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Basierend auf dem Roman "Some Must Watch" von Ethel Lina White, produzierte die RKO-Radio Pictures unter Dore Schary ihren ersten Kinofilm. Ungefähr eine halbe Million Dollar ließ man sich diesen für damalige Verhältnisse sehr intensiven Gruselkrimi kosten, der sich nach seiner Veröffentlichung harscher Kritik stellen musste.
Dabei ist "Die Wendeltreppe" ein fast vergessener Film Noir, der lange im Gedächtnis bleibt. Geht es an die Analyse, so erkennt man fast einige Elemente eines modernen Slashers. Vom Motiv des Killers welches in der Vergangenheit liegt, bis hin zum weiblichen Opfer, welches dem Killer im Finale allein gegenüber steht.
Besonders das Drehbuch wurde schon damals als ungenügend abgetan und tatsächlich liegt es größtenteils am deutschen Regisseur Robert Siodmak (Nachts, wenn der Teufel kam, Der rote Korsar), dass einem "Die Wendeltreppe" auch heute noch das Gruseln lehrt.

Die Chose spielt in Neuengland, im Jahr 1906. In einem kleinen Ort geht ein Killer um, der Frauen mit einem körperlichen Gebrechen ermordet. Auch die stumme Haushälterin Helen (Dorothy McGuire) ist gefährdet, doch sie hört nicht auf die zahlreichen Warnungen der kranken Mrs. Warren (Ethel Barrymore), welche sie in einem abgelegenen Herrenhaus betreut. Während draussen ein Gewitter tobt, hat sich der Killer schon Helen als nächstes Opfer ausgesucht.
Schon der Titelmelodie gelingt es Gänsehaut zu verursachen, überhaupt spielt die Musik hier eine wichtige Rolle. Während Helen sich in einer Art Kinosaal einen Stummfilm ansieht und richtig mitfiebert, wird einen Stock darüber eine hinkende Frau ermordet, bevor der Killer zuschlägt sieht man immer sein Auge in Nahaufnahme. Leider verrät er dadurch schon fast seine Identität, denn die Auswahl der Verdächtigen ist sehr klein. Sie beschränkt sich schnell auf zwei Personen. Den gütigen Dr. Perry (Kent Smith), der fest von Helens Heilung überzeugt ist, kann man nämlich von Anfang an ausschließen.

Der Täter mit dem "bösen Auge" ist also leicht entlarvt, obwohl Siodmak sich alle Mühe gibt den Verdacht umzulenken.
Fast der ganze Film spielt sich in einem im Wald gelegenen Herrenhaus, fast schon Schloss, ab. Nostalgiker werden begeistert sein, Siodmak erzeugt mit einfachsten Mitteln maximale Spannung. Draussen tobt ein schreckliches Gewitter, unheimliche Geräusche, der dunkle Keller und die Tatsache, dass man weiss der Killer befindet sich im Haus. Ein gruseliges Highlight ist der zweite Mord im Gewölbekeller, nebst der finalen Jagd durch das große Haus, wo der Mörder viele Schlupfwinkel hat, um sich zu verstecken. Sein Motiv mag nicht ganz plausibel sein und wurde in Nachkriegszeit stark kritisiert, weil man sofort Parallelen zum Nationalsozialismus sah.
Trotz der kurzen Laufzeit von circa achtzig Minuten haucht Siodmak seinen Figuren sehr viel Leben ein, denn gerade die Familienverhältnisse der zerstrittenen Warrens spielen eine große Rolle. Die Leistungen der Darsteller sind grandios, Ethel Barrymore (Der Fall Paradin, Erbe des Henkers) wurde sogar für einen Oscar nominiert.

Ein durchweg gelungener Gruselkrimi, der nicht nur durch seine Darsteller glänzt, sondern auch durch die bedrohliche Atmosphäre. Für sein Entstehungsjahr schon grenzwertig, heute ein zu Unrecht vergessener Film Noir, leider bisher sehr selten ausgestrahlt wurde. Die heutige Generation mag damit nicht mehr viel anfangen können, doch für altmodische Cineasten ein klare Empfehlung.

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