Von Krawall-Regisseur Michael Bay ("The Rock") sind wir weitaus schlimmeres gewohnt: inhaltsarme aber top inszenierte Endlos-Ballerorgien, die ultrabrutal auf Hochglanz getrimmt wurden. Das hat sich auch bei der "Insel" nicht geändert. Auch hier blinkt und blitzt es, als wäre die Welt eine einzige keimfreie Zone. Selbst rostige Rohre wirken hier wie ein Hochglanzfoto. Nur gesellt sich hier zum üblichen Geballer so etwas wie Anspruch.
Lincoln-6-Echo (Ewan "Obi Wan" McGregor) und Jordan-2-Delta (Scarlett Johansson, "Lost in Translation") leben in einem von der Aussenwelt abgeschottetem Komplex mit 1000 Anderen Menschen. Ihnen wird vorgegaukelt, dass die übrige Welt kontaminiert ist bis auf "die Insel", dem einzigen noch nicht verseuchten Ort. Durch "die Lotterie" als Gewinner gezogen zu werden und dorthin zu gelangen ist das Lebensziel eines Jeden. Als Lincoln-6-Echo jedoch eines Tages Zeuge grausamer Laborexperimente wird, fliehen er und Jordan-2-Delta in die Außenwelt...
So weit, so gut. Die erste Stunde des Films hat ein paar nette gesellschaftskritische und evolutionspsychologische Ansätze zu bieten. Dann geht es aber los mit der besagten Endlos-Action, wobei die beiden Protagonisten quer durch die USA und hauptsächlich durch das (mittels CGI generierte) L.A. der Zukunft fliehen und rennen und rennen und...
Naja und so weiter. Mittlerweile (nach einem riesigen Haufen an Product-Placement - man sieht Puma-Turnschuhe, Cadillacs, msn-Bildtelefone (!) usw.) haben die beiden herausgefunden, dass sie nur "Produkte" sind; Klone, die für ihre Auftraggeber als Ersatzteillager herhalten. Und da natürlich niemand von illegalen Human-Experimenten und dem 1:1-Klonen von Menschen wissen darf, wird auf Lincoln-6-Echo und Jordan-2-Delta ein Auftrags-Söldner (Djimon Hounsou, "Amistad") angesetzt, der sie eliminieren soll...
...und genau dort offenbart sich die inhaltliche Schwäche des Drehbuchs. Die Wandlung des Auftrags-Söldners vom Saulus zum Paulus nach vorausgegangener kurzer und plumper Moral-Diskussion bleibt letztendlich fragwürdig und ebenso wie die Gesellschaftskritik in guten Ansätzen zugunsten von Nonstop-Action stecken. Auch die seltenen Anflüge von Humor wirken manchmal etwas fehl am Platz. Schade drum, denn "Die Insel" kann sonst als Action-Knallbonbon durchaus überzeugen. Sogar die schauspielerischen Leistungen gehen in Ordnung für - und das ist der Film trotz allem makabren Hinterbau immer noch - einen Actionfilm. Die beste Rolle hat immer noch Steve Buscemi ("Desperado", "Ghost World") als versoffener und machohafter Techniker.
Auch ohne Produzent Jerry Bruckheimer im Genick macht Michael Bay hier das, was er (wahrscheinlich) am Besten kann: es krachen lassen. Noch mehr als der thematisch verwandte Film "Flucht ins 23. Jahrhundert" von 1976 dient der nachdenkliche stimmende und makabre Hinterbau nur als Vorwand für plakative Action mit einigen kleinen Denkpausen. Mit einem raffinierteren Drehbuch wäre sicherlich noch mehr daraus geworden als handwerklich perfekte SF-Action mit Minimal-Anspruch. Ein äußerst unterhaltsamer und kurzweiliger Film, aber letztendlich ist auch er bloß ein publikumswirksames "Produkt" der Werbebranche.