Review

Ich schätze Michael Bay als Actionspezialisten sehr, das kann ich garnicht genug betonen! Ich liebe "The Rock", ich liebe "Bad Boys" und ebenso mag ich "Pearl Harbor" - wobei sich letzterer als glorifizierendes Pseudo-Kriegsdrama teils ordentlich Kritik einhandelte.
Mit "Die Insel" geht Bay noch einen Schritt weiter, löst sich nicht nur vom langjährigen Produzentengefährten Jerry Bruckheimer sondern beschreitet auch filmisches Neuland, indem er sich an einem SF-Drama mit aktuell-brisantem Clon-Thema versucht. Leider kann man recht emotionslos sagen: Das war ein Schlag ins Wasser Herr Bay! Bleiben sie lieber bei dem was sie perfekt beherrschen, nämlich fetzige Popkornaction ohne Anspruch.

Doch nun im Einzelnen: Die Geschichte um eine geheime Clonfabrik im tiefsten Arizona als "Ersatzteillager" für Superreiche und den anschliessenden Ausbruch zweier dieser Clone ist zunächst einmal zweckmäßig. Mehr aber auch nicht, denn neue Ideen sucht man ebenso vergebens wie ernstzunehmende kritische Ansätze. Versuche zur Gen-Kritik und philosophischen Dialogen gibt es zwar ab und an, diese zerplatzen jedoch wie Seifenblasen an der stets im Vordergrund stehenden Hochglanzoptik und den, zumindest teilweise handlungsbedingt, wenig sympathischen und flach bleibenden Charakteren. Actionreiche Videoclipoptik und leise Versuche von Anspruch lassen sich offenbar zumindest unter einem Michael Bay nicht vereinbaren. Dem Film sieht man dies nahezu pausenlos in gnadenlos überstylten Szenen wie dem kitschigen Auftakt, wohl aus erhöhtem Anspruch resultierenden Logikpatzern und meist zusammenhangslos eingeworfenen philosophischen Szenen an. Überflüssig zu erwähnen, daß das, nach Tiefgang suggerierender Überlänge mehr oder weniger erlösend wirkende Ende erneut so ungemein kitischig und dämlich daherkommt, daß einem die Nachos schon sehr bedrohlich im Magen zu rotieren beginnen. Begleitende "Black Hawk Down"-Klänge setzen dem ganzen schließlich die Schmalz-Krone auf. Endlich Abspann, bloss raus aus dem Kinosaal!

Ist die erste Verärgerung verflogen, kann man vorsichtig nach den Stärken von "Die Insel" Ausschau halten. Als da wären in jedem Fall die technisch erstklassige Umsetzung - obs zur Thematik passt sei dahingestellt - und zum anderen einmal mehr atemberaubende Actionszenen. Sicherlich mag nicht jeder Bays wohl bekannte Videoclip-Optik aber gerade in einer SF-Thematik dürfte er sich wie im Paradies gefühlt haben und tobte sich entsprechend aus. Detaillierte Hightechkulissen, furiose Autocrashs und edele Kameraeinstellungen: Alles gibt sich sein krachendes und meist bläulich schillerndes Stelldichein.
Doof nur, daß aller äußerer Glanz nichts nützt, wenn der eigentliche Film darunter wie ein Kartenhaus in sich zusammenbricht. Neben dem kläglich versagenden Bemühen um Anspruch zerrt vor allen Dingen so manche Länge am Geduldsfaden. Im Verhältnis zur völlig übertriebenen Lauflänge von 130 Minuten steht nämlich leider recht wenig Action und von eben dieser lebt nunmal ein Bay-Film. Zu allem Überfluss ist diese auch noch eher harmlos ausgefallen und beschränkt sich primär auf Hetzjagden per pedes, Jetbike oder Auto. Zumindests siehts sehr fett aus! Vielleicht kommt hier ja wie so oft in letzter Zeit noch ein Director's Cut, verdächtig erscheinende Szenenübergänge gabs jedenfalls einige...

Aus darstellerischer Hinsicht gibt sich "Die Insel" schließlich wenig aufregend. Ewan McGregor und Scarlett Johansson als Bilderbuchpärchen auf der Flucht spielen solide, besondere Sympathien oder Aktzente vermögen sie jedoch außer einer geradezu lachhaft prüden Sexszene nicht zu setzen. Das Script gibt ihnen dazu auch keinerlei Chance.
Den ein oder anderen netten Spruch darf schließlich noch
Steve Buscemi klopfen und einige Oneliner zünden sogar. Dummerweise geht der gute Steve leider recht früh über den Jordan. Schade, bleibt noch Bösewicht Sean Bean, der mir da insgesamt noch am Besten gefiel.

Fazit: Nein, eine Empfehlung kann ich diesem fehlgeschlagenen, penetrant mit 'Product Placement' versetzten Gehversuch abseits schlichter Popkornaction nicht aussprechen. Zu flach und überraschungsarm bleibt die Story, zu erdrückend sind Kitsch und Effekte. Eine moralische Auseinandersetzung mit dem Klonen findet nur auf oberster Ebene statt.
So bleibt eine unausgegorene Mischung aus SF-Action und Drama, die zwecks Erlangung einer höheren Wertung noch einmal kräftig überarbeitet werden müsste. Aber eine Lang- (besser Kurz)fassung dürfte ja mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit irgendwann anstehen, gerade bei den mäßigen Einspielerwartungen an den Kinokassen.

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