So, unser heißgeliebtes Aikido-Pummelchen Steven Seagal startet für das Jahr 2005 in die dritte Runde und wer nun glaubt, dass aller guten Dinge drei sind, der wird hier vom kugelnden Ex-Actionstar höchstpersönlich eines Besseren belehrt. „Today You Die“ bleibt hinter dem immerhin professionell ausschauenden „Into the Sun“ und ganz eindeutig hinter der positiven Überraschung „Submerged“ zurück.
Um es auf den Punkt zu bringen: Seagal hat einen neuen Karrieretiefpunkt erreicht. Sich darüber aufzuregen lohnt nicht mehr. Der Mann will schlicht noch ein paar Jahre abkassieren, solange mit seinem Namen noch Geld zu verdienen ist. Wer kann es ihn mit 54 Jahren bei den heute so unsicheren Renten da verdenken, dass er seinen angefressenen Winterspeck hamstert und vor sich her schiebt, beziehungsweise ihn in langen Ledermänteln versteckt. Also alles beim Alten? Von wegen...
Millennium Films, der Nu Image-Ableger mit den etwas größeren Budgets, hat in jüngster Zeit mit passablen bis guten B-Produktionen, vorzugsweise für den Videomarkt, auf sich aufmerksam gemacht. Mit Filmen wie „Today You Die“ drohen sie ihren gerade mühselig erkämpften, soliden Ruf jedoch wieder zu verramschen. Neben den beiden üblichen Verdächtigen Randall Emmett und George Furla war übrigens auch wieder der deutsche Medienfond Equity Pictures (u.a. auch „Hostage“) mit von der Partie. Laut eigenen Aussagen, scheint der Name Seagal noch (!!) immer gut zu laufen.
Das sollte für die Macher noch längst kein Grund sein, in eine der schlimmsten Traditionen des B-Movies zu verfallen: dem Einsatz von Stock Footage. Solange man mit dezenten Szenen nur ergänzend und minimal bebildert, kann ich persönlich damit Leben, doch bei „Today You Die“ hört der Spaß auf. Denn was sich im Trailer schon ankündigte, bewahrheitet sich im fertigen Film. Es gibt hier einige entliehene Szenen und sie sind leider auch die besten Momente des Films. Gleich den ersten Einbruch recycelte man teilweise aus Jean-Claude Van Dammes „The Order“, die etwas spätere Verfolgungsjagd stammt komplett (!!) aus Sidney J. Furies „Top of the World“ und wurde hier auf eine Art und Weise eingefügt, wie sie bei Phoenican Entertainment zum Standard gehört (Wer deren Filme kennt, weiß was ich meine...). Hinzu gesellen sich eine ganze Menge Szenen aus Walter Hills „Undisputed“, ein Fall aus dem Fenster aus „Never say die“ und die finale Explosion aus „Code of Conduct“. Sie sind sehr geschickt einmontiert, so dass der unerfahrene Zuschauer sich auch tatsächlich davon blenden lassen wird. Wie das dann bei den Aufgeklärten ausschaut, bleibt eine ganz andere Frage. Mich kotzt so was an.
Steven Seagal sieht man jedenfalls im Gesicht langsam deutlich sein Alter an. Ich wage gar nicht darüber nachzudenken, wie er inzwischen ohne Make Up ausschaut. Als Kämpfernatur ist er hier wirklich nicht mehr glaubwürdig.
Dass die Produzenten mit ihm ungeheure Probleme hatten, kursierte zumindest durchs Netz. Da Millennium Films aktuell auch keine neuen Projekte mit ihm in Planung hat, dürfte einiges dran sein. Dass Seagal, der hier wohl nur nach belieben am Set erschien, die Crew anpöbelte und sich mal eben erdreistete am Drehbuch herumzuschreiben, nicht gerade der umgänglichste Zeitgenosse ist, ist seit einigen Jahren bereits bekannt. Hier hat er wohl den Vogel abgeschossen, denn die Macher haben ein Gerichtsverfahren gegen ihn ins Rollen gebracht.
