Sind Männer die besseren Frauen ?
So merkwürdig es heute klingt, die Komödie, die 1982 mal wieder einen als Frau verkleideten Mann in den Mittelpunkte stellte und die heute - zumindest wenn man den OFDb als Maßstab nimmt – im Sumpf der regelmäßigen Fernsehwiederholung versunken zu sein scheint, war damals Gegenstand kontroverser Diskussionen.
Dabei handelt es sich zuerst einmal um eine ungeheuer witzige und gerade in ihrer Charakterdarstellung von Frau und Mann sehr treffende Komödie.
Michael Dorsey (Dustin Hoffmann) ist ein sehr engagierter Schauspieler, der hohe Ansprüche an sich und die Schauspielkunst allgemein stellt. Entsprechend der marktwirtschaftlichen Realitäten und weil er wegen seiner kritischen Denkweise unangenehm aufgefallen ist, gilt er als nicht mehr vermittelbar und für seinen Agenten (Regisseur Sidney Pollack) als hoffnungsloser Fall.
Innerhalb seines Freundeskreises (mit Bill Murray als seinem Mitbewohner, der hier sehr lässig und fast unauffällig agiert), der ebenfalls aus verkannten Schauspielern besteht, genießt er eine gewisse Reputation auf Grund seines lautstarken Engagements und seinem Wunsch ,eine eigene Produktion auf die Bühne zu bringen. Dafür fehlt ihm nur noch das nötige Kleingeld....
Als er mitbekommt, daß Sandy, eine Freundin, sich bei einer Fernsehserie für eine Rolle bewirbt – normalerweise für Michael schon aus künstlerischer Sicht nicht vertretbar – verwandelt er sich in die mttelalterliche, etwas hausbacken wirkende Dorothy Michaels, um zu beweisen, daß er noch Chancen auf eine Rolle hat. Und er bekommt die Rolle bei dieser täglichen „Krankenhaus – Seifenoper“...
Dustin Hoffmann gelingt es in Frauenkleider zu schlüpfen ohne dabei in typische Klamauk-Klamotten abzugleiten oder auch nur einen Anflug von Travestie zu erzeugen. Dadurch ist es völlig verständlich, daß seine Umgebung auf ihn reagiert, als wäre er eine „richtige Frau“.
Und das bedeutet, daß er an der eigenen Haut erfährt, was alltägliche Belästigung, Erwartungshaltung an die „weiblichen Reaktionen“ oder einfach der tägliche Stress des „sich Schönmachens“ bedeutet.
Die Qualität des Films liegt besonders darin, daß diese „Auswirkungen“ nicht übertrieben oder bewertend dargestellt werden ,geschweige denn ins Lächerliche gezogen werden. Michael muß erfahren, daß er als Mann die selben Mechanismen hat ,ohne sich bisher irgendetwas dabei gedacht zu haben.
Das wird sehr schön dadurch verdeutlicht, daß er sich – obwohl gerade als Dorothy besonders bemüht – gleichzeitig als Michael gegenüber Sandy besonders nachlässig verhält – so recht kann man eben nicht aus seiner Haut.
Das Außergewöhnliche liegt einfach darin, daß er sich als Mann natürlich viel besser gegen diese Macho-Mechanismen wehren kann und dadurch als Dorothy zum leuchtenden Vorbild der Emanzipation für seine weiblichen Kolleginnen (darunter die junge Geena Davis) wird. Gerade durch sein natürliches Selbstbewußtsein, daß seinen Kolleginnen, die sich in der typisch weiblichen Opferrolle befinden ,abgeht.
Genau durch diese Darstellung entstand die damalige Diskussion - Thema „die Männer müssen den Frauen mal wieder zeigen, wie man sich wirklich behauptet....“.
Dabei greift diese Kritik viel zu kurz, denn der Film spielt eben mit beiden geschlechtlichen Eigenarten, die man als Mann – selbst in Frauenkleidern – niemals begreift. Sehr schön an der Sequenz zu erkennen als ihm seine Kollegin Julie Nichols (Jessica Lange) ,in die sich Michael auch noch verliebt hat, anvertraut, sie wünsche sich, daß irgendwann mal ein Mann kommt, der nicht lange herum redet, sondern klar sagt, daß er mit ihr schlafen will.
Als Michael – jetzt als Mann – genau das zu Julie auf einer Party sagt, erntet er nur Abscheu.
Und so bleibt Michael eben auch immer ein Mann – der gerade auch als Dorothy davon getrieben wird, möglichst bei Julie landen zu können. Dabei nutzt er seine Rolle geschickt aus, auch diverse Nebenbuhler loszuwerden.
Nur gibt es natürlich nicht nur Vorteilein dieser Position – die Geister, die man rief, wird man nicht so leicht wieder los...
Und so wie die Frauen durch Dorothy etwas lernen können, so hat eben auch Michael die Chance von den Frauen etwas zu lernen...nur, ob er das nutzt ?
Ein bis in kleinste Nebenrollen hervorragend besetztes komödiantisches Meisterwerk, daß nichts von seiner Aktualität verloren hat. Und gerade dadurch brilliert, daß es hier keine Brüllwitze gibt, sondern daß die Komik und auch die damit verbundene Tragik (besonders schön Dorothy mit Julie’s Vater) einfach daher rührt, daß hier Jemand genau hingesehen hat....(9/10).