Review

Der britische Kriegsfilm brachte einige brauchbare Filme hervor, wirklich hervorragende Kunst war, trotz oft vorhandenem Potential, nur leider sehr selten dabei. „Eye of the Needle“ ist ein sehr später Ausläufer dieser Sparte. Basierend auf dem Roman Ken Folletts schuf der spätere „Star Wars: Episode VI - Return of the Jedi“ – Regisseur Richard Marquand einen besseren Vertreter, dem schließlich die Romanvorlage einen Strich durch die Rechnung macht.

Der unaufhaltsame Siegeszug der deutschen Wehrmacht ist im Osten gestoppt, in England bereitet man sich auf die Invasion vor. Der von Adolf Hitler höchstpersönlich Vertrauen erfahrende deutsche Top-Agent Faber (Donald Sutherland, „Kelly’s Heroes“, „Virus“) ist auf der Insel tätig, um das britische Militär zu infiltrieren und dem deutschen Nachrichtendienst Informationen über die Stärke der Invasionsarmee zu übermitteln. Dabei entdeckt er eine Finte, die sich als kriegsentscheidend herausstellen könnte.

„Eye of the Needle“ ist in der ersten Hälfte ein richtig spannender und harter Thriller, der mit einem ganz ungewohnt humorlosen Sutherland als Spion aufwartet. Sein Faber ist skrupellos und mordet, um seine Tarnung zu bewahren, auch Unschuldige und Verbündete mit einem Stilett – daher sein Rufzeichen „Die Nadel“. Marquand verlässt sich dabei weitestgehend auf die Dunkelheit und das ungemütliche, regnerische Inselwetter. Die Spannung entwickelt sich nicht nur aus den brisanten Informationen, sondern auch aus dem britischen Geheimdienst, der ihm auf den Fersen ist.

Nach einer nächtlichen, nervenaufreibenden Flucht aus einem vollbesetzten verdunkelten Zug und dem verzweifelten Versuch sich auf kabbeliger See mit einem deutschen U-Boot zu treffen, bricht der Film plötzlich mit den bis dahin hervorragend funktionierenden Thrillerkonventionen und lässt Faber schiffbrüchig auf einer Insel, auf der nur eine Familie und ein Schäfer lebt, stranden.

Dieser zweite Teil ist zunächst ein eigenartiges Drama. Die ihm Obdach gewährende Familie hat zig Probleme. Der Ehemann ist ein Krüppel und scheut sich vor seiner Frau, ist gegenüber Faber aber sehr aggressiv. Sie (Lucy) wiederum ist der Verzweiflung nahe und will für ihren verbitterten, sich schuldig fühlenden Mann (er verlor seine Beine bei einem Unfall nach der Hochzeit) doch nur das Beste. Daraus resultiert dann eine heimliche Affäre zwischen Faber und Lucy (Kate Nelligan). Man verpasst hier die Chance dem Charakter Tiefe zu geben. Durch das Memo der Geheimdienstagenten erfuhr man viel, als in den schwulstigen Dialogen und dem müden Bettgehüpfe.

Natürlich eskaliert die Situation irgendwann. Als das Unwetter nachlässt rücken auch die britischen Agenten an. Zum Ende hin kehrt dann „Eye of the Needle“ wieder zu alten Tugenden zurück. Der Versuch Zweifel zu streuen erweist sich als fadenscheinig, da niemand so recht glauben will, dass Faber sein eigentliches Ziel auch nur einmal aus den Augen verliert.

Richard Marquand ist hier kein Vorwurf zu machen. Dafür ist „Eye of the Needle“ zu typisch britisch und zu sorgfältig inszeniert. Die Prämisse ist zudem schön brisant und weil der Spion dann auch noch von ganz oben instruiert wird, hat man das Gefühl hier einen extrem gefährlichen und wichtigen Mann zu beobachten.
Donald Sutherland selbst darf hier sichtlich genüsslich den skrupellosen, über Leichen gehenden Top-Agenten geben, der sein Ziel klar vor Augen hat. Ungewohnt humorlos und zielstrebig vollzieht er seinen Auftrag.
Der Fehler liegt einfach in der Romanvorlage. Ken Follett hätte wesentlich besser daran getan, einen linearen, temporeichen Agententhriller quer durch Großbritannien zu schreiben, anstatt seinem Buch in der zweiten Hälfte zwischenzeitlich den Wind aus den Segeln zu nehmen. Mir für meinen Teil wurde diese Affäre zu lang. Schon allein weil die Dialoge nicht das hergeben, was man erwartet – nämlich mehr über die Figur zu erfahren. Da sind in den Gesprächen, wenn man zwischen den Zeilen liest, sicher Informationen zu werden, doch richtig definitiv wird Follett nicht.


Fazit:
So bleibt ein guter, britischer Kriegsthriller, der dank eines hervorragenden Donald Sutherland, der guten Inszenierung und besonders der starken ersten Hälfte weitestgehend überzeugen kann. Zwar hat der Plot in der zweiten Hälfte ein deutliches Tief, läuft final dann aber wieder zu einem verzweifelten Kampf auf Leben und Tod hinaus. Nicht der unangreifbare Klassiker, dafür jedoch ein guter Thriller.

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