Der Horrorfilm hat es heutzutage nicht mehr allzu leicht. Vor allem in der letzten Zeit sind die Ansprüche des geneigten Horrorpublikums arg gestiegen. Während man sich früher schon über einen Mann mit weiser Maske, der Teenies hinter rennt und sie abschlachtet, "erfreuen" konnte, so muss ein Horrorstreifen heutzutage schon wesentlich mehr bieten, um beim Publikum richtig anzukommen. Hauptgrund dafür dürfte einfach der sein, dass es im Genre heutzutage sehr schwer ist noch irgend etwas Neues zu bieten, da nahezu alles schon zig mal da gewesen ist und es dem Zuschauer somit schwer fällt, sich auch bei der x-ten Wiederholung des gleichen Schemas noch am Schrecken zu erfreuen. Um so erfreulicher ist es da, wenn so ein Streifen wie "The Descent" daher kommt und einfach all das bieten kann, was den Horrorfreak erfreut.
Was die Story z. Bsp. angeht wird endlich mal wieder Stoff geboten, der noch nicht all zu abgekaut ist. Es geht um eine Gruppe junger Frauen, die sich eines Tages aufmachen, um eine unbekannte Hölle zu erforschen. Nachdem sie sich durch einen engen Tunnel gegraben haben, fällt plötzlich hinter ihnen Geröll von der Decke und verschließt den Ausgang. Nun heißt es also schnellstmöglich einen anderen Ausgang finden. Doch nicht nur das sie sich in dem unterirdischen Labyrinth hoffnungslos verirren, es scheinen auch noch einige andere Lebewesen da unten zu hausen, die nach Blut gieren. Eine Jagd auf Leben und Tot beginnt. Zugegeben, innovativ ist auch diese Geschichte nicht gerade, doch im Gegensatz zum x-ten Schlitzerstreifen ist die Gruseltour durch unterirdische Labyrinthe und schauderhaften Höhlen noch bei weitem nicht sooo abgekaut, als das man daran keine Freude mehr haben könnte. Logiklöcher und Storylücken sind zwar auch hier nicht ganz zu übersehen, doch wenn sie so bravourös überspielt werden wie hier, sind einem die Lücken bald egal.
Denn "The Descent" bietet, neben seiner relativ unverbrauchten Story, vor allem drei Dinge, die jedem Horrorfreund das Wasser zusammen laufen lassen: Spannung, Atmosphäre und Blut. Und das in einem fast idealen Mix. Spannend ist das ganze Treiben vor allem deshalb, weil der Storyverlauf nicht unbedingt vorhersehbar ist. Viele kleinere Wendungen wurden geschickt an alle möglichen Ecken verstreut und bieten somit ein gutes Spannungspotenzial. Dazu wurden die Schockszenen allesamt fein ausgearbeitet und sind selbst für die eingefleischtesten Genre-Freaks nicht immer vorhersehbar. Vor allem in der ersten halben Stunde sitzen einige Schocks spürbar tief und dürften wirklich jeden erschrecken. Gut getimt und immer genau an die Stellen gesetzt, an denen man sie nun überhaupt nicht erwartet hätte, dürften Horroranfänger sich ein ums andere Mal in die Hose machen und Horrorfreaks nur so quicken vor Freude.
Das die Schocks zu jedem Zeitpunkt sitzen, dafür sorgt aber nicht nur das gute Timing dieser Effekte, sondern auch die eiskalte, düstere Atmosphäre, die einen bis zum Schluss nicht loslässt. Egal ob es nun die trüb-tristen Bergkulissen am Anfang sind oder die schaurig düstere Höhle, die hier wirklich mal verdammt dunkel ausgefallen ist. Überall knistert es nur so vor Anspannung und Atmosphäre. Das Einfangen der dunklen Höhle ist dem Kameramann Sam McCurdy wirklich verdammt gut gelungen und wäre auch ohne Musikuntermahlung schon Gold wert gewesen. Doch die Sound- und Musikuntermahlung geben dem Atmosphärekick dann entgültig den Rest, in die richtige Richtung. Nicht nur das der Score mitunter recht brachiale Wege geht, er ist auch mit einer solchen Liebe fürs Detail komponiert worden, dass er wirklich zu jeder Sekunde in die Glieder fährt. Die Soundtrack-CD ist, für Score-Sammler, jedenfalls ein unverzichtbares Stück Horrormusik!
