Mit Fedora und Peitsche ins Abenteuer
Daa da da daaaa, daa da daaaaa, daaa da da daaaa, daa da daa DAA daaaa! Was braucht's hier mehr als Inhaltsangabe? Na ja, okay: Indiana Jones (Harrison Ford) ist ein abenteuerlustiger Archäologe, der rund um die Welt reist, um wertvolle Artefakte der Menschheitsgeschichte aufzutreiben. Dabei schrecken ihn selbst die hinterhältigsten Fallen in den fernsten Orten nicht ab. Als der US-amerikanische Geheimdienst ihn beauftragt, die so genannte Bundeslade (»Ark of the Covenant«) aufzutreiben, bevor es die Nazis tun, lässt sich Jones nicht lange bitten. Von seinem Erfolg hängt vieles ab. Denn in der Lade sollen sich die zwei Steintafeln befinden, auf denen Gott die zehn Gebote niedergeschrieben hat. Wenn eine Armee mit der Bundeslade an der Spitze voran schreitet, soll sie unbesiegbar sein. Da ist klar, dass man das Teil nicht in die Hände Hitlers geben will.
Steven Spielbergs und George Lucas’ Raiders of the Lost Ark (1981) ist der moderne Archetyp des Abenteuerfilms. Selbst ein verbitterter Hollywood-Stümper wie ich muss sich zusammenreissen, um nach der Sichtung nicht nach Fedora und Peitsche zu greifen und in ferne Länder zu streifen, fröhlich John Williams’ Titelsong trällernd. Klar ist: Der Streifen will unterhalten – und er schafft es, und wie! Erfüllt vom Geiste billiger Vormittagsserien der 1930er und inspiriert von wirklichen Archäologen, weiss die Figur Indiana Jones die mysteriöse Magie längst vergangener Zeiten und Zivilisationen zu wecken. Wenn wir Indys Abenteuern folgen, fühlen wir uns wie Kinder an einem Sonntagvormittag; ausgelassen und sorgenfrei, erfüllt vom Wunder unbekannter Welten.
Der Film ist nicht ohne Ironie. Den obligaten Kuss der beiden Hauptfiguren sehen wir zwar, aber nicht ganz so, wie wir es erwarten. Die guten Jungs behandeln die Nazis mit einer unbekümmerten Herablassung, die gut tut. Zeitlos die Szene, in der ein Mann drohend mit einem Schwert herumfuchtelt, nur um von Indy kurzerhand erschossen zu werden. Über unrealistische Szenen braucht man sich gar nicht aufzuregen, Regisseur Spielberg zelebriert ihnen regelrecht. Ein Schelm, der da fragt, wieso sich riesige Felsen so leicht bewegen lassen. Oder weshalb sich Indy so mir nichts dir nichts in Lager einschleichen kann, wo es von Feinden nur so wimmelt. Die Action-Szenen hauen gut rein, Höhepunkte sind die Schiesserei in Nepal und die absurd überzogene Verfolgungsjagd mit Nazi-Vehikeln.
In Erinnerung bleibt auch der Kampf beim Nazi-Flugzeug, der einen äusserst brutalen Tod beinhaltet – wenn auch Off-Screen. Überhaupt spart Spielberg nicht mit Horror-Elementen. Gerade bei den Grabstätten ist das angebracht und wirkungsvoll, wenn Raiders of the Lost Ark auch nie seine leichtfüssigen B-Movie-Wurzeln verrät. Schön auch, dass an Indys Seite eine selbstbewusste Frau steht, die sich gerne auch selbst ins Getümmel stürzt: Die schlagfertige und aufbrausende Marion Ravenwood (Karen Allen) hat’s drauf. Auch Harrison Fords Leistung als Jones ist launig. Er ist kein unfehlbarer Superheld, sondern ein trickreicher Tausendsassa, der oftmals mehr Glück als Verstand hat. Der Ausspruch »I don’t know, I’m making this up as I go« beschreibt seinen Charakter perfekt.
Schade ist, dass die Bösewichte blass bleiben. Jones’ archäologischer Rivale René Belloq (Paul Freeman) wirkt eher hilflos neben den Nazis, für die er arbeitet. Und die Nazis sind … na ja, Nazis eben. Genauer werden sie vom Film nicht charakterisiert, was der ganzen Geschichte etwas den Drive nimmt. Auch der bebrillte Folterknecht gibt nicht viel her. Einen Auric Goldfinger oder Hans Landa sucht man hier vergeblich. Übrigens: Schnelles Erzählen in allen Ehren, aber ganz so hyperaktiv hätte Raiders of the Lost Ark nicht sein müssen. Etwas Zeit zum Verschnaufen hätte durchaus gut getan. Und letztlich fehlt dem Plot dann doch etwas der Tiefgang. Am interessantesten ist noch die Stelle, in der Indy sich weigert, die Bundeslade in die Luft zu sprengen, da er dieses einzigartige Stück Geschichte nicht zerstören will. Jede andere Szene ist durch und durch Unterhaltungsfilm. Das ist okay, aber auch nicht mehr als das.
Und doch: Würde ich Raiders of the Lost Ark nicht weiterempfehlen, würde man mich zurecht als unverbesserlichen Griesgram verschreien. Ich geb's ja zu: Der Streifen ist cool und abwechslungsreich, klassisches Popcorn-Kino. Mögen muss man Indy. Aber lieben? Nö.
7/10