Review

Es ist verblüffend, wie sich eine Wahrnehmung ändern kann. Früher hab ich den wohl als spannenden Thriller mit passendem Klimax-Ende empfunden. Anlässlich einer Neusichtung herrscht nun der Eindruck vor, dass hier 'das Böse' auf die intakte Familie losgelassen wird, natürlich mit Happy-End. Symbolisch eingefangen durch die Schlusseinstellung auf dem idyllischen Familienfoto. Und auch durch die Rehaugen der Ehefrau, die abwechselnd unschuldig und gequält dreinblicken.
Es ist bekannt, dass Glenn Close, die sich für die Rolle über psychische Krankheiten informiert haben soll, ihren Charakter nicht als 'Villain' gesehen und sowohl die berüchtigte Kaninchen-Szene als auch das Ende abgelehnt hat. Alex soll klare Anzeichen eines kindlichen Missbrauchsopfers aufweisen, und es ist bezeichnend, dass nie etwas Entsprechendes auch nur angedeutet wird. Als sollte das Publikum keine Empathie für sie entwickeln. Ich empfinde heute tatsächlich ein gewisses Mitgefühl für die Figur. Natürlich vor allem, weil Close sie in allen Facetten toll gespielt hat.
Diesen negativen Beigeschmack wird der Film für mich nicht mehr los.

Quasi-SPOILER:
Im ursprünglichen Ende, das nach negativen Testreaktionen neu gedreht wurde, begeht Alex mit dem Messer, auf dem seine Fingerabdrücke sind, Selbstmord. Die Ehefrau findet dann das Tape, auf dem sie androht, sich etwas anzutun. Ein Akt der Selbstzerstörung hätte besser zum Charakter gepasst als ein Slasher-Ende.
Offenbar brauchte das Publikum aber ihre "richtige" Bestrafung als Katharsis.
ENDE

Demnächst erscheint eine Neuverfilmung als Serie. Die 08/15-Produkte der Streamer gehen mir zwar in der Regel am Ars... vorbei, aber hier wäre es interessant zu sehen, wie das Thema heute angegangen wird. Immerhin weist der Trailer ja schon mal auf das Original-Ende hin.
Man kann über die "Wokeness" unserer Zeit geteilter Meinung sein, aber hier könnte/sollte sie zu einer differenzierteren Handhabung führen.

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