Review

Schon mit „Cosa avete fatto a Solange“ gelang Massimo Dallamano ein hervorragender Krimi mit Elementen des Giallogenre. Mit „La Polizia chiede aiuto“ schuf er einen ähnlichen Film, der dem Zuschauer aber noch mehr zumutet.


Nackt hängt die Leiche der erst 15 jährigen Silvia an einem Balken in einem alten Haus. Für Inspektor Valentini (Mario Adorf) und der Staatsanwältin Vittoria Stori ein grausamer Anblick, auch wenn alles nach einem Selbstmord aussieht. Doch nach der Obduktion zeigt sich, Silvia war schon vorher tot, dazu schwanger und hatte vorher noch Geschlechtsverkehr. Da man nun von einem Mord ausgeht, ermittelt Inspektor Silvestri weiter. Mit seinen Kollegen kommt er einem Kinderprostitutionsring auf die Spur. Doch es ist scheinbar nicht nur unmöglich, an die Hintermänner zu kommen, ein komplett in Leder gehüllter Motorradfahrer bringt auch alle Zeugen um, die ggfs. was wissen und Aussagen könnten...


Schon recht harter Tobak, was uns Regisseur Massimo Dallamano hier präsentiert. Dallamano fasst ein Eisen an, was selbst nach über 30 Jahren immer noch aktuell ist, der Missbrauch von Kindern. Aber wie schon in „Cosa avete fatto a Solange“ sind auch die Mädchen diesmal auch nicht so unschuldig, wie es den Anschein haben könnte, dennoch ist Dallamato jetzt etwas rücksichtsvoller, es gibt weniger explosive Szenen, was bei der Thematik mehr als auch verständlich ist.

Auch dieser Dallamato Film ist mehr ein Krimi, ein Polizeifilm als ein echter Giallo, denn es wird viel Wert auf die Arbeit der Polizei gelegt, wie sie ermitteln, Beweise auswerten usw. Mag sich langweilig anhören, ist es aber nicht, denn wir sind auch bei Szenen dabei, wenn sich die Polizisten Tonbänder anhören, in denen sich an den Mädchen vergangen wird. Die Gesichter der Polizisten sagen eigentlich alles und auch der Zuschauer fühlt sich spätestens jetzt ziemlich unwohl, obwohl es nur Tonbandaufnahmen sind. Da kann sich der Zuschauer ein gutes Bild machen, wie die heutige Arbeit der Polizei aussieht und sich visuelles Materialien von kranken Subjekten anschauen muss.

Schauspielerisch haben wir es mit den üblichen italienischen Schauspielern zu tun, die mich aber überzeugt haben, da sie ihre Rollen sehr gut interpretieren und darstellen. Da hat man wirklich schon was ganz anderes aus Italien gesehen und gerade bei so einem Film sollten die Darsteller schon passen. Wirklich kennen tut man natürlich nur Mario Adorf, der mehr eine Nebenrolle hat, aber ihm doch die vielleicht emotionalste und gleichzeitig brutalste Szenen zukommen wird. Als Zuschauer fühlt man hier mit, obwohl man doch weiß, es ist nur ein Film. Ferner bietet der Film einiges an Szenen, wo man nur noch gebannt auf den Bildschirm starrt, gleichzeitig aber auch irgendwie wütend wird, da man doch genau weiß, dies ist keine Fiktion, solche Dinge gibt es wirklich irgendwo da draußen.

Richtig Vollgas gibt der Film nur selten, was aber wiederum nicht heißt, dass der Film lahm ist, im Gegenteil. Es gibt eine sehr interessante Verfolgungsjagd, wobei wir dann bei den Gialloelementen sind. Diese bilden zwar auch nur eine Nebenhandlung, aber es geht auch hier wirklich ein- bis zweimal ordentlich zur Sache. Denn der Täter (den deutschen Titel sollte man nicht so ernst nehmen) agiert mit einem Fleischerbeil und weiß es auch zu benutzen, was einige schmerzhaft erfahren. Der Film biete ein paar ziemlich deftige Szenen, die zwar immer nur recht kurz sind, aber ihre Wirkung nicht verfehlen. Dennoch ist der Film auch eher ein Krimi als ein Giallo. Gewisse Merkmale sind aber dennoch vorhanden.

Das ende ist eigentlich ebenso wie der ganze Film ziemlich bedrückend und macht nicht den Anschein, die Polizei hätte wirklich gewonnen, da sich mal wieder zeigt, nicht jeder in der Gesellschaft ist gleich, es werden schon deutliche Unterschiede gemacht. So wirkt das Ende aber auch realistischer, als wenn hier plötzlich alles Gute wäre und es keine Probleme mehr gibt. Ein recht düsteres und übles ende, was genau zum Film passt und den Zuschauer mit gemischten Gefühlen zurücklässt. Eher wird sich der Zuschauer denken, ja genau so ist es doch heute immer noch.


Fazit: „La Polizia chiede aiuto“ ist ein hervorragender Film mit einem Thema, dass verständlicherweise für einige an Unbehagen sorgt. Dallamano schafft es aber, das Thema weder zu verharmlosen noch dringt er zu tief in diesen Bereich ein. Er findet ein gesundes Mittelmaß, zeigt, dass die Polizisten eben auch nur Menschen sind, denen die Sachen genau so an den Nieren gehen wie dem Zuschauer. Daher ist der Film kein Giallo im Stile eines Dario Argento, sondern eher etwas tiefsinniger mit entsprechenden Szenen und spannenden Momenten. Ein Film, den man mal gesehen haben sollte, wenn man einen Mix aus Krimi und Giallo mag.

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