Dazu gibt es dann noch einige Gore- und Splatterszenen, die es ebenfalls allesamt absolut in sich haben. Regisseur Neil Marshall, der schon mit seinen "Dog Soldiers" nicht gerade zimperlich umging, schickt seine Frauen hier in einen blutigen Alptraum der Extraklasse. Von heftigem Geschlachte mit allerhand Bergsteiger- bzw. Höhlenforscherutensilien, über einige grausige Fresszenen, bis hin zur wohl heftigsten Augenausdrück-Szene der letzten Zeit, ist hier wirklich so ziemlich alles vorhanden, was nicht nur Splatterfreaks, sondern auch jeden "ganz normalen" Horrorfreak zufrieden stellen dürfte. Umgesetzt in bester Old-School-Manier, anscheinend ohne auch nur einen einzigen Splattereffekt aus dem Computer, dürften vor allem nostalgisch veranlagte Gorehounds auf ihre Kosten kommen.
Als krönenden Abschluss gibt es dann auch noch ein wunderbares Ende zu betrachten, was allerdings sicher die Meinungen spalten wird. Obwohl nämlich alles erst einmal nach einem ganz normalen 08/15-Ende aussieht, gibt es dann kurz vor Schluss noch einmal eine knackige Überraschung zu betrachten, die einige Fragen und Interpretationen offen läßt. Mir jedenfalls hat dieser Schluss sehr zugesagt.
Schade nur, dass es auch "The Descent" nicht ganz schafft, von Anfang an vollauf zu fesseln. Denn wie die meisten Filme seiner Art, so braucht auch dieser Streifen leider erst einmal eine ganze Zeit, um in die Gänge zu kommen. Bevor uns das kalte und kompromisslose Grauen wirklich packen darf, vergehen leider mindestens 30 Minuten, in denen die Damen, in bester Slasher-Manier, herumblödeln und probieren dem Zuschauer nahe zu kommen, ohne das sie wirklich Erfolg damit haben. Zwar ist dieser Anfang noch bei weitem nicht so trantütig ausgefallen wie z. Bsp. bei "House of Wax" und die Handlungen der Charaktere sind auch nicht ganz so dämlich, wie bei den meisten Genre-Kollegen. Dennoch hätte es ruhig schon ein paar Minuten eher zu Sache gehen dürfen. Aber nun gut.
Was die Darstellerinnen angeht, wird soweit gute Horrorkost geboten, die sich sehen lassen darf. Die Selbstmörderisch veranlagte Damenriege ist durch die Bank weg nicht gerade unatraktiv ausgefallen und auch nicht ohne Talent. Zwar sind einem die Gesichter doch größtenteils unbekannt, doch trotzdem, oder gerade deshalb, legen sie allesamt, weitgehendst, eine mehr als zufriedenstellende Darstellerleistung ab. Vor allem Hauptdarstellerin Shauna MacDonald gefällt.
Fazit: Spannend, atmosphärisch, blutig. Was am Anfang noch nach einem ganz gewöhnlichen 08/15-Horrorstreifen aussieht, entpuppt sich nach und nach als ein atmosphärisches, spannendes und blutiges Horrorhappening der ganz besonderen Art, das man so schon lange nicht mehr zu Gesicht bekommen hat. Auch wenn die Story Lücken hat und der Start etwas braucht um in die Gänge zu kommen, so darf man sich spätestens nach einer halben Stunde zu einem mächtig gruseligen und höllisch blutigen Genrevergnügen eingeladen fühlen, das wirklich jeden, der auch nur ein bisschen was vom Horrorgenre hält, zufrieden stellen müsste. Horroranfänger dürften nach diesem Streifen jedenfalls schnell zu Genrefans werden und jeder der es schon ist, darf sich hier für gut 1 1/2 Stunden wirklich bestens unterhalten fühlen! Und so soll es schließlich auch sein!
Wertung: 8,5/10 Punkte