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Feeder sind Menschen, die sexuelle Lust daraus beziehen, einen anderen Menschen - die Feedies - körperlich vollkommen von sich abhängig zu machen, indem sie sie so lange mästen, bis sie sich nicht mehr selbstständig bewegen können. Ein solches Abhängigkeitsverhältnis kann natürlich sehr schnell gefährliche Formen annehmen und genau ein solches Szenario spielt der Psycho-Thriller "Feed" durch: Per Webcam dokumentiert Michael auf seiner Webseite, wie er seine schwer übergewichtige Freundin immer weiter mästet. Was sie nicht ahnt: Sie war nicht die Erste, und um sie effektiver zunehmen zu lassen, füttert er sie mit dem Fett ihrer zu Tode gemästeten Vorgängerin.

Klingt ekelhaft? Ist es auch. "Feed" gehört definitiv zu den widerlichsten Vertretern seines Genres, und das, obwohl er weitestgehend auf herkömmliche Gewaltszenen verzichtet. Die abseitige Story-Idee wird in durchaus glaubhaften, stellenweise extrem abstoßenden Bildern erzählt: Da trägt Michael Müllbeutel mit heraustropfendem Fett durch die Gegend oder füttert sein bewegungsunfähiges Opfer (das sich selbst gar nicht als solches wahrnimmt) per Trichter und Schlauch. Die dunkel gehaltene Farbgestaltung und das heruntergekommene Setting verstärken dabei die intensive Atmosphäre aus Ekel, Bedrohung und psychischer Gestörtheit. So wird dieses spezielle Thema inszenatorisch auf starkem Niveau angegangen.

Auch nutzt der Film die Gelegenheit, einige clevere Seitenhiebe gegen den modernen Schönheitswahn auszuteilen. Besonders die Dialoge, in denen sich der Killer mit dem Cop, der ihn verfolgt, über seine Motive unterhält, bieten einige durchaus kluge Gedanken zu dem verschobenen Verhältnis zwischen Schönheitsvorstellung und körperlicher Gesundheit, die bei schlanken Models allzu oft leiden muss. Michael selbst verkörpert dabei mit seinen Taten natürlich das direkt gegenteilige Ende des Spektrums. So entsteht ein spannender Diskurs über die Differenz zwischen sexuellen und ästhetischen Wunschvorstellungen und physischer und psychischer Gesundheit.

Das alles wird in hohem Tempo erzählt und von einem rhythmisch-treibenden, wenn auch ein wenig zu penetranten Soundtrack unterlegt. Formal ist "Feed" ein klares Kind der Post-"Saw"-Ära: Schnelle Schnitte, aufblitzende Rückblenden oder Bildschnipsel, die die grausigsten Details nur andeuten, werden immer wieder besonders in den Spannungs- und Ekelszenen eingeschoben. Das wirkt aus heutiger Sicht etwas zu gewollt hip, erzeugt aber durchaus einen intensiven Spannungssog - besonders das Finale gerät dann konsequent fesselnd.

Etwas ins Straucheln gerät der Film allerdings immer dann, wenn es um die Charaktere selbst geht. Sowohl der psychisch angeknackste Cop, der mit seiner schwierigen Freundin, dem fiesen Chef und einem traumatischen Erlebnis mit einem Kannibalen zu kämpfen hat, als auch der Killer, dessen Störung küchenpsychologisch in einem Kindheitstrauma mit seiner fetten Mutter gesucht wird, fallen als Figuren arg oberflächlich und stereotyp aus. Außerdem bleibt durch die schnelle Handlungsentwicklung gar keine Zeit für eine ernst gemeinte Figurencharakterisierung. Zudem leidet auch die bitterböse Schlussauflösung unter einem heftigen Glaubwürdigkeitsdefizit.

Dennoch unterhält "Feed" durch seine temporeiche Inszenierung, eine düstere Atmosphäre, die krasse Story, die auch für Genre-Liebhaber einige Neuigkeiten parat hat, und natürlich einige wirklich gelungene Ekelbilder. Wer das durchstehen will, sollte im wahrsten Sinne einen starken Magen haben.

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