Johan Libereau spielt einen 17jährigen, der schulisch keinerlei Probleme hat, mit einer hübschen Freundin, gespielt von Salome Stevenin, zusammen ist und darüber hinaus bei seinem Hobby, dem Judo, immer erfolgreicher wird. Allerdings sind seine Eltern arm, was ihm zunehmend deutlicher vor Augen geführt wird, als ein Sohn reicher Eltern sein Trainingspartner wird, zudem steigert er sich immer weiter in den Gedanken, sein Wettkampfgewicht um jeden Preis zu senken.
Jugend-Dramen gibt es wie Sand am Meer und "Kalte Duschen" ist ebenfalls ein typischer Genre-Vertreter, der versucht die Probleme der Heranwachsenden darzustellen, die Ängste, die Bedürfnisse, die Nöte einer ganzen Generation filmisch aufzuarbeiten, zu präsentieren und den Charakteren dabei auf den Grund zu gehen. In diesem Fall bleibt es bei diesem französischen Genrefilm leider bei einem überaus ambitionierten Versuch, den man sich durchaus ansehen kann, der aber nicht wirklich dazu imstande ist, seine anfänglich gut gewählten Aspekte bis zum Ende durchzuziehen.
Die Hauptfigur gewinnt dabei durchaus an Profil und ist ordentlich konstruiert, sein beinahe krankhafter Ehrgeiz, sein Engagement für den Judo-Sport, das ihn schließlich dazu bringt, tagelang nichts zu essen, nur um eine Gewichtsklasse niedriger kämpfen zu können, ist gut und relativ realistisch dargestellt, genauso, wie die ärmlichen Verhältnisse, aus denen er kommt, die Arbeiterfamilie, die ständig finanzielle Sorgen hat, womit er durch seinen wesentlichen reicheren Trainingspartner schließlich konfrontiert wird. Und all dies sind keine schlechten Aspekte an diesem Film, der bis zur Mitte hin durchaus zu überzeugen weiß.
Ein weiterer Teilaspekt des Werkes ist die Beziehung der Hauptfigur zu seiner Freundin, die anfangs ebenfalls relativ viel versprechend beginnt und dann zunehmend in den Fokus des gesamten Filmes rückt. Doch dann kommt der Moment, in dem der Film abkippt, der eigentliche Höhepunkt des Werkes, der Dreier auf dem Turnhallenboden, nach dem der Film schließlich den Bezug zur Realität, einen relativ großen Teil seiner Authentizität einbüsst und gerade bei einem solchen Jugenddrama ist es fatal, wenn der Realitätsbezug nicht mehr vorhanden ist. Was auf den Höhepunkt folgt, ist ein nerviges Hin und Her in der Beziehung der beiden - oder nun mehr der drei- Jugendlichen, das nicht mehr so recht zu fesseln und zu berühren vermag.
Regie führte Debütant Antony Cordier, der hier eine solide Inszenierung abliefert. Narrativ ist der Film mit seinem getragenen Tempo, das ihn in der ersten Filmhälfte dennoch an Fahrt aufnehmen lässt, definitiv nicht schlecht geworden. Immer mal wieder gibt es Ruhepausen, in denen die Bilder allein wirken, auch wenn "Kalte Duschen" so je nachdem etwas steril wirken mag. Hier und da sind, wenn auch überaus spärlich dosiert, ein paar amüsante Stellen eingestreut, die das Geschehen ein wenig auflockern, aber im Endeffekt ist es doch vor allem die Dramaturgie, die unterm Strich einen soliden Unterhaltungswert garantiert. Musikalisch ist das enorm ruhige, inszenatorisch leicht verklärte und damit distanziert wirkende Drama im Grunde gar nicht unterlegt, aber Töne wären bei diesem Drama, das durchaus den einen oder anderen emotionalen, zerbrechlichen Moment einfängt, im Grunde sowieso fehl am Platz. In der zweiten Filmhälfte nimmt die Qualität dann aber doch derart stark ab, dass es nicht zum Sprung über das Mittelmaß reicht.
Sehr auffällig sind zudem die freizügigen Sex-Szenen, die durchaus gelungen fotografiert sind und von großem Mut der jungen, bisher kaum zu sehen gewesenen Hauptdarsteller zeugen und im Endeffekt hat sich der Film in jeder besseren TV-Zeitschrift auch seine zwei Sterne unter Erotik verdient, aber -und das sei noch einmal hervorgehoben- die Sex-Szenen, insbesondere der Dreier auf dem Turnhallenboden, der in Amerika mit Sicherheit nicht derart konsequent und freizügig in Szene gesetzt worden wäre, lassen den Film noch distanzierter wirken. Überhaupt erwecken sie, so gut die Hauptdarstellerin auch aussehen mag, den Eindruck, als habe man sie nur in den Film integriert, um sich von amerikanischen Jugend-Dramen abzuheben, die eine derartige Konsequenz nicht aufweisen, auch wenn sie den Film natürlich nicht direkt verschlechtern.
Darstellerisch leisten die drei Hauptdarsteller wirklich exzellente Arbeit und im Grunde ist dies auch das Erfreulichste am Film: Die jungen, unaufgebrauchten Talente, die darstellerisch vollkommen makellose Darbietungen zeigen und sich auch nicht vor den Nackt-Szenen scheuen und sicherlich ihren Weg im europäischen Film gehen werden.
Fazit:
"Kalte Duschen" beginnt ambitioniert, lässt seine Charaktere durchaus an Profil gewinnen und steigert Dramaturgie und Spannung dabei stetig, bis der Film in der zweiten Hälfte schließlich die Realität der Geschehnisse, die Authentizität aus den Augen verliert und zunehmend abbaut. Was bleibt sind einige erotische Momente, hervorragende, junge Darsteller und das Gefühl, dass mehr drin gewesen wäre, als dieses über weite Strecken unterhaltsame Jugend-Drama.
60%