„Da sind so kleine grüne Kerle mit großen Zähnen unterwegs, die die ganze Stadt kaputtschlagen!“
„Gremlins – Kleine Monster“ ist eine echte Gemeinschaftsproduktion: Produziert von Steven Spielberg und ursprünglich von Chris Columbus geschrieben, wurde das Drehbuch gemeinsam mit Spielberg und dem ehemaligen Corman-Schüler Joe Dante („The Howling“) umgeschrieben, bevor dieser es zwischen seinem Beitrag zum „Twilight Zone“-Episodenfilm und „Explorers - Ein phantastisches Abenteuer“ inszenierte – und damit einen seiner größten Erfolge feierte. Seit die Horrorkomödie im Jahre 1984 in die Kinos kam, ist die Populärkultur um einen Weihnachtsklassiker reicher.
„Ich weiß, dass das verrückt klingt...“
Der erfolglose Erfinder Rand Peltzer (Hoyt Axton, „Der schleichende Tod“) bringt seinem Sohn Billy (Zach Galligan, „Der Weg durch die Hölle“) zu Weihnachten einen „Mogwai“ aus einem Laden in Chinatown mit, einen niedlichen, pelzigen kleinen Gesellen. Es gilt jedoch, unbedingt drei Regeln zu beachten: Der Mogwai darf keinem hellen Licht ausgesetzt werden, nicht mit Wasser in Berührung kommen und keinesfalls nach Mitternacht gefüttert werden. Billy freut sich über seinen neuen Spielkameraden und tauft ihn auf den Namen Gizmo, doch diese drei Regeln einzuhalten erweist sich als Herausforderung. Als dies einmal nicht gelingt, vermehrt sich Gizmo auf wundersame Weise – und seine fünf Nachkommen sind leider keinesfalls so niedlich und lieb wie er, sondern werden zu hässlichen kleinen Monstern, die die Kleinstadt Kingston Falls zu terrorisieren beginnen…
„Du musst hart werden!“
Der in Chinatown angesiedelte Auftakt wirkt stilistisch wie eine Mischung aus Film noir und Märchen; ein Effekt, der durch Peltzers Voice-over-Erzählstimme verstärkt wird. Dass er den Mogwai gegen den Willen des alten Ladeninhabers (Keye Luke, „Nur du und ich“) kauft, ist das erste Indiz für die darauf resultierenden ungewollten Ereignisse; die nur scheinbar leicht zu befolgenden Regeln, die er mit auf den Weg bekommt, riechen schon zehn Meter gegen den Wind nach Ärger. Peltzers Heimat Kingston Falls wird als hübsches, verschneites Kleinstadtambiente präsentiert, das von der fiesen alten Fuchtel Mrs. Deagle (Polly Hollyday, „Die Unbestechlichen“) bedroht wird – bevor die Gremlins Angst und Schrecken verbreiten, terrorisiert sie bereits die von finanziellen Problemen geplagte Familie Peltzer. Der kleine, extrem süße Gizmo heitert Filius Billy auf und lenkt ihn von den Sorgen und Nöten der Familie ab, während als Running Gag nichtfunktionierende Haushaltsgeräte der Peltzers, die dem Erfindergeist des Familienoberhaupts entspringen, eingeführt werden. Bis hierhin ist „Gremlins – Kleine Monster“ ein märchenhafter Familienfilm (wenn auch mit antikapitalistischer Note), der kaum ein Wässerchen zu trüben vermag.
„Wir müssen die Menschen unbedingt warnen!“
Die Märchenstimmung endet abrupt, als Billys Kumpel Pete (Corey Feldman, „Freitag der 13. – Das letzte Kapitel“) versehentlich Wasser über Gizmo schüttet, woraufhin sich dieser die bösartigen Brüder nach und nach aus dem Rücken drückt. Dante-Stammmime Dick Miller („In Hollywood ist der Teufel los“) nimmt in seiner Rolle als arbeitsloser, ausländerfeindlicher Trinker erstmals das Wort „Gremlins“ in den Mund, das im englischen Sprachraum bereits gebräuchlich war und so viel wie „kleine Monster“ bedeutet. Noch meint Miller damit lediglich eine seiner xenophoben paranoiden Fantasien, mit den tatsächlichen Gremlins wird er erst später Bekanntschaft machen. Billy indes macht Bekanntschaft mit Kate (Phoebe Cates, „Private School – Die Superanmacher“), der Tresenkraft des örtlichen Irish Pubs, und verguckt sich in sie, womit „Gremlins – Kleine Monster“ auch seine kleine Liebesgeschichte hat. Besucher von Irish Pubs drehen ganz gern mal auf, doch solche Gäste wie die Gremlins, die aus dem frechen und aufgekratzten Mogwai-Nachwuchs nach ihrer Verpuppung mutiert sind, hat auch sie noch nicht erlebt.
