Review

Nicht denken, trinken.

Ob das unter Selbstironie fällt oder vom Drehbuchschreiber W.D. Richter ("Needful Things") so gar nicht beabsichtigt war, ist vorerst egal. Auf jeden Fall ist das Zitat aus einer der ersten Szenen widerspiegelnd für den kompletten Rest des Films. Sein Gehirn sollte man gleich an der Kasse mit abgeben und sich ordentlich zuschütten, denn sonst wird sich jeder denkende Mensch alle paar Sekunden an den Kopf fassen und sich fragen, womit man das hier schon wieder verdient hat. Regisseur Rob Cohen ("The Fast and the Furious", "xXx") stand ja noch nie für sinn- oder gehaltvolle Unterhaltung. Allerdings wurde die sinnlose Unterhaltung immer groß geschrieben. Ob man da seinen Spaß mit hatte, war dem persönlichen Geschmack überlassen. Was er aber hier versuchte, bleibt völlig im Dunklen. Die Story könnte prinzipiell in eine Richtung tendieren, wie es Michael Bay vor kurzem mit "The Island" versuchte. Die fortschreitende Technik und die daraus resultierenden Möglichkeiten zu beleuchten und kritisch (bei Bay sehr oberflächlich kritisch) zu hinterfragen. Aber bei Cohen/Richter reicht es nicht mal für eine oberflächliche Betrachtung der Frage nach der "KI der Zukunft". Also ein weiterer Schlag in die Richtung der jüngsten Actionblockbuster - sinnlos und ohne jeden Anspruch. Aber noch deutlich spaßloser, sodass der Film in Amerika zu Recht unterging wie der Tiefgang im Film.

Das eingespielte Dreierteam (Drei ist eine Primzahl und bringt den dreien deshalb Glück. Dass Primzahlen nur durch eins und sich selbst teilbar sind, wird einem dann auch noch erklärt. Vielen Dank für den Hinweis.), bestehend aus Ben Gannon (Josh Lucas; "American Psycho"), Kara Wade (Jessica Biel; "The Texas Chainsaw Massacre") und Henry Purcell (Jamie Foxx; "Ray", "Any given Sunday"), drei der besten Navy-Flieger, bekommt unerwartet einen vierten Mann...ähm...Gefährten trifft es eher. Denn der neue Tarnkappenbomber fliegt nicht durch Menschenhand, sondern wird alleine von einem Computer gesteuert. Nun lernt er alles, was er sieht und ihm beigebracht wird. Allerdings schon kurze Zeit später mit fatalen Folgen. Nach einem Blitzeinschlag programmiert er sich neu, rebelliert und Befehle gehen ihm am Metallarsch vorbei. Die Angst des Verantwortlichen George Cummings (Sam Shepard; „Don’t come knocking“) wächst und er setzt alles daran, den Ausreißer wieder unter seine Kontrolle zu bekommen...

Eine Story aus der man durchaus, auch wenn es anfangs nicht so scheint, einiges hätte machen können. Aber auf die Idee, ein Statement zum Thema "KI der Zukunft" abzugeben, ist hier gar keiner gekommen. Anfangs kommen von dem einstigen Primzahlen-Team noch ein paar Bedenken, ob es das denn nun wirklich sein kann, dass man in naher Zukunft von Computern ersetzt wird, doch schnell wird klar, dass man die Auseinandersetzung mit dem Thema den Auseinandersetzungen unter den Bombern weichen lässt.

Die Flugaction kann man sich, man hat das Gehirn ja vorne an der Kasse liegen gelassen, anfangs ohne große Probleme gespannt anschauen. Aber mit zunehmender Laufzeit merkt man schnell, dass nichts Neues passiert. Die Szenen langweilen schon fast nach kurzer Freude über die etlichen Explosionen, Flugmanöver und Feuergefechte. Ebenfalls alles andere als mitreißend ist der Rest auf der Erde. Mit dümmlichen, langweiligen und nichts sagenden Dialogen ausgestattet, schielt man immer mal wieder auf die Uhr.

Erschreckenderweise, wie sollte es anders sein im Genre, hat man die typischen, sarkastischen Oneliner mit eingebaut; der Humor scheint aber weit über den Wolken verloren gegangen zu sein. Besonders der frisch gebackene Oscarpreisträger Jamie Foxx sollte sich nächstes Mal gut überlegen, für was er unterschreibt. Denn sonst sollte man mal einführen, dass der Oscar wieder zurückwandern kann. Die Sprüche funktionieren hier noch weniger als beim kürzlich gelaufenen "The Transporter 2".
Lustig sind, Selbstironie oder ungewollt - schon wieder die Frage, einzig und alleine die abschweifenden Technikgeplänkel: Erst werden Primzahlen erklärt, um dann in langen Diskussionen zu enden, wie denn der Tarnkappenbomber fliegt und welche Technik eine Rolle spielt - ohne spezifisches Studium wohl kaum verständlich. Diese Diskussionen sind glücklicherweise auch total bedeutungslos. Alles, was man wissen muss, ist, dass der Flieger nach dem Blitzeinschlag sein Eigenleben entwickelt. Und schon geht's auf die Jagd, da man sich ja keinen dritten Weltkrieg wünscht.

