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Jacopetti und Prosperi spielen sich selbst und stellen sich und dem Zuschauer eine Dokumentation über die Sklavenverhältnisse im Bürgerkriegsgebeutelten Amerika vor. Dabei besuchen sie reiche Plantagenbesitzer, die um sich zahlreiche Schwarze scharen, diese ausbeuten und auf Märkten wie Vieh verscherbeln.

Dieser Film ist wahrlich harter Tobak, denn anders als in Jacopettis anderem Vorzeigefilm "Mondo Cane" geht es hier nicht Tieren an den Kragen, sondern richtigen Menschen. Dafür wenigstens durchweg inszeniert. Ganz objektiv gesehen beweist Jacopetti erneut, dass in ihm einer der ganz großen Filmemacher steckt, er sich nur immer sehr provokativen und polarisierenden Stoff aussucht. "Addio Onkel Tom" ist im Kommentar reich an Zynismus und stellenweise schon fast humorvoll, wenn z.B. ein Schwarzer auf dem Markt von sich behauptet, er könne wirklich zufrieden sein und sich die Dokumentaristen dann aufregen, gerade an einen solchen, zufriedenen Schwarzen geraten zu sein. Trotzdem bleibt er stets betont objektiv, Die Weißen kommen selbstredend verdammt schlecht weg, doch auch die Farbigen werden nicht etwa glorifiziert.

Es handelt sich aber keinesfalls um trockene Objektivität, denn dazu sind die Schicksale von gepeinigten schwarzen Mädchen, die misshandelt und zum Koitus mit Zuchtbullen (= potente, schwarze Männer mit vermeintlich guten Genen) gezwungen werden und die zahlreichen, menschenunwürdigen Umgangsmethoden und Konditionen, denen sich die Farbigen stellen müssen, viel zu direkt dargestellt. Zusammen mit dem superben Score geht das Gezeigte direkt unter die Haut und selten stimmt ein Film den geneigten Zuschauer derart nachdenklich wie hier. Am Ende kommt dazu noch ein kleiner Filmteil mit tatsächlich vorhandener Handlung: Ein Schwarzer aus den damals aktuellen Siebzigern setzt sich mit dem Rassenproblem gedanklich auseinander. Die Inszenierung ist hier gerade wegen des genialen Soundtracks beinahe perfekt. Wie Jacopetti hier Zeitebenen vermischt und Zeitlupen verwendet, ist nicht nur zeitlos, sondern seiner Zeit auch weit voraus.

Leider gibt es auch ein paar Kritikpunkte, die den Film runter ziehen. So geht oftmals die angepeilte Seriösität verloren. Nicht etwa wegen des Zynismusses - den empfinde ich eher als intelligent - doch häufig zieht Jacopetti inhaltlich wenig tragende Szenen unnötig in die Länge. Bei den teilweise exzessiven Auswüchsen dieses Umstandes leidet die Kontinuität immens. Dann verwundert die häufige Zentrierung weiblicher, primärer Geschlechtsorgane. Im inszenatorischen Bereich überrascht dagegen der vorallem anfänglich aggressive Gebrauch des Zooms, sowie später die Verquickung von peppigen Musikstücken und harten Szenen wie Massenhinrichtung.

Ansonsten ist die Inszenierung aber wirklich ziemlich gelungen: Authentische Sets (soweit ich das beurteilen kann), kunstvolle Kamerafahrten und ein Auge für schöne Details, denn auch schöne Naturaufnahmen sind zu bewundern.

"Addio Onkel Tom" ist ein gesellschaftlich sehr wichtiger Film, da der Mensch ein weiteres Mal als wahres Monster entlarvt wird. An vielen Stellen mag an der Seriösität gezweifelt werden und auch Längen bleiben nicht aus, doch unter die Haut geht der Film so oder so. Stellenweise strotzen die Szenen auch wirklich vor Brillanz und wenn die störenden Schwächen nicht vorhanden wären, hätte es der Film zu deutlich mehr Ruhm geschafft.

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