Review

Ab und an treffe ich im von mir weitestgehend ignorierten Independent-Bereich auf überraschend kurzweilige Beiträge, wie kürzlich „31 Min.“ oder nun eben „Die Treppe“, auf die mich zugegeben jeweils die talentierten Regisseure persönlich aufmerksam machten. Schönen Dank an dieser Stelle.

Dennis Knickels Filmdebüt gestaltet sich als gut 12minütiger, mit schwarzem Humor gut durchgewürzter Kurzfilm, der mit seiner durchweg professionell agierenden Riege und einer kompetenten Inszenierung überzeugt, so dass einer späteren TV-Ausstrahlung im Bundle mit ähnlich gestalteten Kurzprojekten, zum Beispiel auf ARTE, eigentlich nichts im Wege steht.

Die Verkettung von Zufall und Unverständnis führt den Hauptdarsteller (Gerry Jansen), im Abspann schlicht „Der Kaltblütige“ genannt, in eine sich kontinuierlich zuspitzende Situation, aus der er sich, trotz Beteuerung seiner Unschuld, bis zum Schluss nie wieder herauswinden kann. Denn als er nachts betrunken Auto fährt, von Polizeikommissar Andreas Kellner (Martin Ihm) angehalten und befragt wird, dieser aber plötzlich von einem LKW erfasst wird und stirbt, sieht sich der Kaltblütige in einer prekären Lage. Schloss der Gesetzeshüter doch vorher noch die Handschellen, weswegen er nun eine deutlich verunstaltete Leiche an seinem Handgelenk hängen hat. Mit ihr im Gepäck, flüchtet er nach Hause, wo neben seiner keifenden Freundin (Ariane Klüpfel) auch schon Kriminaloberkommissar Braun (Jörg Germann) auf ihn wartet und fest von dessen Mordtat überzeugt ist.

Positiv zu bewerten ist vor allem der, bis auf einen Effektshot, Verzicht auf einen inflationären Gebrauch von Blut und Unappetitlichkeiten, die im Independent-Sektor gern Aufmerksamkeit erregen, aber selten etwas über die Qualität des Films aussagen.

Auch wenn Zugeständnisse in Bezug auf die Logik im Film zugunsten der Unterhaltung gern akzeptiert werden, kratzt man sich innerhalb der paar Minuten sich leider öfter am Kopf, als es vielleicht nötig wäre, weil der Realismus zu oft gebeugt wird, so dass an einigen Stellen schlicht die Nachvollziehbarkeit von Bord geht. Eine Erklärung, warum der Kaltblütige in an den Polizisten gekettet wurde, noch warum später die Handfeuerwaffe so plötzlich und entgegen aller Vernunft ihres Trägers losgeht, bleibt der Film nämlich schuldig.

Nichtsdestotrotz kulminieren die ausartenden Ereignisse, ohne dass es von den Beteiligten so überhaupt gewollt ist, im Treppenhaus zu einer tödlichen Katastrophe anfangs noch ungeahnten Ausmaßes, das über seine kurze, flott erzählte Distanz sicherlich ganz problemlos unterhält und anfangs von einem treibenden Score der Gruppe Massick auch kompetent begleitet wird, aber nicht gänzlich zufrieden stellt.

Das liegt weniger an den Darstellern, sondern mehr an den Dialogen, die in den absurden Momenten nicht den nötigen Wortwitz transportieren, um aus der abwärts zeigenden Todesspirale, ausgelöst durch den Kaltblütigen, jenen Aberwitz zu kreieren, der Tod und Ironie in Einklang bringt und damit den Zuschauer nach dem Motto „Was wäre wenn...?“ weiterdenken lässt. Denn die Ansatze sind da und reichen von der Ignoranz und Engstirnigkeit unserer Gesellschaft bis hin zu unüberlegten Aktionen und Reaktionen in auf den ersten Blick doch eindeutigen Lagen, die man später nur noch schwerlich durch sein Handeln erklären kann.


Fazit:
Angenehm überraschendes Regiedebüt, das über eine sorgfältige Inszenierung und gute Independent-Darsteller verfügt, aber Abstriche in punkto Drehbuch machen muss, weil die Logik des Films zu viele Fragwürdigkeiten zu Tage fördert und den Dialogen der letzte Schliff fehlt. Aber daran wird mit Sicherheit bei Dennis Knickels nächsten Projekten weiter dran gefeilt.

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