Sein fehlendes Engagement lässt sich im fertigen Film übrigens sehr leicht feststellen. Wieder musste der alte Nuschelkopp teilweise synchronisiert werden und in etlichen Szenen, wo garantiert kein Double von Nöten gewesen wäre (Bitte mal auf das Gespräch im Auto achten, bei dem Seagal (Naja, eigentlich ist er es ja nicht...) mit dem Rücken zur Kamera sitzt), sich die ein oder andere eine Auszeit nehmen.
Seine eigenen Körperaktivitäten halten sich ohnehin in Grenzen: Ein wenig ballern, herumschubsen und fuchteln mit den Armen ist noch drin. Den Rest übernehmen seine Doubles, die witzigerweise sein Markenzeichen, den Pferdeschwanz tragen, während Seagal nur einen ungepflegten Fusselteppich über seinem Nacken hängen hat. Brutales Martial-Arts gibt es ohnehin relativ wenig und wenn wird möglich versucht den Kopf des Doubles außerhalb der Kamerareichweite zu bugsieren. Was man bei Filmen wie „Belly of the Beast“ gerade noch so ertragen konnte, nimmt hier wirklich peinliche Auszüge an. Mei o Mei… Man blendet sogar aus, wenn er aus dem Bett steigt, zeigt anderseits aber eine Liebesszene (inklusive Kuss!) mit ihm (*grusel*).
Kommen wir zur Geschichte selbst, die von Nu Image – Urgestein Danny Lerner und Les Weldon („Replicant“, „The Order“) so famos (*hüstel*) erdachte wurde. Immerhin spielt Seagal ausnahmsweise mal keinen Ex-CIA-Agenten, sondern Harlan Banks, seines Zeichens ein krimineller Profi mit Gönnerherz, der einen Neuanfang will und deswegen mit seiner Frau, die irgendwelche mysterischen Dinge träumt, welche mit der Handlung nur unzureichend erklärt werden, den Neuanfang angeht. Nur leider lässt er sich als Fahrer für den falschen Auftrag einspannen und bekommt eine Knarre an die Schläfe gehalten. Ein paar erschossene Polizisten und die oben erwähnte Verfolgungsjagd später, wird der arme, entkräftete Harlan von der Polizei geschnappt. Die Beute von 20 Millionen Dollar ist verschwunden und er mächtig sauer, weil ihm fix dämmert, dass er verarscht worden ist. Also wandert er erst mal in den Bau (Willkommen in Sweet Water aus „Undisputed“...), schmeißt sich dort mit dem schwarzen Gangster Ice Cool (Anthony „Treach“ Criss) zusammen, erkämpft sich Respekt (Das Übliche eben... sein Kumpan, auf den er natürlich nicht gut zu sprechen ist, schaut dort auch vorbei..) flüchtet dank einer angezettelten Gefängnisrevolte per Heli, guckt beim illegalen Waffenhändler vorbei und beginnt sich zu rächen... Nun ja... Es gibt hier auch noch einen parallelen Subplot, um eine Polizistin, die sich vor ihrem Vorgesetzten in Acht nehmen muss, weil sie an Harlans Unschuld glaubt, doch der ist weitestgehend uninteressant, wenn final auch Überraschungen offenbarend.
Don E. FauntLeRoy, der immerhin ein passabler Kameramann, aber kein allzu guter Regisseur ist, verantwortet bekanntlich auch den nächsten Seagal-Klopper „Mercenary“ und versucht sich hier so geschickt wie möglich aus der Affäre zu ziehen. Die Story und ihr Verlauf ist gelinde ausgedrückt stinklangweilig und auch völlig belanglos. Was der gute Steven da nun gerade anstellt und warum er das tut, tangierte mich jedenfalls weniger. Wohl auch deswegen versucht Don E. FauntLeRoy mit, besonders zum Schluss, relativ viel Gewalt Aufmerksamkeit zu erregen und lässt die Stilmittelpalette eine zweite Geige spielen. Ein brechender Arm, ein sensendes Schwert und jede Menge blutiger Shootouts, unter anderem auch in Zeitlupe, erinnern zwischenzeitlich kurzfristig an die guten alten Achtziger. Auch darf Steven Seagal schön kompromisslos einen Kopf in einen Schraubstock packen, einen nutzlosen Informanten erschießen und sich allgemein angepisst, gnadenlos und rachsüchtig zeigen. Bekanntlich sind Emotionen ihm fremd, aber wäre er 15 Jahre jünger, dürfte man sich phasenweise (!!) an seine alten Zeiten erinnert fühlen. Viele gibt es davon allerdings nicht. Also die Erwartungen nicht zu hoch schrauben.
