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„Wenn ich in den Ferien niemanden kennenlerne, wie soll ich dann an frisches Blut kommen?“

Zwei Jahre nach der äußerst erfolgreichen Coming-of-Age-Liebeskomödie „La Boum – Die Fete“ des französischen Regisseurs Claude Pinoteau folgte mit „La Boum 2 – Die Fete geht weiter“ die erste und einzige Fortsetzung. Auf dem Regiestuhl nahm erneut Pinoteau Platz, das Drehbuch verfasste wie zuvor Danièle Thompson und auch das Darstellerensemble um die mit „La Boum“ zum Jugendstar gewordene Sophie Marceau blieb erhalten. Seine französische Premiere feierte der Film Dezember 1982, die deutsche Synchronfassung kam im Frühjahr 1983 in die Kinos.

„Freundschaft zwischen Jungs und Mädchen – daran glaub' ich nicht!“

Vic (Sophie Marceau) ist mittlerweile fünfzehneinhalb Jahre jung und ihre Eltern (Brigitte Fossey, „Glaskäfige“ und Claude Brasseur, „Das Schreckenshaus des Dr. Rasanoff“) haben sich wieder miteinander versöhnt. Doch ihr Vater gibt seine Zahnarztpraxis auf, um in die Forschung zu gehen, was neues Konfliktpotential birgt – denn er müsste dafür von Paris nach Lyon gehen. Vic lernt Philippe (Pierre Cosso, „ Cinderella '80“) kennen und verliebt sich in ihn, jedoch interessiert sich auch ihre bereits die Pille nehmende und einen hohen Verschleiß an Jungs aufweisende Freundin Pénélope (Sheila O'Connor) für den attraktiven Jüngling und reagiert eifersüchtig. Nichtsdestotrotz werden Vic und Philippe ein glückliches Pärchen, wenngleich sich Vic Gedanken darüber macht, ob er wirklich der Richtige für ihren ersten Geschlechtsverkehr ist. Philippe wiederum betrachtet mit Argwohn, dass Vic wieder Kontakt zu ihrem Ex-Freund Mathieu (Alexandre Sterling, „Kinder für das Vaterland“) pflegt…

„Wir sind nicht in Sizilien, Papa!“

Mit „Your Eyes“ der britischen Gruppe Cook da Books erklingt ein neuer Titelsong, „(Dreams are my) Reality“ galt nach nur zwei Jahren bei den Jugendlichen als hoffnungslos veraltet – wie die Proteste belegen, als Pénélopes Schwester Samantha (Alexandra Gonin) es wagt, den Song aufzulegen. Das ist eine witzige Anspielung auf die Schnelllebigkeit insbesondere in Jugendzeiten, wozu auch Pénélopes ständig wechselnde Liebschaften zählen. Eine Art Äquivalent zur „Modenschau“ im ersten Teil bilden diesmal minutenlange Balletttanzszenen Vics. Ähnlich lang sind die Livemusikszenen, als Vic mit Philippe ein bestuhltes (!) Popkonzert besucht – das riecht schon ein bisschen nach Promotion für die Band. Im Gastronomiebereich hängen übrigens Iron-Maiden- und AC/DC-Plakate und es gibt Riesen-Hotdogs.

Boxkampf- und Urlaubsszenen aus Tunesien, wohin es Vics Eltern für eine Woche in den Urlaub verschlug, sorgen zwischenzeitlich für Abwechslung zu den urbanen Pariser Eindrücken. Dass Vic sich zu Philippe auf eine Party schleicht, aber ihre Eltern verfrüht aus dem Urlaub zurückkommen und Vic daher Ärger bekommt, ist ebenso niedlich und harmlos wie ihre Angst vorm ersten Mal und spätere gegenseitige Versuche, sich eifersüchtig zu machen. Um die Gemengelage endlich etwas in Schwung zu bringen, lässt man Mathieu wieder auftauchen, der ebenfalls gleich eine Party, sorry, „Fete“ schmeißt. Dort interessieren sich auch andere für Vic, deren Brüste sich in leichter lolitaler Erotik unter ihrem weißen Shirt abzeichnen. Im Zuge eines Partyspiels sollen sich Vic und Samantha ein paar Minuten lang auf der Straße als Prostituierte ausgeben, was Philippe über alle Maßen empört. Es gibt so richtig Zoff, was in einer Schlägerei zwischen Vics Vater, der Polizei und den Jugendlichen resultiert. Ja, hier wusste man, was eine zünftige Fete ist.

Dabei handelte es sich indes bereits um den Höhepunkt des Films, der ansonsten viel damit beschäftigt ist, Vics Umfeld grob zu skizzieren und Nebenhandlungen zu etablieren, die von Samantha, die die Schule vernachlässigt und ganz in ihrem Tänzerinnentraum aufgeht, und Urgroßmutter Poupette (Denise Grey, „Die Französin und die Liebe“), die ihren Geliebten zu ehelichen gedenkt, handeln. Die elterlichen Themen sind weniger präsent und für Vic nicht mehr von sonderlichem Belang; möglicherweise wurden sie bewusst so angelegt, um den langsamen Abnabelungs- oder den jugendlichen Entfremdungsprozess von den Eltern zu demonstrieren. Selbst etwas unreif wirkt der Film, wenn er sich über einen Nerd mit Hornbrille lustig macht. Mit seinen vielen Verweisen auf die Hochkultur wirkt „La Boum 2“ jedoch meist eher unangenehm bourgeois, und wenn am Ende auch Samantha eine ausgiebige Balletteinlage tänzeln darf, ist’s der Füllszenen endgültig zu viel.

So bleibt ein anspruchsloses Filmchen um eine langsam flügge werdende Jugend mit einem schönen, romantischen Ausgang, das versucht, die Lebensrealität einer wohlbehüteten Pariser Mittelschichtsjugend widerzuspiegeln und bei einem etwas reiferen Publikum nostalgische oder sentimentale Gefühle in Bezug auf die eigenen ersten Gehversuche in Sachen Beziehung wecken dürfte. Das ist in Teilen durchaus charmant und unterhaltsam, doch fehlt im Gegensatz zum Vorgänger das gewisse Etwas.

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