1988 "Red Heat" oder "Entspannung auf Adrenalin - Arnold sieht rot" (Arnie Nr. 9)
Man soll ja bekanntlich nicht mit der Tür ins Haus fallen, von wegen cleverer Spannungsaufbau und so, aber „Red Heat" ist ein Knaller. Das ist purstes 80er-Buddy-Macho-Körper-Krawall-Kino. Arnold Schwarzenegger teams up with Walter Hill, allein diese Meldung ist schon ein Gourmethappen für Freunde der derberen Gangart. Da weiß man, was die bösen Buben kriegen, nämlich garantiert gnadenlos auf die Zwölf. Ganz ohne lästiges Herumgerede, oder schwermütiges Psychologisieren. Und damit wir neben Arnolds markigen Onelinern auch ein Feuerwerk an flapsigen Chauvi-Sprüchen genießen dürfen, hat der gute Walter auch noch Schodderschnauze James Belushi an Bord geholt. Wer von den beiden nicht via Blei oder Muskelkraft auf die Bretter geschickt wird, dem fliegen ganze Salven zotiger und derber Verbalgeschosse um die Ohren.
Klar könnt man jetzt einwenden, dass Hill Nick Nolte durch Schwarzenegger und Eddie Murphy durch Belushi ersetzt hat, um das schamlose Remake von „48 Hours" zumindest notdürftig zu kaschieren. Auch wenn das gar nicht schlimm wäre, schließlich ist ja auch das vermeintliche Vorbild ein Knaller, so muss man ehrlicherweise sagen, dass „Red Heat" schon ein paar Alleinstellungsmerkmale zu bieten hat, die ihn deutlich abgrenzen. Eins davon kommt aus Österreich und ein anderes trägt einen Blutschwamm an exponierter Stelle.
Ausnahmslos jeder Film in dem Arnold in den 1980er Jahren (und auch den frühen 90ern) mitgewirkt hat, ist in allererster Linie ein Schwarzenegger-Film. Egal in welchem Genre, unter welchem Regisseur und mit welchen Costars, unser Lieblingsbodybuilder ist stets dieselbe unkaputtbare Kampfmaschine, die wie eine Urgewalt durch die Scharen überforderter Gegner pflügt. Das gilt selbst für das unblutige Komödiendoppel mit Ivan Reitman. Das hat etwas archaisches, comichaftes, ultimatives, etwas, das nicht einmal sein ähnlich ikonenhaft wirkender Konkurrentenkumpel Stallone darzustellen vermag. Eine Art Sagengestalt der Actionwelt.
Aber „Red Heat" umweht nicht nur die ganz eigene, steirische Brise, sondern auch der Wind drastischer, politischer Veränderungen. Mit Amtsamtritt Michail Gorbatschows sah sich der Kalte Krieg so unertwartet wie heftig mit einem hartnäckigen Tauwetter konfrontiert. Glasnost und Perestroika waren plötzlich die russischen Vokabeln zwei und drei, die es nach „Vodka" ins westliche Langzeitgedächtnis schafften. Man näherte sich an, man kooperierte, man baute vorsichtig Vertrauen auf.
Hill schnürt diese ganzen Entspannungsutensilien zu einem kompakten Paket und lässt es Arnold ausliefern. Also gibt der den knallharten Moskauer Drogenpolizisten Ivan Danko, der in den kapitalistischen Westen reist, um einen entflohenen Gefangenen zurück zu holen. Natürlich kommt er mit und begegnet er dort allerlei Klischees und Vorurteilen. Der rotzige Chicagoer Cop Art Ridzik (Belushi) dient dabei als Katalysator wie auch als Gegenstück an dem das sich wandelnde Ost-West-Verhältnis innerhalb der Parameter eines simplen Actionszenarios durchexerziert wird. Dass die anfängliche Abneigung und Antipathie im Verlauf der gemeinsamen Verbrecherhatz zunehmend Respekt und Freundschaft weicht, gehört zu den Grundfesten des Buddy-Genres. In „Red Heat" läuft dieses Standardprogramm aber eben auch auf einer zweiten, einer zeitgeistlichen und politischen Ebene, was dem Film einen ganz eigenen Dreh verpasst.
