood zu sehen. Denn „Vier Brüder“ beinhaltet alles das, wovor die Filmmetropole normalerweise Angst hat. Eine gnadenlose Story, harte Action und vulgäre Ausdrücke sprechen die Massen eigentlich weniger an – trotzdem wurde der Film zum Überraschungserfolg in Übersee. Die Deutschen können ja mit so einem Stoff wenig anfangen, herrschen hier doch lange nicht solche Verhältnisse wie auf den Straßen mancher US-Großstädte. Dennoch sollte man einen Blick in diesen modernen Western riskieren. Denn wie wir alle wissen, findet das richtige Leben nur auf der Straße statt.

Nachdem ihre Adoptivmutter bei einem Raubüberfall erschossen wird, finden die vier Brüder Bobby, Jeremiah, Angel und Jack zusammen und wollen den Mörder zu finden. Nachforschungen im Ghetto bringen die Brüder auf die Spur höchster Kreise.
Klar muss man mit Logiklöchern rechnen, aber der Plot ist dennoch spannend und erinnert an frühere Western. So sind die harten Kerle weicher als mancher dachte, Emotionen wird nicht aus dem Weg gegangen und auch die Charaktere sind vielschichtig und keineswegs eindimensional. Ob man die Selbstjustiz moralisch vertreten kann ist eine andere Frage, aber wer den Sinn der Handlung versteht, versteht auch die Reaktion der Brüder. Des Weiteren baut der Film inmitten von Detroit eine kühle und abwechslungsreiche Atmosphäre zwischen hartem Realismus und Witz auf, was auch beim Zuschauer zu Gefühlsschwankungen führt. Hier liegen Mitgefühl und Unterhaltung ganz nahe beieinander.
Auch die Action ist realistisch und abwechslungsreich inszeniert. Die Schießereien mit Pumpguns und ähnlichem befriedigen nicht nur den Waffenarr, sie sind auch ansehnlich und flüssig realisiert worden. Blutige Einschusslöcher sind ebenso keine Seltenheit wie harte Faustkämpfe – eben richtig oldschool.

Galt Mark Wahlberg bisher als eher Weich- bzw. Schönling, legt er dieses Image hiermit ab. Als Anführer der Truppe überzeugt er auf ganzer Linie und kann seiner Rolle Tiefgang vermitteln. Auch die beiden Rapper Andre Benjamin und Tyrese Gibson liefern für ihre Verhältnisse sehr gute Leistungen ab.
Regisseur John Singleton versteht sein Handwerk – was man hier mehr als deutlich merkt. Dreckige Großstadtbilder, weite Kamerafahrten und die perfekt passende Musik machen den Film auch inszenatorisch zu einem Genrehighlight. Dabei verzichtet er (Gott sei dank) auf moderne Stilmittel (SlowMo, CGI etc.) und setzt bewusst auf alte Standards und Routine. Und das Finale auf dem von Schnee überdeckten und zugefrorenen See ist nicht nur optisch ein echtes Augenschmankerl, auch Atmosphäre und das obligatorische Duell erinnern an alter Westernklassiker.

Fazit:
Moral hin, Moral her – hier geht die Post ab. Knallharte Oldschool-Action in einer spannenden Story, die leider einige Lücken aufweist. Diese Tatsache ist jedoch weniger schlimm, denn die dichte Atmosphäre und die tollen Darsteller reißen das Ganze locker wieder raus. Auch die Action ist realistisch und kommt ohne Computereffekte aus, was in der heutigen Zeit eine Seltenheit ist.
Mit Sicherheit einer der besten Actionfilme des Jahres – cool, hart und nichts für sanfte Gemüter.

Details
Ähnliche Filme