Review

"Oh mein Gott"
- das war der einzige, klare Gedanke, den ich fassen konnte, nachdem ich mir "A Chinese Torture Chamber Story" angesehen habe. Zwar war ich der festen Überzeugung, schon alles gesehen zu haben, was die härtere Filmwelt einem bieten kann - von den übelsten Kannibalenreißern, bis hin zu Yakuzas, die sich zum Lustgewinn ihre eigene Zunge abschneiden - doch was ich mir gestern angetan habe, übertrifft dies noch. Es haben sich mir derart viele Eindrücke und Erinnerungen zum Film eingebrannt, die erst einmal verarbeitet werden müssen, deshalb zuerst so viel: "A Chinese Torture Chamber Story" ist eine völlig verrückte Mixtur aus hartem Folterfilm, abgedrehter Komödie, die Grenzen der Realität überschreitendem Softsex und schließlich bietet der Film noch die typischen Elemente eines ostasiatischen Kampffilmes. Dies wird alles derart über den Haufen geworfen, dass es schwer fällt, dabei noch einen klaren Kopf behalten zu können, doch nachdem ich die Inhaltsangabe des Films bis ins Detail studiert habe, fiel es mir verhältnissmäßig leicht, der Handlung folgen zu können.

Von dem Regisseur des Films, Bosco Lam, habe ich übrigens zum ersten Mal gehört, so dass ich nicht all zu viel über ihn berichten kann. In Hongkong hat der Gute schon einige Filme veröffentlicht, von denen aber nur "A Chinese Torture Story" bei uns halbwegs bekannt ist.
Und das nicht ohne Grund! Vordergründig handelt es sich hierbei natürlich um einen typischen Vertreter der Cat. III, der es sich zur Aufgabe macht, innerhalb von 90 Minuten möglichst viele Sex- und Gewaltszenen zu  zeigen. Bosco Lam allerdings zu unterstellen, dass die Story dabei keine Rolle spielen würde, wäre in diesem Fall jedoch ungerecht. Wenn man den Streifen mal objektiv mit anderen Sickos dieser Art vergleicht, wird man schnell feststellen, dass es sich hierbei um einen eher untypischen Vertreter dieses Genres handelt.

Wieso? Nun, während etwa "The Untold Story", um nur mal ein Beispiel zu nennen, einfach nur krank und knallhart daherkommt, gibt "A Chinese Torture Story" nicht all zu viel auf eine menschenverachtende Atmosphäre, wie man sie sonst aus derartigen Filmchen kennt. Das geht sogar so weit, dass die im Grunde wirklich grausamen Folterszenen durch den ausgesprochen hohen Humoranteil im Film fast schon ihre abstoßende Wirkung verlieren. Dies ist eigentlich schade, denn Bosco Lam ließ sich wirklich einiges einfallen, um seinen Zuschauern den Magen umzudrehen. So werden wir unter anderem Zeuge, wie ein Mann an eine kochend heíße Kesselwand gebunden wird, einer Frau spitze Gegenstände unter die Fingernägel geschoben werden, einem anderen mit Hilfe von heißem Zinn die Haut abgelöst wird, oder sich eine Frau über ein Nagelbrett rollen muss. Natürlich war dies nur ein minimaler Einblick, die Palette an Perversitäten ließe sich noch um einiges fortsetzen (Das auf den ersten Blick hübsche Cover, das ihr oben sehen könnt, stellt übrigens ebenso eine heftige Foltermethode dar, die ich eurer Fantasie überlasse).

Während diese Folterszenen alle im Laufe der Gerichtsverhandlung, also in der Gegenwart gezeigt werden, befährt "A Chinese Torture Chamber Story" in seinen Rückblenden in die Vergangenheit eine völlig andere Schiene. Hier sehen wir, wie Little Cabbage kurz nach dem Tod ihrer Eltern Yang kennenlernt, in dessen Haus sie fortan mit einigen anderen Bediensteten arbeitet. Dieser wirft allerdings ein Auge auf sie und so kommt Got Siu-Tai ins Spiel, der von Yang's Frau dazu angeheuert wurde, Little Cabbage freizukaufen und zu heiraten. Diese etwas verwirrende Handlung spinnt sich in ihrer Komplexität noch um einige Ecken weiter und überschüttet einen geradezu mit wahnwitzig verrückten Einfällen. Einige Beispiele gefällig?

- Got Siu-Tai ist für seinen gigantischen Penis bekannt und mit diesem sogar in der Lage, eine Ratte totzupinkeln, was uns eindrucksvoll gezeigt wird. Ebenso dürfte die Menge seines Ejekulats vermutlich jeden Elefanten vor Neid erblassen lassen.
- Im späteren Verlauf des Films lernen wir ein Paar kennen, das in einem abgelegenen Waldstück lebt, wo sie sich in bester Martial Arts Manier regelmäßig verprügeln, nur um dann hemmungslosen Sex zu haben. Was nun noch relativ normal klingt, ist ein sehr ungewohnter Anblick, wenn die Beiden losgelöst von jeder Schwerkraft durch die Luft fliegen, um so den wildesten Sex zu haben. Spätestens bei Kampfrufen wie "Oral Attack!" dürfte wohl jedem klar sein, dass man derartige Szenen, die es im Film zuhauf gibt, besser nicht ernst nehmen sollte.
- In einer anderen Szene ist Little Cabbage gerade gezwungenermaßen bei Got Siu-Tai eingezogen, wo sie es sich in seinem Bett gemütlich machen will, als ein unsichtbarer Eindringling in Got Siu-Tai's Haus eindringt. Dieser sieht es vor, Little Cabbage zu vergewaltigen, was Got Siu-Tai natürlich gar nicht gefällt. In einem Akt der Selbstaufopferung befriedigt Got Siu-Tai den unsichtbaren Eindringling in sekundenschnelle oral, so dass dieser die Lust daran verliert, Little Cabbage zu vergewaltigen. Verrückt? Ja!

Natürlich sind abgefahrene Streifen aus Japan und Hongkong keine Seltenheit, aber das Faszinierende an "A Chinese Torture Chamber Story" ist seine abstrakte Vermischung verschiedener Genretypen zu einem einzigen, großen Wahnsinnsakt. Für den Otto-Normalverbraucher dürfte die gezeigte Gewalt im Film selbstverständlich um einiges zu grausam sein, doch wer sich in der Materie auskennt, wird den Streifen aufgrund seiner humorvollen und abgedrehten Seite sofort zu schätzen wissen. Hinzu kommt, dass die mir alle unbekannten Schauspieler ihre Sache sehr überzeugend machen. Mein einziger Anklagepunkt ist deshalb die sehr verworrene Story, der man ohne sehr viel Konzentration wohl nicht folgen kann.




Obwohl "A Chinese Torture Chamber Story" die Grenze des guten Geschmacks nicht selten überschreitet, wäre es doch falsch, den Film als typischen Vertreter brutaler Cat. III Streifen abzustempeln. Natürlich spielt die Gewalt eine wichtige Rolle und kommt durch unmenschliche Akte der Folter zum Ausdruck, bei denen einem zart besaiteten Menschen sofort schwarz vor Augen werden würde, doch Bosco Lam hat hiermit viel, viel mehr geschaffen. "A Chinese Torture Chamber Story" ist ebenso Komödie, wie Folterfilm, in der Diskussionen über Penisgrößen und Brustimplantate genau so wenig fehlen dürfen wie Genitalexplosionen. Ich jedenfalls hatte mit diesem Streifen durchaus meinen Spaß und bin schon sehr gespannt, was mir der zweite Teil bieten wird.

Details