Neben einem ganzen Schwall zotiger Bemerkungen Ridziks sind es dann auch besonders die politisch konnotierten Dialogsalven, die den kultigen Ruf des Films rechtfertigen. Die meist von Schwarzenegger mit stoischer Miene und knappstem Vokabular beendeten politischen Unkorrekt- und bewussten Klischeehaftigkeiten sind in ihrer ironisch-sarkastischen Anlage regelrechte Brüller, zumal der Gegensatz zum dauerquasselnden Schmierlappen Ridzik allein schon enormes Komik-Potential hat. Weisheiten wie "Chinesen fanden Lösung. Gleich nach Revolution stellten sie alle Drogendealer und alle Drogensüchtigen auf öffentlichen Platz und Schuß in den Hinterkopf." (Danko) - "Das würde hier nicht funktionieren. Das würde unseren Politikern gar nicht gefallen." (Ridzik) - "Erschießt Politiker zuerst." (Danko), "Hören Sie, aus reiner Neugier und da vermutlich alle Bullen auf der Welt gleich sind, wie werdet ihr Sowjets mit dem ganzen Druck und Stress fertig?" (Cmdr. Donnelly) - "Wodka..." (Danko), "Mein Name ist Ivan Danko. Ich bin Polizist aus der Sowjetunion. Amerika ist ein seltsames Land. Das Verbrechen ist organisiert. Die Polizei nicht." (Danko) oder "Ist das wirklich ne Polizeiuniform? Sieht aus wie ein aufgedonnerter Postbote aus dem 2. Weltkrieg." (Ridzik) greifen tief in die Mottenkiste gängiger Stereotypen, servieren die aber mit einer kaltschnäuzigen Direktheit, die fast schon Stand-up-Comedy-Qualitäten hat. Man kanns auch kürzer sagen: die Chemie zwischen Arnold und Belushi stimmt auf den Punkt, ganz sicher auch ein Verdienst Hills.
Der lässt aber auch bei seiner Kernkompetenz nichts anbrennen. Bei allen Kalauer- und Star-Qualitäten ist „Red Heat" vor allem eins: ein wunderbar getakteter und choreographierter Action-Reißer aus einer Zeit, in der man als Stuntman und Pyrotechniker noch Arbeit fand. Es wird geschossen, geprügelt, gerast und gesprengt was das Zeug hält, aber nie so, dass es unglaubwürdig oder gar lächerlich werden würde. Hier braucht es weder schnelle Schnitte noch eine unruhige Kamera um Bewegung und Wucht zu erzeugen.
Der Plot ist weder besonders einfallsreich, noch besonders blöde, er ist aber in sich schlüssig und lässt den drei zentralen Stärken (Cop-Duo, Action, Wortwitz) genug Raum zur Entfaltung. Wer sich an der Unwahrscheinlichkeit stört, dass ein Moskauer und Chicagoer Bulle gemeinsam scharf schießend durch die Straßen hetzen, ist definitiv im falschen Film. Der ist vermutlich auch gleich im falschen Genre. Aber die dürften ohnehin schon ob des durchaus programmatischen Schwarznenegger-Stempels hinreichend abgeschreckt worden sein.
Ansonsten - falls nicht ohnehin schon rituialisiert - eine unbedingte Empfehlung zur alljährlichen Tauwetter-Sichtung (bei dem Titel gehts natürlich auch im Sommer). Ob Saunafreund, Sowjet-Nostalgiker, Gina-Gershon-Fanboy, oder Bürstenschnitt-Freak, hier werden auch Randgruppen bestens bedient. Und sonst? Arnold zieht natürlich blank und ja, er hat vorher trainiert. Laurence Fishburne war mal schmal, ehrlich. Dirty Harry bekommt seinen Moment und Belsuhi feuert mehr „Fucks" als Schüsse ab. Zuvorderst also ein Wellness-Programm für Actionliebhaber, Entspannung pur und das sogar doppelt. Nicht auch wenns, sondern weils knallt.
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Bad Ass Rating: 7/10 (hier fliegen die Fetzen mehr verbal, dafür aber so richtig; natürlich gibt es auch ein paar Shoutouts obendrauf)
Muscle Posing Rating: 7/10 (der Beginn in einer russischen Dampfsauna setzt schon mal Maßstäbe, später bleiben die Muckis aber meist hübsch verpackt)
Originaltitel: ebenfalls "Red Heat" (grad noch mal von einer roten Hitze verschont geblieben)
Ähnlichster Stallone-Film: "Tango & Cash" (Buddy-Frotzeleien mit Sprücheklopfer-Cop-Kollegen)
Arnold mit Zigarre: Check / Arnold mit Bürste: Doppel-Check / Arnold oben ohne: Check
Beste Oneliner: "Erschießt Politiker zuerst." (Danko), "Wer ist Dirty Harry?" (Danko), "Den Sittich füttern? Ist das Rusisch für wichsen?" (Ridzik), "Ist das wirklich ne Polizeiuniform? Sieht aus wie ein aufgedonnerter Postbote aus dem zweioten Weltkrieg." (Ridzik)
Filmposter-Slogan: "Der härteste Bulle Moskaus hat einen Job in Chicago. Amerikas verrücktester Detektiv ist sein Partner"