Ausgerechnet ein Italiener revolutionierte den uramerikanischen Western. Sergio Leones Dollar-Reihe war der Beginn eines berühmten Subgenres, des Italowestern. Der weltweite Erfolg machte es möglich, dass dem letzten Teil der Trilogie, „Zwei glorreiche Halunken“ mehr finanzielle Mittel zur Verfügung standen. Während im klassischen Western die Helden zumeist noch auf der richtigen Seite des Gesetzes standen, präsentiert „The Good, the Bad an the Ugly“ drei Antihelden, die indirekt im Sinne des Zeitgeistes der 60er Jahre traditionelle Werte und Normen zynisch, kompromisslos und satirisch hinterfragen. Helden, die sich im Dreck wälzen und nicht mehr den ehrenvollen Anstrich eines James Stewart, John Wayne oder Gary Cooper haben.
Il buono (der Schöne) – ein wortkarger, entschlossener Kopfgeldjäger – alias Clint Eastwood, il brutto (der Hässliche) – ein brutaler, kompromissloser Auftragskiller (Lee van Cleef) und schließlich il cattivo (der Böse) – ein ständig labender, mitunter sarkastischer Gauner (Eli Wallach) – erhalten zur Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs einen Hinweis auf eine versteckte, mit 200.000 Dollar gefüllte, Kriegskasse einer Soldatendivision. Auch wenn sich die drei Schatzjäger laut dem englischen und italienischen Titel wesentlich unterscheiden, vereint sie eine materialistische Gier. Geld als das höchste Gut – um es zu erlangen werden Zweckbündnisse geschlossen. Es beginnt eine Schatzsuche quer durch die Wüste von New Mexico. Die Protagonisten erleben die Auswirkungen bzw. Wirkungen des Bürgerkriegs.
Leone verleiht dem an sich einfach strukturierten Drehbuch von Luciano Vincenzoni eine ganz persönliche Note. Der Stil der Inszenierung ist schlichtweg Filmgeschichte und wird auch heutzutage noch von Regiegrößen wie Quentin Tarantino zitiert. Der italienische Regisseur nutzt die Sprache der Bilder und reduziert Dialoge zumeist auf ein Minimum. Ohne dementsprechende schauspielerische Ausdruckskraft in Gestik und Mimik, wäre das Vorhaben zum Scheitern verurteilt, aber Eastwood und Co. nutzen den anderen Weg der Kommunikation eindrucksvoll. Leone fährt weitere Geschütze seines filmischen Feingefühls auf, indem er Kameramann Tonino Delli Colli instruiert, die schmutzigen Gesichter seiner Protagonisten beizeiten in Nahaufnahmen zu erfassen, um die Wirkung der Bilder zu verstärken. Es ist ein kontrastreicher Wechsel - „The Good, the Bad an the Ugly“ bietet in punkto Kamerabilder ein Spiel mit der Nähe und Ferne. Einerseits dreckige Visagen, Finger und Hände in Nahaufnahme, andererseits die Weitwinkelaufnahmen der abenteuerlichen Wüste, die mit ihrem eigenen Charme Schönheit vermittelt. In teils langen Szenen wird die Spannung subtil aufgebaut. Bei den Auseinandersetzungen mit typischen Wild West Colts und Revolver, wird der Spannungsaufbau auf die Spitze getrieben. Schnelle Schnitte leiten zu den verschiedenen Gesichtern der Beteiligten über. Man spürt die Anspannung förmlich. Plötzlich ein Knall, ein weiteres Opfer. Das finale Duell am Soldatenfriedhof ist dann nicht nur der filmische, sondern auch den inszenatorischen Höhepunkt. Hinterbliebene, Sieger, Verlierer – die Mission ist beendet.
Obwohl Leone sich von den klassischen Western distanziert, gelingt es ihm die Stärken des Genres zu übernehmen. Pure Anspannung mit einem Hauch Coolness – der Kontrast funktioniert auch hier. Das aufkeimende Gefühl und Unabhängigkeit und Freiheit in den unendlichen Weiten der Wüste. Man weiß nicht, ob man die Zeit verteufeln oder vergöttern sollte. Trügerische Schönheit im Dunstkreis von Desperados, Gauner und Kopfgeldjäger. Gegensätze als Stilmittel.
Maßgebend für die fesselnde Atmosphäre ist zweifelsohne auch Ennio Morricones grandioser Score. Verschiedene Themen ergänzen die an sich banale Handlung perfekt. Das Titelstück, bestehend aus markanten Gitarrensounds und eindringlichen, befremdlichen Höllenklängen, steht im krassen Gegensatz zu den bisherigen Kompositionen des Genres. Trotz der Unterschiede, ist Morricone seitdem der Komponist des Westerns. Sein atmosphärischer Soundtrack ist ein Meilenstein der Filmmusik.
„Il buno, il brutto, il cattivo“ ist ein Meisterwerk eines visionären Regisseurs und das Vorzeigewerk der berühmten Dollar-Reihe. Ein minimalistisches Highlight, das mit inszenatorischen und stilistischen Finessen gleichzeitig ein Paradebeispiel dafür ist, wie man verschiedene Komponenten des Films nahezu perfekt verschmelzen lässt. Teuflisch gute Klänge seitens Ennio Morricone, untermalen das spannungsgeladene Aufeinandertreffen der Antihelden. Leone hat ein Genre erschaffen, das ihn unsterblich macht und bis heute als Grundlage dient. Wer Filme spüren möchte, ist hier an der richtigen Adresse. (9/10)