Schon in der Übersicht lässt sich eine Eigenschaft von "Rules of Dating" ablesen. Der Film ist recht schwer einzuordnen und es werden sowohl Drama, Komödie als auch Romantik genannt um ihn kurz zu beschreiben. Was er am Ende ganz genau ist, vermag auch ich nicht genau zu sagen. Eines aber ist er sicherlich nicht, er ist keine Romantic Comedy.
In Südkorea ist es sehr gebräuchlich mit seinen Arbeitskollegen und Kolleginnen nach dem Dienst noch auszugehen. Man trifft sich zum Essen und Trinken in grosser Runde, die Vorgesetzten laden gern zum Afterwork Beisammensein ein und es gilt als unhöflich solche Einladungen auszuschlagen. Ob Karaoke oder einfach nur ein Restaurant, es wird viel getrunken und es wird oft sehr spät. Diese Zeit gilt fast schon als zusätzliche Arbeitszeit und in vielen Filmen ist dies immer wieder zu beobachten. Mit diesem Wissen wird die Handlung und der unterschwellige Zwang den die Hauptdarstellerin verspüren muss deutlicher. Auch haben die Männer im asiatischen Raum aus der Historie heraus immer noch deutlich mehr Rechte den Frauen gegenüber, die frühere "Narrenfreiheit" gibt es zwar nicht mehr und die Frauen in Südkorea sind deutlich emanzipiert, doch der Begriff der sexuellen Belästigung ist vielen Männern dort recht suspekt. Somit muss "Rules of Dating" als sozialkritisches Drama eingestuft werden, zwar nicht sehr konsequent in seiner Ausführung, dennoch ein kleiner weiterer Schritt in Richtung Gleichberechtigung den Frauen gegenüber.
Die Lehrerin Choi Hong ( gespielt von Kang Hye-jeong ) bekommt eine Stelle an einer High School zugewiesen. Dort muss sie sich mit einem Ausbilder zusammen um eine Klasse kümmern. Der männliche Lehrer Lee Yoo-rim ( gespielt von Park Hae-il ) wird ihr direkter Vorgesetzter und Ausbilder. Er ist sofort sehr angetan von seiner neuen und zugegeben sehr hübschen Untergebenen. Ohne auch nur eine Minute Zeit zu verschwenden, beginnt er sie sehr direkt zu umwerben. Weder die Tatsache dass er ein Jahr jünger ist, noch ihre höfliche aber eindeutige Ablehnung seiner Avancen halten ihn ab. Mehrfach fragt er sie schonungslos und plump direkt nach Sex. Choi Hong bleibt freundlich und ist stets bemüht keinen Fehler zu machen, sie sagt zwar nein doch dies niemals mit dem nötigen Nachdruck, die gesellschaftlichen Zwänge und irgendein unbekannter Grund scheinen sie zu hemmen.
Während einer gemeinsamen Klassenfahrt kommt es zu einem sexuellen Übergriff. Halb zog er sie halb sank sie hin, sie haben jedenfalls Sex miteinander und die Definition Vergewaltigung ist angebracht. Dies ist dann allerdings der Beginn einer Affäre, sie schlafen noch viele Male miteinander. Die Beziehung ist schwer nachvollziehbar, sie sagt nein aber schläft dennoch mit ihm. Am Ende droht ihre Affäre in der Schule aufzufliegen. Sowohl die Gegenwart als auch die Vergangenheit von Choi Hong bestimmen dann den weiteren Verlauf dieser tragisch werdenden Beziehung.
Für südkoreanische Verhältnisse mag dieser Film ja mutig sein, für westliche Zuschauer ist er einfach nur unausgegoren und ohne die nötige Durchschlagskraft. Eine sich ergebende Frau die heimlich still und leise immer nur erträgt und leidet, dann aber auch eine suspekte Nähe zum Peiniger aufbaut ist keine gute Fürsprecherin für die emanzipatorische Bewegung. Die Person der Choi Hong wirkt leider zu oft unglaubwürdig, der männliche Gegenpart wird oft genug als wenig potent und penetrant dargestellt, eine deutlichere Abgrenzung hätte dem Film sehr viel mehr Aussagekraft verliehen. So bleibt das Spiel der Geschlechter oftmals zu oberflächlich und zaghaft, die Klischees werden bedient und der Rollentausch am Ende kommt fast schon aufgesetzt daher. Somit also verschenktes Potential bei der Aussage, vieles zu weichgezeichnet und nicht eindeutig unterstrichen.
Die beiden Schauspieler allerdings sind daran nicht schuld. Die wirklich süsse und herrlich unterwürfige Kang Hye-jeong ist ein optischer Genuss, sie ist wirklich das optimale und passende Opfer. Ihr männlicher Gegenpart Park Hae-il spielt den triebgesteuerten und in Selbstsicherheit schwelgenden Kerl der sich ein Mädchen schnappt wie er will recht überzeugend ; und das obwohl er in den entscheidenden Situationen nicht gerade vor Männlichkeit strotzt. Die interessanteste Passage des Films ist allerdings die, in der die Rollenverteilung der beiden kippt und die Frau fast schon zynisch und mitleidvoll ihrem Peiniger die Grenzen aufzeigt.
Alles in allem hätte der Film deutlich weiter gehen müssen und verpasst die Gelegenheit, mit einem guten Schauspielerpaar einen richtigen Akzent zu setzen. Wer auf eine romantische Komödie wartet wird enttäuscht werden, wer ein waschechtes Drama erwartet ebenfalls. Eine Art tragisches Liebesdrama mit ironischen Untertönen und kleinen neckischen Seitenhieben auf die südkoreanische Gesellschaft ist es geworden. Da alles im Weichspülgang daherkommt und deutliche Chancen ausgelassen werden, gibt es nur 7 Punkte.