Ungefähr ab der Hälfte wird Dantes Film zur Horrorkomödie, die alles Märchenhafte ablegt und den Handlungsstrang um Kapitalistin Mrs. Deagle längere Zeit vernachlässigt. Zu klassisch inszenierten Spannungsszenen gesellt sich nun manch harscher und blutiger Moment, beispielsweise wenn Billys Mutter sich gegen die Unholde zur Wehr setzt und dabei ihre Haushaltsgeräte zu Hilfe nimmt. Und als wären fünf Störenfriede nicht genug, potenziert man die Bedrohung, als es nach einer Vermehrung im Schwimmbad des YMCA zu einer wahren Gremlins-Invasion kommt. Das Creature Design ist hervorragend gelungen, die Kreaturen sind plastisch, böse dreinblickend und einige lassen sich sogar aufgrund bestimmter Merkmale unterscheiden. Die Handlung setzt noch einen drauf, indem sie die Monster schnell dazulernen lässt und mit einer menschlichen Intelligenz ausstattet: Sie können nicht nur lesen und ein paar Worte sprechen, sondern sogar Flurfahrzeuge steuern. Damit nicht genug: Sie singen Mrs. Deagle sogar ein Weihnachtsständchen… Dass diese eine solche Weihnachtshasserin ist, hat einen traurigen Hintergrund, der den menschlichen Aspekt kurzzeitig wieder in den Vordergrund rückt.
Für eine Horrorkomödie, vor allem für eine, die zunächst suggeriert, ein Film für die ganze Familie zu sein, ist „Gremlins – Kleine Monster“ mitunter ziemlich herb ausgefallen, jedoch wurde bei allem schwarzen Humor darauf geachtet, blutige Szenen mit Menschen auszusparen. Stattdessen etabliert Dante eine weitere Ebene: die der Referenzialität aufs eigene Medium, der Parodie und der Hommage. Ständig läuft irgendwo ein Fernseher, in einem erscheint gar selbst ein Gremlin, vor allem aber laufen ganz beiläufig Klassiker wie Frank Capras Weihnachtsfilm „Ist das Leben nicht schön?“ oder Don Siegels Science-Fiction-Horror „Die Dämonischen“. Vater Peltzers Besuch der Erfindermesse geht mit subtilen Ehrerbietungen an „Die Zeitmaschine“ und „Alarm im Weltall“ einher, Produzent Steven und Spielberg und Komponist Jerry Goldsmith absolvieren Gastauftritte. Weit weniger subtil, vielmehr äußerst offensiv ist die Besetzung eines Kinos durch die Gremlins, in dem Disneys „Schneewittchen und die sieben Zwerge“-Zeichentrickadaption gezeigt wird. Und wie der Oberbösewicht nach einem überdrehten Finale zerfällt, erinnert sicher nicht von ungefähr an klassische Vampire.
„Gremlins – Kleine Monster“ funktioniert in seiner Gesamtheit auch als allgemeine Parodie auf Weihnachtskitsch, insbesondere filmischen, und nimmt zudem den Dualismus des Menschen, seine sich nicht selten pünktlich zu Weihnachten zeigende Heuchelei und Doppelmoral, aufs Korn. Dies geschieht ohne erhobenen Zeigefinger, sondern in Form eines gelungenen, auf hohen Unterhaltungswert und Kurzweil ausgerichteten Spagats zwischen Horror auf der damaligen Höhe der Zeit und Familientauglichkeit zumindest bis hinab zum nicht mehr ganz so jungen Nachwuchs. Sympathische, gut geschauspielerte Figuren inklusive dem beeindruckend trainierten Familienhund Barney (Mushroom, „Das Halloween-Monster“) wirken sehr einladend und tragen neben der tollen Spezialeffektarbeit und der zum Abschuss freigegebenen Kleinstadtweihnachtsatmosphäre dazu bei, dass Dantes Film hervorragend gealtert ist und selbst zu einem Weihnachtsklassiker und -Evergreen gereift ist – wenngleich mir persönlich der eine oder andere konsequent grimmige Weihnachtshorrorfilm dann doch noch ein wenig mehr am Herzen liegt.