Review

Die Riesenechse war nie unfreiwillig trashiger

Roland Emmerich war in den 90ern nicht nur ein kleiner, guter, deutscher Regie-Import. Er hat mit "Independence Day" & "Stargate" nicht nur echte, weltweite Blockbuster geschaffen, sondern auch wirklich spaßige, hervorragende Filme. Sein, vor allem bei Kritikern & Fans der Riesenechse, allseits belächelt bis beleidigter "Godzilla" ist qualitativ nicht auf deren Höhe, das muss man selbst mit Nostalgiebrille neidlos eingestehen. Aber trotzdem kann man bei diesem überlangen, stumpfen, ersten amerikanischen Godzilla, gehörig Spaß haben, sogar entspannen & den Kopf freimachen. Das ist sogar eigentlich Pflicht hier. Oft unfreiwillig komisch & nur halb so düster wie er tut, unterscheidet er sich extrem von dem neueren Ami-"Godzilla" aus 2014 - beide kann man aber als Fan von Zerstörungsorgien gucken, die 90er-Version ist aber ein absolutes Kind ihrer Zeit & nicht perfekt gealtert. Ob das der neue, charakterbezogenere Ableger der universellen Ikone wird, muss aber auch erst noch die Zeit zeigen...

Die Story ist dasselbe wie immer, nur in amerikanisch, angesiedelt in New York, ohne Bezug zu anderen Godzilla-Teilen. Ein komplett eigenständiges Ding. Mit einem erfreulichen Einschlag französischem Chaos & Charme - nicht nur durch den immercoolen Jean Reno, der eine der wenigen schauspielerischen Glanzpunkte darstellt, jedoch nicht sonderlich gefordert wird. Neben Broderick & Pitillo wirkt er aber natürlich Wunder, bringt immer Coolness wie nur ganz Wenige. Gegen das ID4-Ensemble sieht hier aber niemand auch nur ansatzweise einen Stich, was sich vor allem am immer daneben schießenden Humor bemerkbar macht. Gibt halt nicht immer einen Goldblum & Smith. Neben/durch den fast immer unpassenden Humor, muss die Bombast-Action natürlich doppelt & dreifach den Film tragen. Und die gefällt mir noch heute, sei es Godzillas spektakulärer erster Aufstieg an einem kleinen Dock in New York oder das Finale samt vieler Mini-Zillas im Madison Square Garden. Das sind spaßig-oldschoolige Szenen, da poppt das Korn schon fast automatisch & die ein oder andere Hirnzelle verabschiedet sich in die ewigen Filmabgründe. 

Manchmal bewegt sich das Ganze sogar nahe an Trash, was so sicher nicht gerne gehört wird von den Machern & unbeabsichtigt war. Eine bessere Story, glaubhaftere Charakter & ein paar Straffungen hätten sicher gut getan, ich persönlich mag aber die etlichen Enden & finalen Höhepunkte, wo man doch noch hier & da überrascht wird, dass doch noch nicht Ende ist. Die Effekte schlagen sich dem Alter entsprechend gut, ich mag sogar Godzillas neuen Look. Ein sehr amerikanisches Facelift. Weit weg vom Original, aber das ist ja nicht zwingend ein Negativpunkt. Zumindest für alle objektiven Zuschauer. Und wer den Film in seiner Jugend das erste Mal erlebt hat, vielleicht sogar im Kino, sieht ihn auch noch mal mit anderen Augen. Klar kann man als strenger, seriöser Kritiker dem Film locker 2-3 Punkte weniger als ich geben - bei mir steht aber noch genug auf der Habenseite, sodass ich diesen Godzilla NICHT als schwächsten aller Zeiten sehe. Vielleicht der dümmste & hohlste, der andersartigste & amerikanischste, aber kein totaler Flop. Scheisse mit Charme.

Fazit: etwas schäme ich mich, aber ich muss gestehen, dass ich Emmerichs Version teilweise mag... Wie ein tollpatschiges, dummes Riesenbaby... auch wenn es oft so nicht von den Machern gedacht war^^... Spaß ist wenn man trotzdem lacht, trotzdem staunt & vor allem den Kopf auf Popcorn stellt. An die Hardcore-Gojira-Fans aber schon ein recht mittiger Finger ins Gesicht.

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