„Blauer Himmel über Bitterfeld!“
Gut eineinhalb Jahre nach der so köstlichen wie erfolgreichen Roadmovie/Wende-Komödie „Go Trabi Go“ lancierte man eine Fortsetzung in die gesamtdeutschen Kinos. Der Experte für hintersinnige ostdeutsche Komödien, Peter Timm, führte diesmal jedoch nicht die Regie und war auch nicht am Drehbuch beteiligt. Übrig waren nur Reinhard Klooss, Co-Autor des Vorgängers, geblieben, der sich nun die Regie mit dem Populär- und Subkultur-affinen Wolfgang Büld („Punk in London“, „Gib Gas – Ich will Spaß“) teilte und das Drehbuch zusammen mit dessen Intimus Stefan Cantz verfasste – und natürlich das Familie Struutz mimende Ensemble um den Kabarettisten Wolfgang Stumph.
„Jetzt wird investiert!“
Als Familie Struutz, bestehend aus Deutschlehrer Udo (Wolfgang Stumph), seiner Frau Rita (Marie Gruber, „Dornröschen“) und der gemeinsamen Tochter Jacqueline (Claudia Schmutzler, „Polizeiruf 110: Eine unruhige Nacht“), mit ihrem bunten Cabrio-Trabant „Schorsch“ aus dem abenteuerlichen Italienurlaub in ihre Heimat Bitterfeld zurückkehrt, erkennt sie diese nicht wieder: Ihr Wohnhaus wurde abgerissen, ein US-Investor will dort einen Golfplatz („Mit 16 Löchern!“) errichten. Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Udo hat eine die Gartenzwergfabrik „Rote Mütze“ im nahe Dresden gelegenen Landwitz geerbt. Diesen ehemaligen VEB plant Bürgermeister Kuhn (Uwe Friedrichsen, „Schwarz-rot-gold“) eigentlich für eine lumpige D-Mark zu erstehen, um ihn für eine Autobahn plattzumachen. Doch nicht mit Udo Struutz! Dieser tut sich mit dem westdeutschen Charlie (Rolf Zacher, „Der Formel Eins Film“) zusammen, der die Gartenzwerge mithilfe eines Investors international vermarkten möchte. Ehefrau Rita umgarnt derweil den Bürgermeister, natürlich aus rein taktischen Erwägungen heraus, und Jacqueline wird langsam flügge…
„Anarchistenflittchen!“ – „Kapitalistenschlampe!“
„Go Trabi Go 2“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Ausverkauf Ost satirisch-komödiantisch aufs Korn zu nehmen. Vermutlich durch den Erfolg des ersten Teils konnte man eine übers Stammensemble hinausgehende interessante Besetzung zusammentrommeln, von der ostdeutschen Moderatoren- und Entertainer-Legende Wolfgang Lippert als Boutiqueverkäufer über Komödiant Jochen Busse als mit Wirtschaftsworthülsen um sich werfendem Abwicklungsbeamten und den Sänger und Moderator Gunther Emmerlich als singendem Mittelalterkneipenwirt bis hin zu Rolf Zacher als geschäftstüchtigem Wessi, der Kondome in Deutschlandfarben verkauft.
„Was sind Sie denn?“ – „Gelernter DDR-Bürger.“
Zusätzlich begegnet man Pseudoskins, wie sie damals nicht nur im Osten Deutschlands aus allen Löchern krochen, sowie sich wie Kolonialherren aufführenden Wessis. Udo und Charlie besuchen einen Empfang in der Semperoper, wo Udo unablässig Goethe zitiert, und mit seinen Gartenzwergen geht’s sogar nach New York. Für eine leicht anregende Komponente sorgt Jacqueline, die mit ihrer Freundin nur in Unterwäsche bekleidet im Nachtclub, in dem sie nun jobbt, tänzelt. Trabi Schorsch spielt leider nur noch eine untergeordnete Rolle.
„Der Weg in die Zukunft ist der Weg in den Osten!“
Die Dialoge sind witzig, auf ihnen schien ein Hauptaugenmerk zu liegen. Die Handlung hingegen ist etwas konfus und unfokussiert, die Pointe gar schwach und das Happy End unnötig in die Länge gezogen. Als Satire ist „Go Trabi Go 2“ etwas trocken, dann wieder reichlich albern. Eine humoristische Offenbarung ist diese Fortsetzung somit sicher nicht, in ihren Ansätzen jedoch sehr gut und durchaus sozialkritisch-bissig. Große Teile des hörenswerten Soundtracks stammen von den britischen Glam-Rockern Slade. Auffallend sind auch die beeindruckenden Landschaftskulissen von Elbsandsteingebirge und Konsorten, die Büld und Klooss augenscheinlich ein Anliegen waren.
Alles in allem war Timms erster Teil aber wesentlich charmanter, während die Fortsetzung mal über- und mal unterambitioniert und dadurch letztlich etwas sehr bemüht wirkt. Immerhin lernen wir: „New York ist auch nicht viel anders wie Dresden!“