Die erste Verfolgungsjagd geht überraschend überraschend aus (Stichwort: "Nah dran sein"), aber von da an wird es noch etwas lächerlicher. Die Szene, die dann den Vogel abschießt, folgt kurz darauf, als Jessica Biel kurz vor dem Abstürzen ist. Wie sie sich rettet und der ärmliche Spannungsaufbau der kompletten Szene trotzt jeder Logik und ist unfreiwillig komisch. Prädikat: extrem dämlich.
Von nun an ist sie auf der Flucht im Land des Feindes (Nordkorea) und kämpft sich zu den Verbündeten in Südkorea durch.
Vorher hatte man aber schon eine ähnlich sinnlose Szene, die die ebenso einfältige und ätzende Lovestory, natürlich ist sie notwendig, vorantreibt. Jessica Biel und Josh Lucas im Urlaub beim Planschen in einem kleinen See. Wieso diese Szene und entsprechende Lovestory-vorantreibende Szenen immer wieder den Weg in das Action-Genre finden müssen, weiß wohl niemand.
Immerhin hat man damit den Aufhänger für den Showdown - ebenso krawumm-lastig und vorhersehbar wie der komplette Film. Actionklischee an Actionklischee an Actionklischee - sicher ist sicher.

Die Actionszenen retten den Film doch noch vor dem totalen Absturz. Während sie zu Beginn noch fesseln und auf eine banale Weise unterhalten, wiederholen sie sich aber zu schnell. Zudem sind sie recht rasant geschnitten (passt ja bei den Geschwindigkeiten), ruckeln und wackeln aber ohne Ende (passt ja eigentlich auch), aber dadurch geht die Übersicht ab und an mal verloren. Dafür kracht, scheppert und knallt es hier in kurzen, regelmäßigen Abständen. Actionmangel kann man ihm also nicht vorwerfen, allerdings muss er sich den Vorwurf des nicht vorhandenen Abwechslungsreichtums gefallen lassen. Wendemanöver, Rakete startklar machen und Explosion. Viel mehr gibt's da nicht.
Die Effekte sind dabei ganz gut gelungen und einige Klassen höher als die bescheidenen Außenansichten eines Flugzeuges in "The Transporter 2". Trotzdem sieht man ihnen trotz des Budgets die Herkunft jede Sekunde an.

Weiter runtergezogen wird der Film dann von den Schauspielern. Charakterzeichnung oder so etwas in der Art gibt es sowieso kaum, dennoch bleiben alle unter ihrem Niveau.
Was den jüngsten Gewinner des Hauptrollenoscars dazu bewogen hat, hier mitzuspielen, wird ein Geheimnis bleiben, dass Jamie Foxx mit ins Grab nimmt. Nach "Ray" und "Collateral", zwei hervorragenden Filmen mit grandioser Darstellerleistung, ist sein Talent wohl, hoffentlich nur vorübergehend, aufgebraucht. Als Macho samt coolen Aufreißersprüchen schleppt er sich bis zum Ende durch den Film. Er hat aber, Glück für ihn, noch die beste Rolle (Stichwort schon wieder: "Zu nah dran") und das Geld wird wohl gestimmt haben. Warum sonst sollte er sich und seiner Karriere das antun?
Jessica Biel war noch nie Charakterdarstellerin und wird es wohl auch nie werden. Immer nur hübsch lächeln, im Bikini rumlaufen und zum Schluss verwundet flüchten. Und im Bomber sieht man sie ja sowieso nicht und hört größtenteils nur ihre Stimme...
Der männliche Gegenpol zu Biel ist Josh Lucas - gelangweilt, emotionslos versucht er, sich an seine Traumfrau ranzumachen, während er vor ihren Augen mit anderen flüchtigen Bekanntschaften rummacht. Das kann ja nur zum Erfolg führen. *Achtung "Mini-Spoiler"* Letztlich bleibt der Kuss mit Biel sogar aus - warum, sollte man sich erzählen lassen von Leuten, die den Film auch notgedrungen ertragen mussten. Wer keinen kennt (erwartet keine Aufreger): Der Abspann setzt nur zu früh ein. *"Mini-Spoiler" Ende*

Das macht im Endeffekt einen sehr schwachen Film. Die anfangs spaßigen Flugsequenzen wiederholen sich zu schnell, um auch die kompletten 115 Minuten(!!!) zu unterhalten. Damit ist der Film mindestens eine halbe Stunde zu lange und ich habe mich seit langem wieder einmal dabei erwischt, des Öfteren auf die Uhr zu schauen, um zu sehen, wie lange ich das noch aushalten muss. Die kaum ausgearbeitete, aber prinzipiell, wenn man eine andere Richtung, nämlich die kritische Auseinandersetzung, eingeschlagen hätte oder wenigstens leise Untertöne über das interessante Thema mit rein gebracht hätte, Story hilft da auch keinesfalls weiter. Die sinnentleerten, vermeintlich lustigen Dialoge gehen einem schon zu Beginn auf den Senkel und man wartet nur noch auf Daueraction. Nachdem die auch bald enttäuscht, freut man sich auf den Abspann. Die schwachen Darsteller, eine deplatzierte Lovestory und unlustiger Humor reihen sich in die Folge von negativen Aspekten ein. Die guten Effekte befriedigen da auch nicht mehr. Zu Recht ein Totelflop in Amerika und hoffentlich erleidet er hier ein ähnliches Schicksal, sodass wir in naher Zukunft mit solch einem Schund verschont bleiben. Denn dann kann man solche Budgets wieder in ordentliche Filme investieren. In fast jeder Hinsicht reine Zeitverschwendung und nur für Leute, die Biel im Bikini sehen wollen.
Ich freue mich schon auf die Pro 7-Trailer bei der Free TV-Premiere: „Oscarpreisträger Jamie Foxx in „Stealth“ – morgen um 20.15 Uhr“. Mein Gehirn habe ich gleich nach Schreiben des Reviews wieder in Funktion genommen, aber gebt mir jetzt bitte noch ein Bier – und nehmt euch auch einige mit ins Kino… Prost!

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