Die titelgebenden roten Augen gibt es wirklich - angesichts des steilen Druckabfalls in der Plotkabine, wird sich der eine oder andere sicherlich verwundert die Augen wund gerieben haben...
Achtung, Spoiler!
Dabei machen die ersten und guten 15 Minuten des Streifens Lust auf mehr. Bedächtlich stellt uns Regiesseur Wes Craven die Protagonistin der nächsten 73 Minuten vor: Lisa (Rachel McAdams) arbeitet in einem Hotel und hält dort eine nicht ganz unwichtige Stellung inne, musste ihre Mutter in Texas begraben und fliegt nun zurück in ihre Wahlheimat Miami. Der Flug verzögert sich aufgrund eines Unwetters, also bleibt Zeit genug Jackson kennenzulernen, der mit soviel übertriebenem Charme daherkommt, dass bei Lisa direkt die Alarmglocken klingeln müssten.
Ausgerecht der sympathische Jackson, gespielt von einem erfrischenden und gleichzeitg gewöhnungsbedürftigen Cillian Murphy, ist auch Lisas Sitznachbar im Flugzeug selbst - nicht aus Zufall, wie sich herausstellen wird. Bis dato erweist sich der Streifen als grundsolide, die Beziehung der beiden Darstellern entwickelt sich glaubwürdig, auch die Dialoge können überzeugen.
Doch schnell darf der Betrachter den ersten Story-Turbulenzen durchleben. Jackson ist nämlich Mitglied einer terroristischen Organisation, die nicht weiter genannt wird. Ihr Ziel ist es, einen hochrangigen Politiker auszuschalten, der just in dem Hotel unterkommt, in dem Lisa arbeitet . Warum der Politiker und seine Familie sterben sollen, wird nicht ganz klar, aber anscheinend soll hiernach auch nicht gefragt werden. Wichtig ist nur, dass Lisa ein wichtiges Puzzleteil im Plan der Attentäter ist. Und dass ihr Vater im Begriff ist, den Löffel abzugeben, wenn Lisa sich nicht kooperativ verhalten sollte.
Wenn diese Rahmengeschichte mit etwas mehr Inhalt gefüllt worden wäre, hätte an sich an dieser Stelle ein raffinierter Thriller entwickeln können. Doch beim anschließenden Katz-und-Maus-Spiel im Flieger verlässt sich Craven zu sehr auf die Präsenz seiner Hauptdarsteller. McAdams und Murphy gelingt es, die leider nur spärlich gesäten Psychospielchen, glaubwürdig und mit einiger Spannung vorzutragen; doch wirklich sympathisch kommt keiner von ihnen rüber. Murphy möchte den Charmebolzen mimen, doch dafür sieht er, gelinde gesagt, wenig ansprechend aus. Seine diabolischen Züge kommen etwas besser zur Geltung, wirken aber, angesichts der vorher an den Tag gelegten Höflichkeit , etwas irrtierend. McAdams möchte man dagegen am liebsten Schütteln, weil sie sich der Gefahr nicht wirklich bewusst zu sein scheint - mit ihren naiven Hilfegesuchen verschlimmert sich ihre Position zusehends.
Doch bevor die Hatz im Flugzeug richtig losgehen kann, ist sie auch schon vorüber. Der Reiz, der "Red Eye" ausmachte, nämlich die klaustrophobische Hilflosigkeit der Protagonist im Flugzeug, verpufft im Nichts. Vorher noch ein nervliches Wrack, läuft Lisa nun zur Hochform auf. Jackson, der sich jetzt überaus dilettantisch anstellt, wird mit einem Stift ausgeschaltet. Die anschließende Verfolgsjagd durch den Flughafen lässt den Glauben an zuverlässige Kontrollen und Sicherheitsvorkehrungen schwinden. Und auch das Attentat kann selbstverständlich vereitelt werden - wobei sich die Drahtzieher hätten fragen müssen, ob sie nicht lieber subtiler vorgegangen wären. Soviel Aufwand, nur um mit der Panzerfaust ein Loch in die Hotelfassade zu schießen? Aber wenn die Terroristen schon einen Tölpel wie Jackson, der sich während des Showdowns in Lisas Haus windelweich prügeln lässt, engagieren müssen, kann ja nichts bei rumkommen...
Fazit: "Red Eye" ist ein Thriller mit interessanten Ansätzen, die, strigent verfolgt, sehr viel Potenzial gehabt hätten. Leider muss der Suspense-Faktor zu früh weichen, zu Gunsten eines tumben 08/15-Schemas, dass es leider in allzu vielen Teenie-Slashern zu entdecken gilt. Wer sich von "Red Eye" Anspruch und Raffinesse erhofft, wird gnadenlos enttäuscht. Der gute Wille ist allerdings vorhanden. (4/10)