Mit seinem schwarzen Partner halten dann auch etliche Hiphop – Einflüsse in den Film Einzug, die „Today You Die“ etwas aufpeppen. Isaac Florentines Haus- und Hofkomponist Stephen Edwards, neben Adam Nordén („Direct Action“, „The Defender“) aktuell der beste B-Komponist, sorgt auch für einen stimmigen, coolen Score, der oft genau dieser Stilrichtung entspricht. Zu sehr driftet man in diese Motive allerdings nicht ab. Im Gegensatz zu „Glimmer Man“ bleibt Steven Seagal die Hauptfigur. Ice Cool unterstützt ihn lediglich, hat die nötigen Kontakte, um das Equipment zu beschaffen und gibt ab und an auch einen witzigen Oneliner zum Besten („Same shit, different toilet“). Ein harmonische Duo wird daraus also, auch weil die Chemie nicht stimmt, nie.
Um noch ein wenig deutlicher zu werden: „Today You Die“ sieht streckenweise wie ein solider B-Actioner aus und wenn der ganze Film so ablaufen würde, könnte man mit dem Endresultat auch ganz zufrieden sein. Der Bodycount ist recht hoch und die blutigen Ballereien sind von Don E. FauntLeRoy soweit ordentlich inszeniert, auch wenn die Gegner ständig wie die Fliegen fallen und Seagal hüftsteif in der Gegend herumballert. Das hat schon Hand und Fuß, was hier gezeigt wird und schaut szenenweise auch chic aus. Nur wenn man gleichzeitig den Stock Footage Fundus bemüht, gibt das bei mir einen kategorischen Abzug. Der Plot mit seinen Irrwegen, wie Seagals hellsehender Frau und der auf eigene Faust forschenden Polizistin wird dagegen langweilig und wenig packend, ja schlicht lieblos, erzählt. Ice Cool wirkt da geradezu erfrischend in diesem drögen Szenario, bekommt aber relativ wenig Szenen, um sich in den Vordergrund zu spielen.
Fazit:
„Today You Die“ ist nicht der schlechteste Film Steven Seagals, aber sein peinlichster. Dass er mittlerweile in Produktionen anheuert, die massiv auf Stock Footage zurückgreifen und sich in jeder erdenklichen Szene doubeln lässt, werden seine Fans, zu denen ich mich mittlerweile nicht mehr zähle, nicht mit Freuden aufnehmen. „Black Dawn“ und „Shadows of the Past”, seine beiden nächsten Filme, werden von Screen Gems produziert, weswegen es noch Hoffnung gibt, dass Sony vielleicht etwas mehr Geld in den formlosen Suppenkasper pumpt. An einen Film wie „Submerged“ glaube ich allerdings nicht mehr.
So bleibt „Today You Die“ ein mittelprächtiges Ärgernis, das zumindest über ein paar passable und brutale Ballereien verfügt und mit einer „In Zeitlupe vom explodierenden Auto weggehen“ – Szene aufwartet, ansonsten jedoch nicht so schrecklich viel auf seiner Habenseite verbuchen kann – vielleicht noch zwei bis drei Fights der Seagal-Doubles, aber so spektakulär sind die auch nicht.
Mit dem öden, ausgelutschten Plot ist jedenfalls kein Blumentopf zu gewinnen. Schade, um Komponist Stephen Edwards, den zumindest hin und wieder Talent aufblitzen lassenden Anthony Criss, sowie Kevin Tighe („Road House“, „Men of War“), der erschreckend alt geworden ist. Passabel, ansehbar, nicht mehr. Ich warte auf Dolph Lundgren und Wesley Snipes. Die sind zurzeit zu mehr im Stande...