Zu den Juwelen der deutschen TV-Unterhaltung aus den mythischen Tagen des Spätabendprogramms der 80er und frühen 90er zählt mit Sicherheit der Film „Endangered Species“, den man hierzulande meist unter dem Titel „Der Schleichende Tod“, bisweilen auch „Der Tod aus dem Nichts“ kennt.
Mitunter wird zwar gemutmaßt, es handele sich um eine TV-Produktion, tatsächlich vermarktete MGM den Film aber in den Kinos, wo er allerdings schnell seinen Wertstatus einbüßte und zu einem schönen Dauerkandidaten für den kleinen Schirm verkam.
Mythische Tage auch deshalb, weil so vieles was man damals in seiner Erinnerung als aufregend und ungewöhnlich erachtete und nach einer Sichtung gegen Mitternacht nur noch mit anderthalb Augen wahrnahm, gute 20 oder 30 Jahre später ganz anders auf die Zuschauer wirkt.
Kurz gesagt: der Film hat im kollektiven Gedächtnis aus gut drei Gründen überlebt: einmal die merkwürdigen Rinderkadaver, die den Filmfreund an UFOs denken lässt, dann merkwürdige Saugschläuche, die sich in den Kühen verhaken und natürlich die legendäre Szene, als einem Beteiligten auf offener Straße der Bauch aufplatzt und sich seine Gedärme auf selbiger verteilen.
Wer jetzt spekulativ bis sensationslüstern zu suchen beginnt oder sich nostalgisch windet: so gut ist „ Der Schleichende Tod“ nun auch wieder nicht, im Gegenteil, es ist ein recht zerfahrener Film ohne wirkliche Identifikationsfiguren und ohne einigermaßen zu ende gedachte Auflösung.
Als Spätgeborener des nur noch auslaufenden Paranoiakinos der 70er, postuliert der Film eine Gruppe von Unbekannten, Wissenschaftlern und Söldnern, unsicher ob mit oder ohne Regierungsbeteiligung, vermutlich aber aus der Privatwirtschaft insgeheim finanziert, die verbotene Genforschung anhand von Kühen betreibt. Interessanterweise mal nicht einer geheimen Bergfestung, sondern auf dem enorm platten Land von Colorado, wo man zwischen drei Millionen Kilometer Weide eine Scheune oder ein Wissenschaftslabor schon in zwei Tagen Entfernung sehen kann.
Dazu entführen sie mittels „lautloser“ Helikopter die armen Kühe von der Weide, spritzen ihnen irgendwelche Substanzen oder sägen Teile per Laser aus ihnen raus, so richtig klar wird das nie.
Das gilt auch für die Beteiligten in dem kleinen Nest, in dem sie gerade eine Art Evolutionssprung riskiert haben, indem sie JoBeth Williams (ja, die Mama aus „Poltergeist“) zum weiblichen Sheriff erklärt haben. Die Interessenvertreter der Gegend, die entweder oder nicht mit den Verschwörern kooperieren, sehen alle aus wie Nebendarsteller aus „Dalles“ oder mittlere Viehbarone oder zumindest wie mit Steak domestiziert, also relativ realistisch.
In diese Gemengelange gerät der Held, Robert Urich (Vegas, Spenser for Hire), der ehedem Polizist war – nur eben nicht als Held, sondern als Ex-Alki und Spontanaussteiger, dessen halb erzwungen mitgeführte Teenagertochter (Marin Kanter ist so ziemlich der einzig erinnernswerte Grund in der Besetzungsliste) natürlich irre begeistert vom Landleben aus einem maladen Caravan heraus ist.
Wäre „Endangered“ ein straighter Wissenschaftsthriller, könnte das noch was werden, aber die 90 Minuten füllen sich halbseitig mit Urichs Problemen, trocken zu bleiben, dem seltsamen Verhältnis zu Williams, Tochterärger und dem Umstand, dass seine Figur ein ziemlich dröger Arsch ist, der dem Zuschauer als zentrale Figur bald auf den Wecker geht, weil er nicht aus dem Tee kommt.
Zwischendurch (und das geht so über weite Teile der Laufzeit) kommt es dann zu nächtlichen Tierentführungen, Experiment-Inserts und irgendwelchen Landeiern und Deputycops, denen bei der Nachtfahrt über Straßen und Weiden seltsame Dinge passieren. Der obligatorische Lokalreporter ist auch mit von der Partie und riecht den Braten, ist dann aber irgendwann ganz plötzlich tot und es geht nur darum, wer nun vorher was wusste. Bis man in Richtung Showdown dann wieder einen Vater-befreit-Tochter-Fall draus macht, der zwar hinreichend bleihaltig ist, aber dem Film null „Closure“ bringt, da die Verantwortlichen sich einfach aus dem Staub machen können, bevor der Rancher-Mob einreitet.
Das ist schade, den hier und da gelingen Alan Rudolph einige Sequenzen von totaler Verlorenheit im Nirgendwo und einer gewissen Bedrohlichkeit, die einfach nur von strahlend ausgeleuchteten Farmgebäuden ausgeht. Aber als Verschwörungsthriller oder allgemein Thriller funktioniert der Film nicht, der auch noch personality drama sein will – ein Merkmal der Unentschlossenheit, das typisch bei Rudolph ist, der mit den meisten seiner Werke nur Verluste einfuhr, egal ob sie interessant oder nicht waren (die wenigen, die Gewinn machten, waren „Choose Me“ und „Tödliche Gedanken“ mit Demi Moore, was aber auch nicht allzu viel war).
Auch „Der Schleichende Tod“ floppte satt (spielte ein Viertel seines eh moderaten Budgets ein) und da können einige memorable Sekunden und generelle inszenatorische Kompetenz nichts retten, da sitzt der Film zwischen den Stühlen, macht dabei aber nicht satt.
Wer kann, möge seine Erinnerungen an diesen Film auch mal überprüfen – mir hat er nicht schlecht gefallen, aber substanziell ist das nichts auf lange Sicht und zu einem Statement ringt er sich auch nicht durch (gerade zur hier thematisierten Genforschung, die hier noch quasi Scifi war, wird nichts vermeldet), weswegen ich ihm den Legendenstatus nach Sichtung erstmal entzogen habe. (5/10)