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Geschichte scheint langweilig, Geschichten dagegen nicht. Und schon beginnt eine für die junge Alice, die in einem Park den Ausführungen ihrer Schwester lauscht, als ein gestresstes Kaninchen mit einer Uhr an ihr vorbeihoppelt. Alice schickt sich an, ihm zu folgen und landet in einer Welt, in der alles mindestens eine Spur skurriler zu sein scheint.

Der klassische Stoff von Lewis Carroll, der mit seinen beiden Büchern „Alice im Wunderland“ und „Alice hinter den Spiegeln“ zwei unterhaltsam-phantasievolle Werke erschuf, wurde hier von Disney als Zeichentrickmusical für die Leinwand adaptiert. Dabei vermischt der Film beide Vorlagen, orientiert sich wenig an den dort zu findenden Illustrationen und erhält somit eine gewisse Eigenständigkeit, wobei Figuren und Vorkommnisse oft auf Carrolls Vorlage basieren.
Und so Alice weiter in den sprichwörtlichen Kaninchenbau vordringt, so erlebt sie episodisch viele kleine, merkwürdige, bunt bebilderte und von absonderlichen Figuren begleitete Abenteuer. Eine Raupe mit einer Wasserpfeife, eine manchmal unsichtbare Grinsekatze, eine denkwürdige Teeparty. Letzteres gehört mit zu den Highlights und steht stellvertretend für die phantasievolle Gestaltung, die sich durch den kompletten Film zieht. Hier pfeift man auf Logik, es regiert der Nonsens. Und so sich Alice diesen zu Beginn auch wünscht, verzweifelt sie mitunter daran. So beschreibt die Geschichte bei allem Fokus auf Skurrilität durchaus eine gewisse Reflexion bezüglich Wunsch und Realität und die Auseinandersetzung damit, was man tun sollte und was letztlich notwendig ist. Und wird diese Überlegung auch nicht mit einer wirklichen Pointe versehen, so ist dies immerhin ein kurzer, hintergründiger Einschub in dem sonst so wilden Treiben.

Mit der Trübsal hat es sich aber bald wieder und der mit seinen 75 Minuten recht kurze Streifen liefert im letzten Drittel mit der Herzkönigin und dem ganzen Drumherum eine weitere erinnerungswürdige Szenerie ab. Schnell ist der Film vorbei, gesungen wird unterdessen viel. Für meinen Geschmack zu viel und nicht jeder Song ist ein Highlight. Da hätte es weniger Musical und mehr Erzählung auch getan.
Die positiven Aspekte wiegen das aber auf, vor allem an den Figuren kann man sich durchweg erfreuen. Der verrückte Hutmacher und seine beiden Mitstreiter auf der Teeparty gehören zu meinen Favoriten ebenso wie die Hauptfigur selbst, ist Alice hier doch einfach eine drollige junge Dame, von Kathryn Beaumont in der Stimme mit britischer Ausdrucksweise bedacht. Erwähnenswert sind auch die Zeichnungen, alles sehr hochwertig und flüssig, stilistisch gibt es da nichts zu meckern.

„Die Realität ist was für Leute, die sich nichts Besseres vorstellen können“, hieß es mal bei den Simpsons. Und wenn man dieser entfliehen möchte, bietet sich dieser Klassiker aus dem Hause Disney an. Flott erzählt, mit einigen kultigen Episoden und vielen ebensolchen Figuren bevölkert, wenn auch mit für meinen Geschmack zu starkem Musicaleinschlag, macht dieser Ausflug ins Wunderland immer wieder Spaß und entführt für eine kurze Zeit aus dem tristen Alltag.

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